​​Die Künstler Via Lewandowsky und Durs Grünbein bei der Performance "Deutsche Gründlichkeit" im Jahr 1989. © © für Via Lewandowsky: VG Bild- Kunst, Bonn 2023, © Durs Grünbein Foto: Foto: Jochen Wermann
​​Die Künstler Via Lewandowsky und Durs Grünbein bei der Performance "Deutsche Gründlichkeit" im Jahr 1989. © © für Via Lewandowsky: VG Bild- Kunst, Bonn 2023, © Durs Grünbein Foto: Foto: Jochen Wermann
​​Die Künstler Via Lewandowsky und Durs Grünbein bei der Performance "Deutsche Gründlichkeit" im Jahr 1989. © © für Via Lewandowsky: VG Bild- Kunst, Bonn 2023, © Durs Grünbein Foto: Foto: Jochen Wermann
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Ausstellung "Freundschaften": Wenn Künstler sich zusammentun

Stand: 15.05.2023 06:00 Uhr

Schaffen Künstler nur eigenbrötlerisch im Atelier? Die Ausstellung "Freundschaften. Gemeinschaftswerke von Dada bis heute" im Kunstmuseum Wolfsburg zeigt bis 24. September, dass Kunstproduktion oft alles andere als ein einsamer Vorgang ist.

von Janek Wiechers

Ein knapp 20-minüter Experimentalfilm: schwarz-weiß, bestehend aus kurzen Bildern - mit Stadtansichten, Buchstaben, Menschen. Die Tonspur ist eine Bandschleife immer gleicher Worte: "yes" und "hello". Geschaffen wurde der Film 1966 von dem US-amerikanischen Schriftsteller William S. Burroughs, dem Maler und Schriftsteller Brion Gysin und dem Filmemacher Antony Balch. Die Gemeinschaftsarbeit überträgt die Literatur-Technik, Texte zu zerschneiden und zufällig wieder zusammenzusetzen, auf das Medium Film. Wie bei vielen anderen Werken in der Wolfsburger Schau ist sie das Ergebnis einer temporären Zusammenarbeit von Künstlerfreunden.

"Die Grundidee ist, dass wir Kunstwerke zeigen, die von mehreren Künstlern gemeinsam geschaffen worden sind", erläutert der Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, Andreas Beitin. "Es geht nicht um Kunst, die von Kollektiven oder permanent zusammenarbeitenden Künstlergruppen geschaffen worden sind, sondern von Freunden, von Bekannten, von Paaren, teilweise auch von Konkurrenten, die sich aus welchen Gründen auch immer zusammengetan haben, spontan oder nach Absprache. Um ein Bild zu malen, eine Skulptur zu schaffen oder um ein Video herzustellen."

Riesengemälde als Gemeinschaftswerk: Jean-Jacques Lebel erinnert sich

​Blandine Chavanne und  Jean-Jacques Lebel vor einem riesigen Gemälde - er steht auf einer Leiter, während sie auf einem Stuhl sitzt. © © für Crippa, Erró, Lebel: VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Marek Kruszewski Foto: Marek Kruszewski
Der Künstler Jean-Jacques Lebel und die Kuratorin Blandine Chavanne vor dem Werk "Grand tableau antifasciste collectif", das in Wolfsburg gezeigt wird.

Nicht selten sind es Zufälle oder spezielle Anlässe, die Künstlerinnen und Künstler ihre Kreativität bündeln lassen. So auch in dem riesigen Gemälde, geschaffen von sechs Malerfreunden, um gegen die Vergewaltigung einer algerischen Freiheitskämpferin durch französische Soldaten zu protestieren. Einer von ihnen, der französische Maler Jean-Jacques Lebel, erinnert sich an die politische Sprengkraft, die das von Fratzen und abstrakten Formen übersäte Gemeinschaftswerk entfaltete: "1961 zeigten wir das Bild in Mailand. Ich wurde von der Polizei festgenommen und das Gemälde konfisziert. Sie falteten die Leinwand einfach wie ein Taschentuch zusammen und nahmen es mit! Hier, die Schäden davon sind immer noch deutlich zu erkennen. Wie Wunden in der Ölschicht. Erst 25 Jahre später gab man uns das Gemälde zurück."

"Kombinationen, die man vielleicht gar nicht kennt"

Das Bild "Grand tableau antifasciste collectif", gemalt von Lebel und fünf weiteren Malern, ist eines von vielen Werken in der Wolfsburger Schau. Insgesamt zeigt diese rund 130 Gemeinschaftsarbeiten. Museumsdirektor Andreas Beitin: "Mit dabei sind Werke von Werner Büttner und Martin Kippenberger beispielsweise und von dem Künstler Salomé mit Luciano Castelli." "Das Prozessuale und das Gemeinschaftliche spielt eine Rolle. Natürlich auch das Medienübergreifende. Jenny Holzer, die mit Lady Pink gemeinsam gearbeitet hat, Salvador Dalí und Bunuel. Es sind Kombinationen von Künstlerinnen und Künstlern, die man so vielleicht gar nicht kennt, die aber wirklich faszinierend sind."

Ausstellung "Freundschaften" in Wolfsburg: Werk zweier Freunde 

Die Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg hat einen unübersehbaren französischen Schwerpunkt, geht die Konzeption doch auf die Kuratorin Blandine Chavanne und den mit ihr befreundeten Maler Jean-Jacques Lebel zurück. Die Ausstellung selbst ist somit das Werk zweier Freunde. Sie präsentierten die Schau in ähnlicher Form kürzlich bereits im Museum Mucem in Marseille. In Wolfsburg wurde sie noch durch einige zusätzliche Positionen erweitert, durch ein Video der Künstler Otto Piene und Aldo Tambellini etwa. Oder durch gemeinschaftlich entstandene Bilder der Maler Georg Baselitz und Eugen Schönebeck. "Die beiden hatten eine ganz unverbrüchliche Freundschaft", erzählt Beitin. "Man hat sich unter anderem geschworen, dass man nur zusammen ausstellen würde." 

Malerei und Skulptur, Zeichnung und Film, Literatur und Musik: Das Spektrum der in Wolfsburg ausgestellten Werke ist breit gefächert. So rückt die Schau auch Ornette Colemans legendäres 1961er-Jazzalbum "Freejazz" in den Mittelpunkt. Gleich zwei Jazz-Quartette befreundeter Musiker improvisieren darauf als Kollektiv - und begründeten, fast nebenbei, ein ganz neues Genre. Das Album-Cover, in Wolfsburg zu sehen, zitiert ein Gemälde von Jackson Pollock.

Ausstellung "Freundschaften": Wenn Künstler sich zusammentun

Die Schau im Kunstmuseum Wolfsburg zeigt, dass Kunstproduktion oft alles andere als ein einsamer Vorgang ist.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
Telefon:
05361 26690
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sontag 11 bis 18 Uhr, Montag geschlossen
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Dieses Thema im Programm:

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