Der Schauspieler und Regisseur Charly Hübner © picture alliance
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AUDIO: Wacken Open Air: Serie "Legend of Wacken" mit Charly Hübner (4 Min)

Multitalent Charly Hübner - Ein Typ wie ein Ausrufezeichen!

Stand: 31.08.2023 17:00 Uhr

Ob Theater, Regie oder Film: Der 50-jährige Charly Hübner ist ein Publikumsliebling. Der Neustrelitzer hat einen Roman von Thees Uhlmann verfilmt und spielt in der Serie "Legend of Wacken" von Lars Jessen.

Charly Hübner liebt schon immer Heavy-Metal-Musik und das Wacken Open Air, "dieses wahnsinnig friedliche, laute Fest." 2013 hat er mit Anneke Kim Sarnau für den NDR einen Fernsehdokumentation über das Festival gedreht und sich nun besonders gefreut, beim echten Festival 2022 bei der Eröffnung vor fast 90.000 Leuten drehen zu können: für die Serie "Legend of Wacken" von Lars Jessen und Jonas Grosch. Die fiktive Serie handelt vom schwierigen Start des Metal-Festivals Wacken Open Air Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er. Charly Hübner verkörpert hier Festivalgründer Holger Hübner.

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NDR Doku zum 50. Geburtstag von Charly Hübner

Zum 50. Geburtstag des Darstellers im November 2022 zeigte das NDR Fernsehen einen Themenabend und sendete das Porträt "Charly Hübner - mit voller Kraft und Leidenschaft". Hübner wollte an seinem Geburtstag nichts Ausgefallenes unternehmen. Ganz im Gegenteil, erzählte der Schauspieler in Hamburg, als er wenige Tage zuvor seinen aktuellen Kinofilm "Die stillen Trabanten" von Thomas Stuber im Passage-Kino in Hamburg mit Nastassja Kinski vorstellte: "Ich feiere eigentlich immer die ganz komischen Zahlen. Jetzt war auf einmal so eine unglaubliche Aufmerksamkeit auf diesem Tag. Wir werden irgendetwas Schönes zu Hause machen. Wir werden den Tag hart feiern, wie man im Norden sagt - von morgens bis abends im engsten Kreise."

Charly Hübner: einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler

Charly Hübner - eigentlich Carsten Johannes Marcus Hübner - ist eine Wucht: 1,92 Meter groß, über 100 Kilo schwer, unrasiert, strubbelige Haare, Bauch. Ein Typ wie ein Ausrufezeichen und einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler. Er verkörpert entgleiste, entrückte und theatralische Figuren auf der Bühne, führt Regie und dreht zahlreiche TV- und Kinofilme (unter anderem "Das Leben der Anderen", "Banklady", "Ohne Dich", "Bornholmer Straße") und brillierte seit 2010 in der Krimireihe "Polizeiruf 110". Nach zwölf Jahren als Kommissar Sascha Bukow verließ er im Januar 2022 die Reihe.

Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ist der Schauspieler in all seinen Rollen authentisch - trotz "Genre-Hopping". Belege? Grimme-Preis, Bayerischer Filmpreis, Goldene Kamera, Bambi. Bei zwei Dokumentationen hat er bereits Regie geführt, mit dem Roadmovie "Sophia, der Tod und ich" nach Drehbuch von Lena May Graf drehte Hübner im Spätsommer 2021 seinen ersten Spielfilm.

Charly Hübner wächst in der DDR auf

Am 4. Dezember 1972 in Neustrelitz geboren, wächst Hübner in der DDR im Kreis Neustrelitz auf. Die Vorstellung, Schauspieler zu werden, ist für ihn damals illusorisch. Die kleinbürgerlichen Verhältnisse in einer wenig besiedelten Landschaft mit einem sehr eigenen Menschenschlag haben ihn geprägt. Das Sichloslösen von und das Anreden gegen etwas ist ein Relikt seiner Kindheit und Jugend in der DDR.

