"Schiff aus Stein": Ausstellung über das Hamburger Chilehaus
In diesem Jahr feiert das berühmteste Gebäude Hamburgs seinen 100. Geburtstag: Das Chilehaus, das inzwischen sogar Weltkulturerbe ist. Zum Jubiläum wurde im Internationalen Maritimen Museum die Ausstellung "Schiff aus Stein" eröffnet.
Kurator Gerrit Menzel lässt keinen Zweifel: Dieses Haus ist eine Sensation, heute und erst recht vor einhundert Jahren: "Und es hat tatsächlich die Form eines Schiffes, und es ist massenweise so auch fotografiert worden, dass man wirklich glaubt, man steht vor dem spitzen Bug eines gewaltigen Schiffes. Das sollte man sich mal ansehen, ich kann das nur empfehlen."
Er zeigt auf eine von vielen Fotografien in der Ausstellung. Die riesige Baugrube mitten in der Hamburger Innenstadt, dort, wo sich die Altstadt ausbreitete, dunkel, schmutzig, verwinkelt: "Der Architekt Höger, der hat ein für die Zeit hochmodernes Gebäude gebaut, das auch eingeschlagen ist wie eine Bombe. Das war eine Sensation, das war das meistfotografierte Gebäude im Deutschland der 1920er-Jahre!
Eine Revolution aus Backstein
Mehrere Postkarten beweisen es. Ein Ölgemälde zeigt den Bauherrn Henry B. Sloman mit ernster Miene, nachdenklich: "Er war ein sehr erfolgreicher Kaufmann, er wurde der reichste Mann Hamburgs und hat dann irgendwann dieses Gelände erworben. Es gehörte ehemals zum Gängeviertel, wo man nach der Cholera-Epidemie Pläne entwickelte, diese furchtbaren Wohnverhältnisse aufzulösen und komplett neu zu gestalten", erzählt Menzel.
1922 war Baubeginn, nach nur 15 Monaten war das Chilehaus fertig. Eine Revolution aus Backstein. Menzel bezeichnet das Gebäude als "steingewordenes Symbol für den Erfolg, den Hamburg als Hafenstadt in dieser Zeit erlebte". Die Hansestadt habe diesen Aufstieg hauptsächlich dem Südamerikahandel, vor allem mit Chile zu verdanken. Salpeter aus Chile - das brauchte man für Düngemittel - absolut notwendig damals, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren. Und: für Munition, Sprengstoff. Zwei Seiten des Fortschritts.
Fotos stammen von der Sloman-Urenkelin
In einer Vitrine liegt das Prunkstück der Ausstellung: "Wir haben auch den Originalbauplan hier ausgestellt, den sehen wir zum Beispiel hier, diesen Bauplan eines gewaltigen Hauses. 'Haus', da denkt man immer, das muss immer viereckig, quadratisch sein: Das Chilehaus aber hat eine völlig asymmetrische Form mit diesem charakteristischen Schiffsbug am Anfang", erläutert Menzel.
Fotografien, Pläne, Bilder, eine Zeitung vom 15. November1924: Es sind Fundstücke von Irmelin Sloman, der Urenkelin des Bauherrn. Die habe auf einem Dachboden Massen von Fotos gefunden, die in Chile entstanden sind - in der Zeit, als Henry B. Sloman seine Salpeter-Industrien unterhielt: "Da hat sie dieses Thema gepackt, und da hat sie angefangen zu sammeln und in seinem Nachlass viel dazu gefunden. Es war ihr ein innerstes Anliegen in diesem Jahr, auch bei uns etwas zu veranstalten, und das haben wir natürlich gerne aufgenommen", beschreibt Menzel, wie es zur Idee der Ausstellung kam.
Architektur als "gelebte Science-Fiction"
Dieses Haus wurde zum Symbol des Aufstiegs, der Dynamik nach dem Ersten Weltkrieg, erläutert der Kurator: "Es war eine Aufbruchsstimmung, eine Befreiung. Wenn man sich allein anguckt, wie plötzlich die Frauen rumliefen, diese "Flapper-Szene", wie die sich nannte. Es fiel alles von den Menschen ab und plötzlich wollten sie leben! Und ich finde, dass dieser Ausbruch sich in dieser Architektur auch zeigt, es war im Grunde gelebte Science-Fiction."
Eine Zukunft, die immer noch nicht alt wirkt: Man sollte nach einem Besuch der kleinen Ausstellung direkt einen 900 Meter langen Spaziergang zum Chilehaus selbst einplanen. Am Schluss zeigt Menzel noch auf ein besonders Foto: "Ich mag dieses Bild sehr gerne, das uns in den Moment der Fertigstellung versetzt, hier posieren im Atrium des Chilehauses, auf den Balkonen der einzelnen Etagen, die Arbeiter, die an dem Tag zugegen waren, zu einem 'Wir haben’s geschafft!'-Foto. Das hat ja was Triumphales, das ist hier für die Ewigkeit."
"Schiff aus Stein": Ausstellung über das Hamburger Chilehaus
In diesem Jahr wird das Chilehaus in Hamburg 100 Jahre alt: Das Maritime Museum zeigt die Ausstellung "Schiff aus Stein".
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Internationales Maritimes Museum
Kaispeicher B, Koreastraße 1
20457 Hamburg - Preis:
- 18 Euro
- Öffnungszeiten:
- Täglich 10-18 Uhr;
24.12. und 31.12. geschlossen