Kestner Gesellschaft Hannover zeigt Malereien von Paula Rego
Die Tate Britain widmete der portugiesisch-englischen Malerin Paula Rego 2021 eine große Retrospektive. Im Frühjahr war sie einer der Stars der Venedig-Biennale. Die erste Einzelausstellung in Deutschland präsentiert jetzt die Kestner Gesellschaft in Hannover.
Im Atelier von Paula Rego kann man der Malerin ganz persönlich nahekommen. Rekonstruiert ist es in der Ausstellung unter dem Titel "Theatrum Mundi". Bis zu ihrem Tod im Juni 2022 arbeitete die 87-Jährige im Norden Londons in den zwei Räumen. Der "ruhige Raum", Ort des Nachdenkens, wird von einem breiten Tisch mit Büchern und Skizzen dominiert. Im "geschäftigen Raum" lässt es sich eintauchen in die Welt der Märchen und wundersamen Wesen.
"Das Atelier war wie ein eigenes Theater für sie", sagt der Direktor der Kestner Gesellschaft, Adam Budak, der Paula Rego in London besucht hatte. Aus einem Regal streckt ein übergroßer Oktopus mit Glupschaugen seine Tentakel aus. Über den ganzen Raum verstreut stehen, hängen und sitzen Figuren, die zum Teil an Fastnacht, zum Teil an Skulpturen erinnern. "Dollies" nannte die Künstlerin diese Requisiten, die sie in Pastell abzeichnete, zu Klängen von Opernmusik.
Oper inspiriert Ausstellungskonzept
Die Oper gibt auch das Konzept der Schau vor. Prélude, Akt I - III und Finale sind die Räume der Ausstellung überschrieben. Mit ihrem Vater teilte Paula Rego die Leidenschaft für italienische Opern von Puccini und Verdi. Im ersten Raum ist sie mit ihm in "Time - Past and Present" als junges Mädchen selbst zu sehen. Doch anders als in der Musikwelt ist dieses Prélude massiv, denn auch ein elf Meter breites Gemälde hängt hier: "Crivelli's Garden" von 1990. Erstmals außerhalb der National Gallery in London gezeigt, stellt es die Lebensgeschichte von Heiligen dar. Doch nicht Männer, sondern Frauen stehen im Vordergrund. Die heilige Katharina etwa ist auf einem Sockel zu sehen, ein Schwert in der Hand.
Dass sie sich einmal für die Rechte der Frauen einsetzen würde, könnte auch durch Paula Regos frühe Erfahrung von Unterdrückung inspiriert worden sein. Geboren wurde sie 1935 während der Salazar-Herrschaft in Lissabon. Um der Diktatur zu entkommen, schickten ihre Eltern sie nach England, wo sie Mitte der 1950er-Jahre die Kunstschule Slade School of Fine Art in London besuchte. 1961 stellte sie zum ersten Mal mit der "Londoner Gruppe" aus. "Die Bezeichnung war der Versuch, die narrative Malerei in Großbritannien zu definieren - mit Werken von Bacon, Kitaj, Lucian Freud und Paula Rego. Aber das war ein künstliches Konzept, das Paula Rego nicht behagte", sagt Adam Budak.
Kampf gegen männliche Vorherrschaft
80 Werke zeigt die Ausstellung. Darunter sind persönliche Arbeiten wie die Auseinandersetzung mit der Krankheit Multiple Sklerose, an der ihr Mann starb, die sie in einer Reihe von Selbstportraits 2017 gezeichnet hat. Schmerzverzerrte Gesichter, dicke lila Striche unter den Augen zeigen die Sorge. Zentral gehängt sind die großen Bilder mit Ballett-Tänzerinnen der Fantasia-Reihe aus den 1990er-Jahren. Statt graziler Körper und zarter Gesten sind da stämmige Frauen mit kräftigen Beinen in schwarzen Tanzkleidern zu sehen, die durcheinander springen.
Paula Rego hat mit ihren Bildern immer wieder die der Frau zugedachten Rolle in der Gesellschaft in Frage gestellt. Und sie hat aktiv Partei ergriffen. Ihr Kampf gegen die männliche Vorherrschaft wird in Raum Akt 3 gezeigt, wo eine Reihe von Pastellen zum Thema illegale Abtreibung hängen. Frauen auf Pritschen, mit ernsten Blicken, oft ein Eimer im Bild, der das ungewollte Leben auffangen soll. Beim zweiten Referendum über die Legalisierung von Aborten in Portugal 2007 wurden sie von der portugiesischen Presse publiziert, die Abtreibungsbefürworterinnen setzen sich durch.
Umfassende Ausstellung mit Platz für Entdeckungen
Gehängt sind viele der Bilder an breiten Stellwänden mit unregelmäßigen Ausbuchtungen und Vorsprüngen. Die Flächen sind mit einer weißen Kunststoff-Folie überzogen, die Falten wirft und Unebenheiten aufweist. Abweichungen von der Norm, wie sie Paula Rego auch immer wieder in ihrem Lebenswerk thematisiert hat. Eine umfassende Ausstellung, in der sich viel entdecken lässt.
Kestner Gesellschaft Hannover zeigt Malereien von Paula Rego
Die Schau zeigt rund 80 Werke der portugiesisch-englischen Malerin Paula Rego, die im Juni mit 87 Jahren verstorben ist.
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- Ausstellung
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Kestner Gesellschaft Hannover
Goseriede 11
30159 Hannover