Greifswalder Ärzte testen Magnetfeld-Therapie gegen Depressionen
Seit fast zwei Jahrzehnten leidet Sonja Fretz an Depressionen. Psychotherapien und Medikationen haben ihr kaum geholfen, das Gefühl von Traurigkeit loszuwerden. Sie setzt nun all ihre Hoffnung in die Ärzte der Universitätsmedizin Greifswald, die ein Verfahren bei ihr ausprobieren, das bereits in der Neurologie etabliert ist.
Vor 18 Jahren überkommt Sonja Fretz beim Spielen mit ihrem Hund das Gefühl von Traurigkeit. Kaum ein Funken Freude sei mehr in ihr gewesen, berichtet die heute 68-Jährige. Es folgt die Diagnose: Sonja Fretz leidet unter chronischer Traurigkeit, einer Form von Depression. Einen bestimmen Auslöser könne sie nicht festmachen, sagt sie. Nach mehreren Psychotherapien und Medikationen setzt sie nun all ihre Hoffnung auf eine neue Methode. An der Unimedizin Greifswald erhält sie eine sogenannte repetitive transkranielle Magnetstimulation - abgekürzt rTMS. Dabei werden mit einer Magnetspule bestimmte Hirnareale stimuliert, die nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Mithilfe der elektromagnetischen Impulse sollen die ins Ungleichgewicht geratenen Bereiche wieder in den Takt gebracht werden.
rTMS: Leicht anzuwenden und gute Wirksamkeit
Neu ist der Einsatz der Magnetspule an der Universitätsmedizin nicht: "Die Methode kommt eigentlich aus dem Bereich der Neurologie, da sie auch im Zusammenhang mit Schlaganfällen, Kopfschmerz, Epilepsie oder Multipler Sklerose erforscht wird", erklärt der Neurologe Dr. Matthias Grothe von der Unimedizin. Das Verfahren sei auch bei psychiatrischen Erkrankungen untersucht worden und mittlerweile für die Behandlung von Depressionen zugelassen, so Grothe weiter. Deshalb erfolge nun die Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie.
Es zwicke ein bisschen, so Sonja Fretz während der 15-minütigen Sitzung mit der Magnetspule. Ansonsten spüre sie nichts. Genau das sei ein Vorteil der Behandlung, erklärt Prof. Michael Lucht, stellvertretender Klinikleiter der Psychiatrie. Der Einsatz der Magnetspule sei nicht nur nebenwirkungsarm, sondern auch leicht anzuwenden und habe eine gute Wirksamkeit, zählt Lucht auf. Rund einem von etwa fünf Patienten könne mithilfe der Magnetspule geholfen werden. "Das hört sich zunächst nicht besonders hoch an, ist aber in der Medizin ein relativ hohes Maß", sagt Lucht.
Bis zu 30 Sitzungen mit Magnetspulen erforderlich
Bei einer Depression würden die Nervenbahnen wie ein verdorrter Rosenzweig aussehen, so Lucht weiter. Durch den Einsatz der Magnetspule könne der Nervenwachstum wieder so angekurbelt werden, dass wieder ein saftiger Rosenzweig entsteht. Je nach Schwere der Depression seien allerdings bis zu 30 Sitzungen erforderlich. "Ungefähr die Hälfte aller Patientinnen und Patienten mit Depressionen können vom Hausarzt und vom Psychotherapeuten sehr gut mit einem Antidepressivum, mit einer Krankschreibung und mit Psychotherapie behandelt werden. Aber bei der anderen Hälfte wirken die herkömmlichen Medikamente und Methoden nicht", macht Lucht deutlich. Der Einsatz der Magnetspule sei eine zusätzliche Möglichkeit, um Menschen mit Depressionen zu helfen. Genau darauf hofft auch Sonja Fretz, die wie die anderen Patienten für die Behandlung stationär aufgenommen wurde. Sie will nur eins: endlich wieder Freude empfinden.