Das Gebäude des Dokumentationszentrums Hannoverscher Bahnhof in der Hamburger Hafencity in einem Architekten-Entwurf von außen betrachtet © Boltshauser Architekten

Gedenkort in der Hamburger Hafencity nimmt Gestalt an

Stand: 31.03.2023 16:15 Uhr

Am Hamburger Lohsepark, wo in der Nazizeit die Deportation tausender Menschen begann, wird ein Dokumentationszentrum gebaut. Jetzt wurde der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs vorgestellt.

von Daniel Kaiser

Zwei Stockwerke wird das Haus aus der Feder des Schweizer Architektenbüros Boltshauser haben, außerdem eine große Fensterfront in Richtung Gedenkstätte. Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing ist vom offenen, hellen Entwurf begeistert. "Es wird ein Haus, das ganz bewusst den Stadtraum der Umgebung einbezieht: den Park, die Wasserlandschaft und die Speicherstadt. Es öffnet sich der Umgebung und wird so Teil des Ausstellungskonzepts", erläutert Höing die Entscheidung der Jury.

Hannoverscher Bahnhof: Abfahrt in den Tod

In drei Jahren soll das Haus fertig sein. In dem Dokumentationszentrum soll dann eine Ausstellung daran erinnern, wie mehr als 8.000 Menschen aus Hamburg und Norddeutschland von den Nationalsozialisten über den damaligen Hannoverschen Bahnhof in Konzentrations- und Vernichtungslager gebracht wurden. Der Bahnhof wurde nach dem Krieg abgerissen. Eine Gedenkstätte am ehemaligen Gleis, an dem die Menschen in die Deportationszüge steigen mussten, gibt es bereits seit sechs Jahren. Dort erinnern Namenstafeln an mehr als 8.000 betroffene Jüdinnen und Juden, Sintize und Sinti sowie Romnja und Roma.

Weitere Informationen
Tafel am zentralen Gedenkort am ehemaligen Hannoverschen  Bahnhof in Hamburg © NDR Foto: Irene Altenmüller

Hannoverscher Bahnhof: Gedenkort für NS-Opfer in der Hafencity

Vom Hannoverschen Bahnhof wurden während der NS-Zeit Tausende Menschen in den Tod geschickt. Heute erinnert daran ein Gedenkort. mehr

Neuer zentraler Gedenkort in Hamburg

In den vergangenen Jahren hatte es in Hamburg immer wieder Auseinandersetzungen über Gedenkorte in der Innenstadt gegeben. Vor allem am Stadthaus, der ehemaligen Gestapozentrale, hatten nach der Sanierung des Gebäudes Opferverbände und Aktivisten deutlich mehr Raum für die Darstellung der problematischen Geschichte des Hauses gefordert als vorgesehen. Die Kulturbehörde setzt jetzt in der Diskussion auf den Gedenkort Hannoverscher Bahnhof mit dem neuen Dokumentationszentrum. "Ich glaube, dies wird der zentrale innerstädtische Gedenkort werden", sagt Kultursenator Carsten Brosda. "Insbesondere mit den Möglichkeiten der Ausstellung und der pädagogischen Arbeit in dem Gebäude kann man gerade bei jungen Leuten Impulse setzen."

Weitere Informationen
Der Hannoversche Bahnhof um 1941. © Deutsches Zollmuseum

Juden, Sinti, Roma: NS-Regime deportiert Tausende Hamburger

Im Mai 1940 beginnt das NS-Regime am Hannoverschen Bahnhof in Hamburg mit systematischen Deportationen. mehr

Früherer Plan war gescheitert 

Eigentlich sollte das Dokumentationszentrum schon in diesem Jahr eröffnet werden. Ein früherer Plan für diesen Ort war aber gescheitert, weil in dem Haus mit der Wintershall Dea AG ein Unternehmen seinen Sitz gehabt hätte, dessen Vorgängerfirmen von der Nazizeit profitiert haben.

Bauunternehmer spendet Haus

Das neue Haus ist ein Geschenk des Hamburger Bauunternehmers Harm Müller-Spreer. Der hat in seiner Familiengeschichte Verbindungen zum Widerstand gegen die Nazis. "In der entfernten Verwandtschaft gibt es Verbindungen zum 20. Juli und zum Kreisauer Kreis", sagt Müller-Spreer. "Das war der Anstoß für mich, das Problem, das es hier gab, zu lösen."

Weitere Informationen
Die Aufnahme von 1941 zeigt eine Gruppe jüdischer Frauen und Kinder auf einer Straße in Minsk. © Bundesarchiv Foto: Ernst Herrmann

Juden-Deportation: Von Hamburg in das Grauen von Minsk

Am 8. November 1941 werden rund 1.000 Hamburger Juden nach Minsk deportiert. Fast alle sterben unterwegs oder werden später getötet. mehr

Menschen sitzen unter Bäumen im Lohsepark in der Hamburger Hafencity. © IMAGO / Hoch Zwei Stock Foto: Angerer

Lohsepark: Grüner Ruhepol der Hamburger Hafencity

Neben Obstbäumen, Spiel- und Rasenflächen zur Erholung zählt zum größten Park der Hafencity auch eine NS-Gedenkstätte. mehr

 

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 31.03.2023 | 19:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

NS-Zeit

Hamburger Geschichte

Architektur

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur sucht Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Taylor Swift in der Doku "Der Taylor-Swift-Effekt" © Arte

Mediathektipps: "Taylor-Swift-Effekt", "Katharina Tempel" und "Spielverderber"

Diesmal geht es um Superstar Taylor Swift, einen Film über die Machenschaften der Fußball-Wettindustrie und einen Krimi. mehr