Hamburger Künstlerhilfe: Hilfe für Kulturschaffenden in Not
Eine Depression kann jeden treffen - auch Künstlerinnen und Künstler, die auf der Bühne stehen. 2016 war das noch ein Tabuthema. Deswegen haben zwei Hamburger Künstler den Verein Künstlerhilfe ins Leben gerufen.
Besonders Schauspieler und kreative Menschen, deren Intuition gefragt sei, treffe eine Depression hart, erklärt der Vorsitzende Stefan Hossfeld. "Wenn die Intuition durch die Erkrankung weggenommen wird, dann braucht man doppelt so viel Kraft. Dann traut man sich plötzlich nichts mehr zu und dann kommt eine Einschränkung des Selbstbewusstseins hinzu. Man kapselt sich komplett ab, weil man andere nicht belasten möchte." Das kennt Stefan Hossfeld aus eigener Erfahrung, ebenso wie der zweite Vorsitzende, Andreas Schmidt. Der Weg in die Depression ist einfacher als der Weg wieder raus. Doch er ist möglich, wenn frühzeitig gehandelt wird.
Depression bedeutet nicht gleich Arbeitsunfähigkeit
"Wir wissen inzwischen, dass eine psychische Erkrankung nicht unbedingt bedeutet, dass man arbeitsunfähig ist. Man kann natürlich ein bisschen energiesparender arbeiten oder auch jemanden unterstützen. Sei es durch Therapie oder Medikation." Stefan Hossfeld selbst gibt Erste-Hilfe-Kurse, dafür hat er eine psycho-soziale Ausbildung gemacht. Er hört zu und unterstützt dabei, einen Therapeuten zu finden. Wer Mitglied im Verein Künstlerhilfe wird, kann auch eine kleine monatliche Finanzspritze bekommen. Gerade freiberuflichen Künstlern fällt da ein Stein vom Herzen. Das meiste Geld dafür kommt von Tante Woo, dahinter steckt Andreas Schmidt.
Finanzierung des Vereins mithilfe einer Drag-Comedy-Figur
Stefan Hossfeld erzählt von Andreas Schmidt, er habe eine Drag-Comedy-Figur geschaffen, mit der er inzwischen sehr erfolgreich auftritt. "Da er ausgebildeter Sänger ist, ist das natürlich extrem lustig, wenn er mit seiner Stimme als Bassbariton die großen Arien oder die großen Musical-Lieder auf der Bühne singt. Diese Einnahmen gehen komplett in den Verein." Andreas Schmidt ist Frührentner. Tante Woo hilft ihm, mit seiner bipolaren Störung kreativ umzugehen. Nach seinen Auftritten spenden häufig Zuschauerinnen und Zuschauer zusätzlich Geld. Die meisten Mitglieder des Vereins kommen aus Hamburg und Umgebung, aber auch aus Süddeutschland oder Berlin. Stefan Hossfeld bekommt inzwischen sehr viele Anfragen.
Traum von eigenem Therapiezentrum und Theater
"Unser großer Wunsch wäre auch ein eigenes Therapiezentrum. Unser absoluter Traum wäre ein eigenes Theater, weil gerade die Menschen, die in eine Depression geraten, sich oft nicht mehr trauen, in Engagements zu gehen", so Hossfeld. Der Verein hat schon mehreren Duzend Kreativen erfolgreich geholfen. Die Nachfrage, Hilfe zu bekommen, steigt. Damit erst gar keine schwere Depression entstehen kann, ist frühe Unterstützung so wichtig.
Tipps bei Depressionen
Stefan Hossfeld gibt am Ende noch zwei Tipps, die ihm während der Corona-Pandemie selbst geholfen haben, als Depression überall in der Luft hing: "Viel Reden, damit man sich klar macht, in welchem Prozess man sich befindet. Was ich oft als hilfreich erlebt habe, ist zum Beispiel Musik: Ich bin allein durch die Wohnung gesprungen und habe es einfach geliebt. Diese gute Laune, diese gute Stimmung, ich habe selber viel gesungen. Das setzt jede Menge Endorphine frei. Das ist schon unglaublich."