Brücke SH: 40 Jahre Hilfe für die Seele und fürs Leben

Stand: 18.07.2024 15:47 Uhr

Die Brücke Schleswig-Holstein bietet Hilfe für psychisch kranke Menschen, zum Beispiel bei Angststörungen oder Depressionen. Vor 40 Jahren wurde die gemeinnützige Organisation gegründet.

von Carsten Salzwedel

Ein junger Mann schneidet eine Paprika © NDR Foto: Carsten Salzwedel
Das Wohnhaus der Brücke SH in Kiel ist für Arthur Bozejewicz ein zweites Zuhause geworden.

Es gipfelte in einem Nervenzusammenbruch unter Dusche. "Ich hatte mein ganzes Leben Probleme mit meiner Psyche," erzählt der 20 Jahre alte Arthur Bozejewicz. Zwangsgedanken, Angststörung, Depression, vor zwei Jahren dann der Zusammenbruch. Da wohnte er noch bei seinen Eltern in Husum. Es folgt ein dreimonatiger Klinikaufenthalt. Mit seinen Eltern versteht Arthur sich zu der Zeit nicht gut. Es gibt Streit. "Dann haben wir eine Wohngruppe gesucht. Für mich war es wichtig, sehr weit von zu Hause wegzukommen. Ich kam dann auf Kiel." Arthur bekommt einen Platz in einem Wohnhaus der gemeinnützigen Organisation Brücke Schleswig-Holstein, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert.

Brücke SH will Sicherheit geben und Zuhause sein

Mit Arthur leben neun junge Menschen im Haus. Betreuer sind immer für sie da. Sie helfen den Bewohnerinnen und Bewohnern im Alltag. Feste Zeiten und Aufgaben strukturieren den Tag, die Dienste stärken das Miteinander. "Das ist für mich auch eine Familie geworden und ein neues Zuhause", sagt Arthur beim Mittagsdienst, als er Paprika schneidet.

Eva Plantikow freut es, wenn die jungen Bewohner genau das sagen. Sie ist Referentin für psychosoziale Rehabilitation bei der Brücke SH. Die Wohnhäuser der Brücke sollen Orte sein, die Sicherheit geben und die Zuhause sein können.

Eine Frau lacht in die Kamera © NDR
"Die Wohnhäuser bieten einen Raum für Sicherheit, für Schutz, für Zusammenhalt," sagt Eva Plantikow, Referentin für psychosoziale Rehabilitation bei der Brücke SH.

Von hier können sich die Jugendlichen entfalten und in die Welt starten. Gemeinsam entwickeln sie Ziele und arbeiten an ihnen. Und den Jugendlichen steht ein Netzwerk aus Psychiatern, Sozialarbeitern, Kliniken und niedergelassenen Ärzten zur Verfügung.

Wohnortnahe Betreuung statt anonyme Riesenkliniken

Dass es solche Wohngruppen wie die von Arthur heute gibt, liegt auch an der jahrzehntelang schlechten Lage in der psychosozialen Betreuung. In den 1970er-Jahren wurde in Deutschland die psychiatrische Versorgung untersucht. Das Ergebnis: Menschenunwürdige Behandlungsformen, Ausgrenzung statt Integration und Heilung. Die seitdem angestrebte Psychiatriereform sah unter anderem statt anonymer Großkliniken eine wohnortnahe Betreuung vor.

1984 wurde die Arbeitsgemeinschaft Brücke Schleswig-Holstein gGmbH gegründet. Seit 2003 ist die Organisation mit rund 800 Mitarbeiter*innen als Brücke SH bekannt. Ihre Angebote ermöglicht die gemeinnützige Gesellschaft durch Erträge unter anderem von Sozialhilfeträgern, Kranken- und Pflegekassen, aber auch der Arbeitsagentur.

Ein Haus mit grünen Hecken davor © NDR
Neun junge Menschen leben in diesem Wohnhaus der Brücke SH. Hier lernen sie Struktur im Alltag und soziales Miteinander.

Nach eigenen Angaben nutzen jährlich 2.400 Menschen die Betreuungsangebote der Organisation, die von Beratung, Ergotherapie, Stadtteilrestaurants bis hin zu Wohngruppen und Werkstätten reichen. Die Organisation will eine Brücke ins Leben für sozial und psychisch beeinträchtigte Menschen sein.

Über Gemeinschaft in Wohngruppe selbstständiger werden

Für Arthur ist die Wohngruppe auch eine Brücke ins Leben. Ein Mitbewohner hat ihn abends in eine Kieler Kneipe mitgenommen. Da gefiel es ihm so gut, dass er nach einem Job gefragt hat. Vor einem Monat war das, seitdem arbeitet er zwei Mal wöchentlich als Kellner. "Ich fühle mich wohl, dass ich was zu tun habe. Und das befreit auch. Ich verdiene mein eigenes Geld, kann mir Sachen erlauben und eine schöne Zeit mit Leuten verbringen."

Bestellungen aufnehmen, in die Kasse tippen, Bier, Wein, Essen servieren. Ein bisschen stressig ist das schon, findet Arthur. Aber er lernt hier auch mit seinen Gefühlen umzugehen. Innehalten und konzentrieren, das hat er auch in der Klinik gelernt. Und er macht sich in der Kneipe gut, findet Kollegin Sabine Henze: "Er ist pünktlich, zuverlässig und geht auch freundlich auf die Gäste zu."

Was Arthur Bozejewicz in seiner Therapie und in der Wohngruppe der Brücke SH gelernt hat, will er weitergeben. Nächstes Jahr möchte er eine Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten machen. Sein Wunsch: Er möchte Jugendlichen, denen es schlecht geht, zeigen, wie sie aus einem tiefen Loch wieder rauskommen können.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 18.07.2024 | 19:30 Uhr

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Psychische Erkrankungen

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