Urban Sketchers: Aus MV nach Leipzig zum Deutschlandtreffen
Häuser, Menschen, Situationen - Urban Sketchers fangen das - möglichst schnell - zeichnerisch ein. In Leipzig war am Wochenende ihr jährliches Deutschlandtreffen mit rund 900 Teilnehmenden - auch aus Mecklenburg-Vorpommern.
Selbst für die kulturverwöhnten Leipziger war der Anblick ungewöhnlich: Rund um die Nikolaikirche, auf dem Marktplatz, am Völkerschlachtdenkmal - überall saßen und standen zeichnende Menschen. Wer am Eröffnungstag an der breiten Eingangstreppe der Oper vorbeikam, konnte sie sogar alle zusammen antreffen - beim Versuch, rund 900 Sketcher auf ein Gruppenfoto zu bekommen.
Kostet nichts, jeder kann kommen!
Eine, die eigens aus Mecklenburg-Vorpommern angereist ist, ist die 65-jährige Marina Röchert. "Es findet ja jedes Jahr in Kühlungsborn das Plein Air Festival statt. Da hab ich schon einige Leute kennengelernt aus ganz Deutschland, die auch sketchenderweise unterwegs sind. Die schwärmten alle von dem Deutschlandtreffen und fragten letztes Jahr schon, warum ich nicht in Berlin dabei war", erzählt Röchert. "Deswegen hab ich mir vorgenommen: Leipzig nimmst du mit!"
Früher gab es bei den Treffen kostenpflichtige Kurse für eine begrenzte Zahl von Teilnehmern. Seit dem vergangenen Jahr ist das Vergangenheit. Kathrin Merle, die in Berlin zu den Organisatoren gehörte, erzählt: "Wir haben es ein bisschen anders gemacht als die anderen Gruppen vorher. Wir dachten: 'back to the roots', wir zeichnen zusammen, wir zeigen euch die Stadt. Es kostet nichts, jeder kann kommen!" So war es jetzt auch in Leipzig. Max Richter, der das Treffen dort gemeinsam mit 50 Ehrenamtlichen auf die Beine gestellt hat, gesteht: "Um ehrlich zu sein, sind wir überredet worden. Ich habe mich breitschlagen lassen. Das Treffen war bislang immer im Westen, jetzt ist es das achte Treffen und da haben Leute dann gesagt: Es wird Zeit, dass es mal in einer richtigen Oststadt ist, wieso ist das so kompliziert?"
Menschen kommen wirklich zusammen
Die Stunden, die er und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen für die Vorbereitung gebraucht haben, hat er nicht gezählt. Aber es hat sich gelohnt, findet Sabine Hoffmann vom Museum der Bildenden Künste, das als zentrale Anlaufstelle mit dabei war. "Bei den Urban Sketchers finde ich es einfach toll, dass dieses alte, traditionelle künstlerische Medium in die heutige Zeit übersetzt wird. Und dass es überhaupt keine Voraussetzungen gibt, jeder kann mitmachen, egal, woher er kommt. Es ist eines von diesen Projekten, wo man merkt, da kommen Menschen wirklich zusammen."
Ute Hennings, die vor kurzem in Greifswald eine eigene kleine Malgruppe gegründet hat, ist vor allem wegen dieses Gemeinschaftsgefühls von der Küste nach Sachsen gereist. Eines ihrer ersten Motive: der Leipziger Hauptbahnhof, Europas größter Kopfbahnhof - ein Gigant aus hellem Sandstein, der sich gar nicht so leicht ins Skizzenbuch bringen lässt. "Wir waren zu dritt und es hat irre Spaß gemacht. Und immer sind Leute an uns vorbei gegangen, auch andere Sketcher. ,Was macht ihr da? Oh, das ist ja schön!` Man kriegt ganz viel positives Feedback und das ist auch schön", sagt Hennings.
Sketchwalk zu denkmalgeschützter Brücke
Traditioneller Teil des Treffens sind die sogenannten Sketchwalks, bei denen die Teilnehmer in kleineren Gruppen zu besonders spannenden Orten geführt werden - wie zum Beispiel zur denkmalgeschützten Könneritzbrücke. Ein Ort, der für die zwölf Sketcher echte Herausforderungen bereit hält. Askan Siegfried aus Hamburg betrachtet skeptisch sein Werk. "An der Brückenkonstruktion aus Eisen hätte Monsieur Eiffel seine Freude gehabt. Ich bin daran schier verzweifelt."
Auch eine Tradition bei den Urban Sketchers: Am Ende werden alle Bilder nebeneinander auf den Boden gelegt. Enno Peter aus Berlin mag diesen Moment besonders. "Das Schöne ist, wenn man jetzt die Bilder nebeneinander liegen sieht, dann sieht man, wie unterschiedlich die sind. Das hätte man beim Fotografieren nicht. Wenn 20 Leute die gleiche Brücke fotografieren, dann sieht die schon recht ähnlich aus. Hier sieht man schon eine ganze Bandbreite an Charakteren und Techniken."
Am Schluss stellen alle gemeinsam ihre Bilder aus
Zum Abschluss im Museum der Bildenden Künste können alle Teilnehmer in einer Ausstellung ihre Skizzenbücher auslegen. Ute Hennings aus Greifswald ist begeistert: "Ich bin total aufgeladen und noch voller Energie. Ich hab zwei Tage lang die ganze Zeit gemalt. Es war so klasse und man hat Leute kennengelernt, kam sofort ins Gespräch - und ich hab auch viel gelernt." Beim nächsten Treffen will sie unbedingt wieder dabei sein - wo das sein wird, das steht bisher allerdings noch nicht fest.