"Altona - Theresienstadt": Lebenswege jüdischer Hamburger
Tiefgläubig gelang es Leon Daniel Cohen, seinen Thora-Schrein von Altona mit nach Theresienstadt zu nehmen. Er und seine Familie überlebten nicht. Der Schrein erzählt nun im Altonaer Museum von jüdischem Leben in Hamburg
Ernst blickt Leon Daniel Cohen auf allen hier gezeigten Fotos. Als Soldat wird er im Ersten Weltkrieg verwundet, später heiratet er und bekommt mit seiner Frau zwei Kinder. Er hat eine Lederwarenhandlung in Altona und ist ein tiefreligiöser Mensch, der sich stark in der jüdischen Gemeinde Altonas engagiert. 1939 fertigt er den hier gezeigten Thora-Schrein.
Ein Schrein von der Größe eines Küchenstuhls
Als er und seine Familie am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert werden, nimmt Cohen seine hölzerne Thoralade mit. Sie hat die Ausmaße eines Küchenstuhls. Das war ungewöhnlich, wie Michael Tal sagt. Der Museumsdirektor aus Yad Vashem ist extra aus Jerusalem angereist. "Wer deportiert wurde, konnte nicht viel mitnehmen. Üblicherweise nahm man Kleidung oder Lebensmittel mit. Cohen nahm seinen Schrein mit - das zeigt, wie wichtig ihm dieser war", sagt Tal.
Gemeinsam mit Vanessa Hirsch vom Altonaer Museum hat der Jerusalemer Museumsdirektor die Lade hier ausgepackt. "Das war für uns alle, die wir dabei waren, unglaublich bewegend. Und wir alle haben daran gedacht, dass es nach Hause zurückgekehrt ist, quasi an den Ort, an dem es 1939 in ungefähr 500 Metern Entfernung von unserem Museum hergestellt worden war", sagt Vanessa Hirsch.
Aufwendig geschnitzte Verzierungen, segnende Hände und hebräische Bibelsprüche - der Thora-Schrein zeugt von aufwendiger Handarbeit. Eine jüdische Kinderheimleiterin nimmt die Lade nach ihrer Befreiung aus Theresienstadt mit, später übergibt sie sie an Yad Vashem, von wo aus sie als Leihgabe nach Hamburg gekommen ist. Vergangenes Jahr repräsentierte der Schrein Hamburg in einer Ausstellung zur Feier des 70. Gründungstages von Yad Vashem im deutschen Bundestag.
Auf Spurensuche zweier jüdischer Familiengeschichten
Vanessa Hirsch hat sich auf Spurensuche der Familiengeschichte der Cohens gemacht. Parallel dazu erzählt die Ausstellung das Leben der Altonaer Jüdin Käthe Starke-Goldschmidt. Im Gegensatz zu der Familie Cohen, die 1944 in Auschwitz ermordet wurde, überlebte Starke-Goldschmidt das Konzentrationslager Theresienstadt.
"Bei ihrer Rückkehr nach Hamburg hat sie Zeichnungen mitgebracht, die von Inhaftierten heimlich hergestellt worden waren, weil die Inhaftierten den Wunsch hatten, das erlittene Unrecht festzuhalten, Zeugnisse zu schaffen und auch für die Nachwelt zu bewahren", erklärt Vanessa Hirsch. Die Zeichnungen zeigen Frauen, die in einem Torbogen offensichtlich frierend auf die Essensausgabe warten, Menschenansammlungen in einem eingemauerten Hof. Diese Bilder in der Ausstellung zu betrachten, ist bewegend.
Briefe von den Eheleuten Cohen, Fotos und eben der Thoraschrein - hier werden zwei jüdische Lebenswege sehr persönlich erzählt. Das macht diesen Teil unserer Geschichte erlebbar.
In Yad Vashem sind mittlerweile mehr als 40.000 Objekte aus dem Holocaust zusammengetragen worden. "Diese Objekte sollen an die Stimme der ermordeten Juden erinnern und sie damit am Leben erhalten", sagt Yad Vashem-Museumsdirektor Michael Tal.
"Altona - Theresienstadt": Lebenswege jüdischer Hamburger
Die Ausstellung im Altonaer Museum beleuchtet die Schicksale von Leon Daniel Cohen und Käthe Starke-Goldschmidt.
- Art:
- Ausstellung
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- Ende:
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Altonaer Museum
Museumstraße 23
22765 Hamburg Hamburg
- Öffnungszeiten:
- 10 - 17 Uhr