Caspar David Friedrich: Kunst-Pilgerwege auf Rügen
Wandern wie Caspar David Friedrich: Auf Rügen ist dies möglich. Anhand alter Landkarten und den Zeichnungen des Malers konnten seine Wege rekonstruiert werden. Nun kann man auf seinen Spuren wandeln.
Caspar David Friedrich und die Insel Rügen - das gehört ja für viele, die seine Gemälde kennen, zusammen. Anders als in Greifswald und Dresden aber lässt er sich jedoch auf der Insel nicht so leicht verorten. Er war hier und da und keiner wusste so richtig wann und wie lange. Das ändert sich in diesem Jubiläumsjahr. Zum einen sind seine Wanderungen jetzt als Kunst-Pilgerwege sozusagen ausgewiesen. Und er ist auch sonst plötzlich wieder da.
Handy-App hilft bei der Suche nach den Wanderwegen
Da steht er. Caspar David Friedrich am Lauterbacher Ufer. Mit graugrünem Umhang und Barett, in der rechten Hand ein Stock wie auf dem Gemälde "Zwei Männer den Mond betrachtend". Nur ist er hier von vorne zu sehen und aus Bronze. Eine Arbeit des Hamburger Bildhauers Thomas Jastram. Knut Schäfer vom Tourismusverband Rügen war Mitinitiator dieses Denkmals: "Er als gebürtiger Greifswalder hat allem Anschein nach den Fuß auf diese Insel hier im Bereich Neuendorf Lauterbach gesetzt und diese Skulptur empfindet das nach - also den Anfang der Malerreisen auf der Insel hier am Standort in Lauterbach", so Schäfer.
Der Tourismusverband hat an dieser Stelle aber nicht haltgemacht. Die Wanderungen von Caspar David Friedrich sind neuerdings auf einer Handy-App zu finden. "Egal für welches Portal Sie sich entscheiden, die sieben Wanderungen die er gemacht hat auf der Insel sind alle digital nachgestellt, Sie können diese Wanderungen abwandern, dort werden Sie unter anderem an seine Inspirationspunkte geleitet", erklärt Schäfer.
Hans Dieter Knapp rekonstruiert Wege mithilfe alter Landkaren
Herausgefunden hat die Caspar-David-Friedrich-Wanderungen der Rügener Landschaftsökologe Hans-Dieter Knapp vom Verein Insula Rugia. Er hält Kopien von Zeichnungen vor die Landschaft, wenn er mit Wandergruppen unterwegs ist und, wie hier, den richtigen Punkt gefunden hat, an dem Caspar David Friedrich gesessen und gezeichnet haben muss. "Wir stehen hier und das ist der Blickwinkel der Skizze Nummer 2 vom 16. August 1801. Es war damals offener, dass der Blick freier war, aber die Richtung stimmt, bis hin dort zur Goor, wie man andeutungsweise in der Ferne sieht", zeigt Knapp vor Ort.
Der Weg zur Goor, einem alten Waldgebiet, führt zwischen zwei Feldern entlang, mit weitem Blick über leichte Hügel, gelb leuchtenden Rapsfeldern, im Hintergrund glitzert der Greifswalder Bodden. Rekonstruiert hat Hans Dieter Knapp die Aussichtspunkte für die Zeichnungen zuerst mithilfe von alten Landkarten. "Es mag ungewöhnlich sein, wenn man sich als Botaniker mit einem Künstler beschäftigt, aber mein Zugang ist die Landschaft, sagt Knapp. "Da begegnet man zwangsläufig Friedrich, der sich auf Rügen vor über 200 Jahren mit Landschaft beschäftigt hat."
Caspar David Friedrich legte ordentlich Strecke zurück
Und der die einsamen Wege schätzte. Friedrich datierte seine Zeichnungen, sodass sich heute rekonstruieren lässt, wann er wo war. "Er hat erhebliche Strecken zurückgelegt", berichtet Knapp. "In sechs Tagen von der Gegend um Putbus über Jasmund nach Kap Arkona bis Wittow laufen - das ist sportlich."
Ziel der Wanderungen von Caspar David Friedrich war Altenkirchen. Dort besuchte er damals den berühmten Theologen Gotthard Ludwig Kosegarten. Christian Ohm ist heute Pastor dieser ältesten Kirche der Insel Rügen, eine Dorfkirche aus dem 12. Jahrhundert: "Caspar David Friedrich war ein alter Freund von unserem Gotthard Ludwig Kosegarten. Kosegarten hatte seinerzeit viele Zeichnungen von Friedrich gesammelt, und sicherlich ist Friedrich auch durch Kosegarten, der hier einer der wichtigsten Intellektuellen gewesen ist, beeinflusst worden in seiner Naturanschauung. Gott in der Schönheit der Natur zu finden. Da gibt's ganz ganz viele Verbindungen zwischen Kosegarten und Friedrich."
Ein Blick fast wie vor 200 Jahren
Die Kirche birgt den rätselhaften Swantevit-Stein, auch davon gibt es eine Zeichnung von Caspar David Friedrich. Von hier aus aber ist er zum Kap Arkona gewandert. Entlang der Tromper Wiek, einem Strandabschnitt, an dessen Ufer Caspar David Friedrich auf einem Gemälde später auch eine Frau mit rotem Kleid malte und am Großsteingrab Nobbin. Bis nach Vitt sind es knapp zwei Stunden Fußweg.
"Jetzt sind wir unten am Ufer von dem kleinen Fischerdörfchen Vitt und schauen eigentlich fast, wie Caspar David Friedrich vor 200 Jahren Richtung Cap Arkona geschaut und eine Zeichnung angefertigt hat - und später auch seine ganz bekannte Sepiazeichnung, die in Wien in der Albertina liegt, nämlich 'Kap Arkona beim aufgehenden Mond'', zeigt Ohm. "Das ist typisch Caspar David Friedrich, denn dort im Westen wird der Mond wahrscheinlich nie aufgehen."
Als Freund des einsamen Wanderers wird der Mond ihm verzeihen. Eine lebenslange persönliche Freundschaft verband Caspar David Friedrich auf Rügen aber vor allem mit Theodor Schwarz, Buchautor und Pastor der Kirche in Wieck. Von wo aus er schließlich nach allen seinen Wanderungen zurück aufs Festland segelte.
Karte: "Friedrichs Wege": Auf den Spuren von Caspar David Friedrich (Karte)