Jovey: Vom Straßenmusiker zur Oper am Thalia Theater in Hamburg
Regisseur Kirill Serebrennikov hat den Brasilianer Musiker Jovey auf der Straße entdeckt und ihn spontan für seine Oper "Barocco" gecastet. Heute feiert sie Uraufführung am Thalia Theater Hamburg. Eine Begegnung.
Er ist 24, spricht Portugiesisch, Spanisch, Englisch, Französisch und mittlerweile sogar Deutsch, obwohl er erst knapp seit einem Jahr in Deutschland lebt. Jovey ist von Brasilien nach Berlin gezogen, hat sich selbst das Singen beigebracht. Mit seiner Musik verdient er im Berliner Mauerpark seinen Lebensunterhalt, wo ihn der Regisseur Kiril Serebrennikov dieses Jahr beim Spaziergang entdeckt hat - der russische Artist in Residence-Künstler am Thalia Theater Hamburg.
Uraufführung von "Barocco" von Kiril Serebrennikov am 25. Mai
"Willst du am Theater singen?" hat der Regisseur ihn gefragt - und dann für sein Stück "Barocco" nach Hamburg geholt, das diesen Donnerstag Uraufführung feiert. Das erzählt Jovey vor der Premiere im Gespräch mit NDR Kultur. Im Stück, das Serebrennikov sein "Manifest für die Freiheit" nennt, singt und spielt Jovey sich selbst: einen Tenor und Straßenmusiker, der auch einen Monolog auf Deutsch hält.
Serebrennikov hatte das Stück 2018 zwar in Moskau uraufgeführt, jedoch für Hamburg hat der Regisseur das Stück neu arrangiert. Es enthält Musik und neu arrangierte Arien von Bach, Händel, Lully, Monteverdi, Rameau und Vivaldi. Das musiktheatralische Gesamtkunstwerk mit Oper, Schauspiel und Tanz ist ein Fest für Ohr, Augen und die Seele - nach der Kostprobe zu urteilen, die es bei der Vorstellung für die kommende Saison 2024/2025 im April am Thalia Theater von Joachim Lux gab.
Vom Englischlehrer in Brasilien auf die Opernbühne in Hamburg
Jovey wohnt nun temporär in Hamburg-Eimsbüttel, das Stück wird bis Ende Juni 2023 aufgeführt. "Ich wohne eigentlich in Berlin, ich liebe Hamburg, ich könnte hier wohnen", sagt der Musiker. Auf Social Media postet er seine musikalischen Darbietungen und hat Tausende Follower. Eines meiner Videos hat eine Million Views, das andere fast 900.000". Die Stimme des Brasilianers klingt eigentlich, als hätte er Jahrzehnte auf der Bühne verbracht und nicht erst vor einem Jahr die Profikarriere eingeschlagen. "Ich habe große Lust zu gewinnen. Wenn man in Brasilien geboren ist, ist das Leben nicht so einfach, wie in Europa. Die Lust, größer und besser zu sein, entsteht oft bei Menschen, die es nicht so einfach hatten." Geboren ist Jovey in Hydrolandia, "irgendwo im Nordosten von Brasilien".
Er erinnert sich: "Ich war immer das komische Kind. Ich hasste Schule, ich liebte Gitarre, Instrumente und wollte den ganzen Tag singen. Meine Familie hat sich Sorgen gemacht, dass aus mir nichts wird." Große Vorbilder waren Musikerinnen wie Amy Winehouse und Etta James sowie klassische Musik, die er auf Youtube gehört hat, und nicht etwa brasilianische Künstler. Studiert hat er Sprachwissenschaften und hat vier Jahre lang als Englischlehrer in Brasilien gearbeitet.
Ob sich sein Leben stark ändern wird, wenn "Barocco!" ein großer Erfolg wird am Thalia Theater in Hamburg? Darüber macht sich Jovey nicht viele Gedanken. "Ich liebe die Straße. Auch wenn ich andere Jobs habe, möchte ich ein bis zweimal die Woche auf der Straße singen. Das ist der beste Weg, um Kontakte zu knüpfen."