"Neuigkeiten aus Lappland": Pointiertes Sittengemälde aus Finnland

Stand: 13.11.2024 06:00 Uhr

Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki hat mit seinen Filmen ein sehr spezielles Bild seiner Landsleute geprägt: wortkarge Typen mit einem schrägen Sinn für Humor. Seine Kollegin Mila Tervo schlägt mit "Neuigkeiten aus Lappland" in die gleiche Kerbe.

von Bettina Peulecke

Der Tag fängt nicht gut an für die alleinerziehende Niina. Sie demoliert versehentlich das Panoramafenster der Lokalredaktion. Die Reparatur ist teuer, zu teuer für Niina. Also bietet sie an, die Kosten als Reporterin abzuarbeiten. Ihre bisherigen Schreiberfahrungen bestehen aus einem Grundschulgedicht über Ponys. Ihr erster Einsatz vor Ort liest sich entsprechend. Der Herausgeber und Chefredakteur Esko, der aussieht wie Leslie Mandoki und auch auftritt, als würde er gleich "Dschinghis Khan" schmettern, ist wenig begeistert:

"Matti Waller stand da, einsam im Schnee, wie eine traurige Adventskerze. Er blickte wehmütig auf seinen niedergeschlagenen Traktor, der sich nach zu Hause sehnte. Ach du Scheiße. Das hier ist nicht wichtig, das auch nicht. Ein Traktor ist im Graben gelandet. Das ist die interessante Information. Keine verdammten Gedichte. Du schreibst nur, was passiert ist und wo." Filmszene

Niina lässt sich nicht unterkriegen

Wir sind in Lappland Anfang der 1980er-Jahre. Niinas gewalttätiger Ex-Mann sitzt im Knast. Die beiden kleinen Kinder wollen versorgt werden, ebenso wie der demente Großvater. Die junge Frau ist ausgesprochen hübsch und sexuelle Belästigungen sind keine Ausnahme. Aber Niina lässt sich nicht unterkriegen und nimmt ihren neuen Job als Herausforderung. Schließlich glaubt sie einem echten Knüller auf der Spur zu sein. Sie hat einen ohrenbetäubenden Knall über Lappland gehört - und plötzlich rückt tatsächlich auch das Militär an. Der Chefredakteur möchte aber lieber etwas über die schönen Dinge des Lebens lesen, zum Beispiel Backrezepte.

Tragikomödie über Kriegsgefahr und die Kraft der Liebe

Was zunächst wie eine skurril-lakonische Komödie à la Aki Kaurismäki daherkommt, entpuppt sich nach und nach als ein pointiertes Sittengemälde. Eskapismus statt Realismus - wie verhalten Menschen sich angesichts akuter Bedrohung? Kriegsgefahr an einer europäischen Außengrenze gehörte auch Anfang der 1980er-Jahre zum Alltag - und die Kraft der Liebe gab es damals auch schon. Nicht zu übersehen, wenn Niina einem Offizier der lappländischen Luftwaffe versehentlich in die Arme fällt und der berühmte Blitz bei den beiden einschlägt.

"Neuigkeiten aus Lappland" ist eine liebevoll gezeichnete Tragikomödie, in der es um politische und gesellschaftliche Machtstrukturen und die Selbstfindung der Protagonistin geht. Der 80er-Jahre Soundtrack, Modern Talking inklusive, setzt dem Ganzen noch die mitreißende Krone auf.