Gerettet durch Crowdfunding: Hamburger Plattenkiste macht weiter
Die Plattenkiste in Hamburg-Hoheluft ist ein echtes Traditionsgeschäft. Seit 40 Jahren versorgt es Musikfans mit Vinyl und CDs. Durch die Corona-Zeit und hohe Schulden stand das Geschäft kurz vor dem Aus.
An den Wänden hängen die Cover unterschiedlicher Rock- und Metal-Platten. Rund 50.000 Tonträger gibt es hier noch klassisch als Vinyl oder CD. Der Plattenladen soll nicht nur Geschäft sein, sondern auch ein sozialer Ort. So wie für den Stammgast Jens Hoffmann, der fast täglich kommt. "Die Plattenkiste ist mein zweites Wohnzimmer", erzählt Hoffmann. "Ich wohne hier gleich um eine Ecke, arbeite nachts, schlafe dann noch und so zwischen 16 und 18 Uhr bin ich hier im Laden von montags bis freitags."
Kundin fühlt sich wie im Spielzeugladen
Eine junge Touristin aus Litauen ist heute auch gekommen. Sie ist selbst Musikerin und kauft sich eine Schallplatte, weil es solche Läden bei ihr Zuhause kaum gäbe. Sie komme sich hier vor wie ein Kind in einem Spielzeugladen, erzählt die Frau.
Die Plattenkiste gibt es schon seit den 1980er-Jahren an der Gärtnerstraße in Hamburg-Hoheluft. Christian Kind hat sie vor 13 Jahren übernommen. Nach einer finanziellen Krise ist der Laden jetzt gerettet. Wobei er auch sagt: "'Gerettet' ist immer ein bisschen schwierig zu sagen. Aber im Moment sind wir safe, da sind wir auch super happy drüber. Wir haben in kürzester Zeit 19.000 Euro zusammengekriegt." Schulden aus der Corona-Zeit, Nach- und Rückzahlungen seien mit dem Betrag erst einmal gedeckelt.
"Entweder ich mache zu oder ich lasse die Hosen runter"
Während der Corona-Lockdowns hatte Kind über Monate keinerlei Einnahmen, aber laufende Fixkosten. Als dann auch noch die Rückzahlungen der Corona-Hilfen und Steuernachzahlungen kamen, stand der Plattenladen kurz vor dem Aus. Der Inhaber erzählt: "Es gab diesen Punkt, wo ich überlegt habe: Macht das Ganze noch Sinn? Möchten die Leute das überhaupt noch? Dann habe ich gedacht: Okay, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache jetzt einfach zu oder ich lasse die Hosen runter, sage den Leuten, wie meine Situation ist und frage nach Geld."
Olli Schulz: Im Podcast vom Spendenaufruf erzählt
Kind startete online ein Crowdfundig für seinen Laden. Innerhalb kürzester Zeit kamen aus der Stammkundschaft Spenden zusammen. Dann erzählte auch noch Sänger und Metal-Fan Olli Schulz in seinem gemeinsamen Podcast mit Jan Böhmermann von dem Spendenaufruf. Christian Kind freut sich, neben dem Geld und vielen aufmunternden Worten seiner Kunden, vor allem auch über die Aufmerksamkeit, die es dadurch für das Thema gab. "In dieser Situation, in der ich stecke, stecken ganz viele", so Kind. Doch darüber werde viel zu wenig gesprochen. "Es gibt viele Geschäfte, die schon aufgegeben haben. Nicht nur viele Geschäfte, sondern auch viele Musikclubs sind hart betroffen von den Rückzahlungen der Corona-Hilfen."
Plattenladen-Chef: Musikkultur muss gepflegt werden
In der Plattenkiste kann man dank der Spenden jetzt wieder in Schallplatten und CDs reinhören, neue Musik und Bands entdecken und im Laden ins Gespräch kommen. Diese Musikkultur muss aber auch gepflegt werden, sagt Christian Kind: "Sonst heißt es am Ende doch in ein, zwei Jahren: Ach, es war immer so schön da, schade, dass der weg ist." Gerade während der Pandemie hätten sich viele angewöhnt, im Internet zu bestellen - und seien dort hängen geblieben. Seine Hoffnung: "Dass sich die Leute, wie meine Kunden hier, wieder ein bisschen Zeit nehmen, um in einem Laden zu stöbern."