Über 1.000 Werke vom "Schimmel-Picasso" in den Deichtorhallen
Der deutsch-schweizerische Künstler Dieter Roth war ein künstlerischer Grenzgänger. Die Deichtorhallen widmen ihm jetzt in der Sammlung Falckenberg am Standort Harburg eine große Ausstellung mit über 1.000 Werken.
Eine gelbe Sonne versinkt in einem braunen Meer. Daneben ein weiterer Sonnenuntergang: Hier ist die Sonne rötlich und das Meer ist blau. Die Werke sind in Plastik gut verpackt - denn diese Sonnen bestehen aus Käse oder einer Salamischeibe - und die sind schon ein paar Jahrzehnte alt. Ina Jessen hat diese Ausstellung gemeinsam mit ihrem Kollegen Dirk Dobke kuratiert und erklärt: "Die vertrocknen auch ein bisschen, also, die dünsten aus - das sind die Sonnenstrahlen, die man dann sieht. Grundsätzlich ist es dann irgendwann ausprozessiert, das heißt, es ist trocken. Und je nachdem, was es für äußere Umstände gibt, kann es dazu führen, dass es dann noch weiter verrottet."
16 thematische Kapitel ordnen das umfangreiche Werk Roths nach Motivschwerpunkten. Der gelernte Werbegrafiker experimentiert schon früh mit den unterschiedlichsten Drucktechniken. Eine Kaltnadelradierung zeigt Roths Vater lesend an einem Tisch und stammt von 1948. Aus den 1950er-Jahren sind hier Künstlerbücher zu sehen. Seiten voll mit engen Linien, die grafische Muster bilden und sich auf jeder Buchseite verändern - eine visuelle Herausforderung. "Man hat nicht nur ein Buch, in dem man blättert", so Jessen, "sondern ein Objekt, in das man sich wirklich reinfallen und reinbegeben kann. Wir als Betrachter*innen, wir bespielen die Werke, wir blättern um, wir machen eigentlich das Werk zu dem, was es ist, wir sind Teil seiner Arbeiten und das ist ganz wichtig, auch schon in den frühen Arbeiten."
Roth verwendet unterschiedlichsten Techniken zur Bildfindung
Für Roth hatte das Medium Druckgrafik weniger einen reproduktiven Charakter. Er nutzte die unterschiedlichsten Techniken zur Bildfindung. So sieht man hier den Entstehungsprozess des Werkes "Gemischter Kopfsalat". Zwölf völlig verschiedene Druckwerke hängen an der Wand: eine Art Palme, zwei Kreise, braune, steinartige Klumpen. Am Ende druckte Roth all diese Einzelwerke auf einem Blatt übereinander.
In einer Glasvitrine sitzt ein Hase, der einem sehr bekannt vorkommt. Das Material, aus dem er geformt ist, erinnert an einen Kuhfladen. Die Kuratorin Ina Jessen sagt: "Das besteht aus Kaninchenkot, mit Stroh durchsetzt. Das Ganze ist in Form eines hockenden Hasen gepresst. Das ist eine konkrete Bezugnahme, würde ich als Kunsthistorikerin sagen, auf Albrecht Dürer."
Ausstellung zeigt große stilistische Bandbreite
Und auch ein paar seiner bekannten Schimmelbilder hängen hier. Verwaschen wirkende Drucke, über die Roth einst Yoghurt oder andere Lebensmittel kippte und die mit welligen Stockflecken vom Zersetzungsprozess zeugen. Oder das wie ein langer brauner Pfad wirkende Werk, das aus Bananen entstand, die Roth durch eine Druckpresse quetschte, erklärt Jessen: "Da spielt eine ganz große Rolle, dass Zufall und Zeitlichkeit als Komponenten mit reinkommen, die mitwirken im Werkentstehungsprozess."
Auch das Spätwerk des "Schimmel-Picassos", wie Roth auch genannt wird, ist hier ausgestellt: Malerische Stilleben und Landschaften. Diese wirklich umfassende Schau mit teils bislang ungesehenen Arbeiten zeigt die große stilistische Bandbreite von Roths Schaffen - eine aufregende Ausstellung.
Über 1.000 Werke vom "Schimmel-Picasso" in den Deichtorhallen
Die Deichtorhallen in Hamburg widmen dem Künstler Dieter Roth eine große Ausstellung mit über 1.000 Werken quer durch sein Œuvre.
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Sammlung Fackenberg
Wilstorfer Str. 71
21073 Hamburg