"Der Kunstzerstörer": Starker und komplexer True-Crime-Podcast
In den 1970er- und 80er-Jahren zerstört Hans-Joachim Bohlmann Gemälde von Dürer, Rembrandt und Klee im Wert von etwa 300 Millionen DM. Der True-Crime-Podcast "Der Kunstzerstörer" beschäftigt sich mit dem Fall. Zu hören in der ARD Audiothek.
Der 21. April 1988 ist der Tag, an dem Hans-Joachim Bohlmann eine seiner aufsehenerregendsten Taten begeht:
"Dürers 'Maria', der die Säuretränen herunterlaufen, die beiden Schüler, die Bohlmann festhalten, die Museumsmitarbeiter, die die Bilder auf den Boden legen, damit die Säure nicht weiter runterläuft. Und dann die Festnahme ohne Widerstand." Zitat aus "Der Kunstzerstörer"
Diese Wut, dieser Wunsch der Welt, die ihm so viel Schaden angetan hat, wiederum Schaden zuzufügen. Ruhig erklärt Bohlmann 2005 in einem Interview mit der damaligen Spiegel-Journalistin Beate Lakotta seine Sicht der Dinge:
"Dann habe ich Baumaschinen angezündet und Kabel abgesägt an einem Kran.
Wem wollten Sie damit schaden?
Der Baufirma. Ich bin ja auch geschädigt worden. Das wird wohl auch das unbewusste Motiv gewesen sein. Ich fühlte mich auch richtig als Fuchs, den man nicht so leicht erwischt."
Zitat aus "Der Kunstzerstörer"
Podcast "Der Kunstzerstörer": Die Suche nach dem Warum
Anhand von Aufnahmen porträtiert Podcast-Host Klaus Uhrig einfühlsam einen Kriminellen, der über Jahre hinweg Sachschäden in Millionenhöhe verursachte. In Briefen an seinen Bruder gelobt Bohlmann immer wieder aufzuhören.
"Gleichzeitig schreibt er fast schon stolz über jeden Pressebericht, jeden Fernsehbericht, der über seine Taten erscheint. In einem Brief rechnet er den Wert der Kunstwerke zusammen, die er zerstört hat und übertreibt dabei ziemlich: 'Das muss man sich mal vorstellen. Tausend Millionen Mark Schaden. Die Summe wäre groß genug, um ganz Husum zu kaufen.'" Zitat aus "Der Kunstzerstörer"
In den ersten beiden Folgen des Podcasts geht es vor allem um die Frage: Warum? Was hat diesen Mann zum Kunstzerstörer gemacht? Die Antworten sind so zahlreich wie unbefriedigend: Kindheit ohne Liebe, Schikanen in der Ausbildung, ein fragwürdiger, neurochirurgischer Eingriff, der ihm, so behauptete er es, die Hemmung nimmt, Persönlichkeitsstörung, Kontrollzwänge und Angstzustände.
Erstes Bohlmann-Attentat auf Kunst im Jahr 1977
Auf den Unfalltod seiner Frau 1977 folgte das erste Attentat auf ein Gemälde:
"Dann habe ich hingeschaut und sah, dass überall an Bildern rote Flecken waren. Dann habe ich gefragt: Was machen Sie da? Der Michi hat seine Hand noch genommen. Der hatte in der rechten Hand so eine kleine Piccolo-Flasche. Da war so eine Flüssigkeit drin. Er meinte: Lassen Sie mich. Das ist Schwefelsäure.“ Zitat aus "Der Kunstzerstörer"
Mehrfach geht Bohlmann ins Gefängnis, einmal auch in ein psychiatrisches Krankenhaus zur Verwahrung. War Bohlmann bei Verstand? Hatte er Kontrolle, war es ein Zwang?
"Jetzt denke ich mir: Kann nicht beides wahr sein? Die Gesellschaft will immer klar unterscheiden: Wer ist ein Opfer? Wer ist ein Täter? Wer ist traumatisiert und wer ist nur geltungssüchtig? Aber so sind Menschen nicht - und so ist auch Bohlmann nicht." Zitat aus "Der Kunstzerstörer"
Einen wütenden Täter auch als Menschen zu sehen, ist für viele eine schwierige Aufgabe. "Der Kunstzerstörer" ist ein starker und komplexer Podcast über einen Mann, der über Jahrzehnte hinweg ein gewaltiges Maß an Unrecht getan und Schaden verursacht hat. Autor Klaus Uhrig lässt daran keinen Zweifel. Doch gleichzeitig blickt der Podcast auch auf eine dramatische Lebensgeschichte, begleitet von tragischen Schicksalsschlägen.