Früh zeigt sich, dass Hübner sowohl sprachlich als auch sportlich begabt ist. Er gewinnt Russisch-Olympiade, einen Wettbewerb, der für Russisch lernende Schüler veranstaltet wird. Sein Ziel ist aber eine Karriere als Leistungssportler und will Sport studieren. Auf dem Podest stehen und beachtet zu werden, gefällt ihm. Mit 17 platzt der Traum. Ein Arzt im Internat diagnostiziert bei ihm ein gefährlich großes Herz, das keine Sportler-Karriere aushalten würde.

Vater war in der DDR ein "staatstreuer Diener"

Über einen Freund kommt er zur Schauspielerei. In Neustrelitz spielt er nach seinem Abitur 1991 Theater. "Ich hatte kein Künstlerumfeld, sondern nur staatstreue Diener um mich herum", sagt er heute über die Zeit vor dem Mauerfall.

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Auch sein Vater ist einer dieser "staatstreuen Diener". Das ahnt Charly Hübner, wissen tut er es lange Zeit nicht. Erst ein Jahr vor seinem Tod - zur Premiere des Films "Das Leben der Anderen" 2006, in dem Hübner einen Stasi-Oberfeldwebel spielt - gesteht ihm sein Vater, als informeller Mitarbeiter für die Stasi gearbeitet zu haben. Auf dem Rückweg von der Premiere im Auto sagt er zu Hübner: "Solche Kameras wie in dem Film hatten wir nicht." Viel mehr erfährt er nicht. Die Bombe ist geplatzt.

Sein Vater Hannes Hübner ist zu DDR-Zeiten stellvertretender Bürgermeister, Stadtrat für Kultur und Chef von einem Hotel - ohne SED-Mitgliedschaft und Kooperation mit der Stasi waren solche Positionen undenkbar. Hübner und sein Bruder beantragen nach dem Tod des Vaters Einsicht in die Stasi-Akten. "Es war eine Reise zu einer Vaterfigur, die man nicht kennt", sagte der Schauspieler 2013 im "Zeit"-Magazin. Die Nacht des Mauerfalls verpennt Hübner als damals noch knapp 16-Jähriger übrigens betrunken.

Theaterstopp, Sinnkrise, Hautausschlag

Nach dem Mauerfall bricht er aus der kleinbürgerlichen Enge an der Feldberger Seenplatte in Mecklenburg aus. Er geht nach Berlin auf die Ernst-Busch-Schauspielschule. Später spielt Hübner am Theater "Turm in Frankfurt" und im "Schauspiel Köln".

Innerhalb von sieben Theaterjahren spielt Charly Hübner große Rollen in fast 40 Stücken. Dann ist er ausgebrannt. Es folgen Theaterstopp, Sinnkrise, Hautausschlag an den Händen und Therapie. Er soll aufschreiben, was er eigentlich will, und beginnt Tagebuch zu schreiben. Was stand drin? "Ich fühle mich blöd. Theater ist Scheiße. Habe aufgehört zu rauchen. Habe wieder angefangen zu rauchen", zitiert er 2013 im "Zeit"-Magazin.

Bis heute stellt sich Hübner in seinem Tagebuch alle paar Wochen Fragen, als wäre er eine Figur, der er sich nähern muss: Bin ich gesund? Habe ich Freunde? Bin ich mit der Arbeit zufrieden? Mit der Liebe? Er prüft die Stabilität in seinem Leben. Der Ausschlag an den Händen ist nicht wiedergekommen.

Aus der Krise zum Film

Nach der Sinnkrise ging es zum Film. Der Schauspieler bewirbt sich mit einem 15-minütigen Tatort-Film, in dem er alle Rollen selbst spielt. Es folgen Angebote. Hübner macht Filme im Akkord: Allein 2005 dreht er 17 Filme - heute nennt er das "ein Experiment - alles, was ging". Im Jahr darauf dreht er nur noch, was ihm am Herzen lag. 2009 meldet sich der NDR an - mit einem Angebot.

VIDEO: 7 Tage... am Filmset von "Polizeiruf 110" in Rostock (30 Min)

"Polizeiruf 110": Charly Hübner wird zu Sascha Bukow

Als seine Agentin ihm das Angebot für die Rolle im "Polizeiruf 110" am Telefon mitteilt, kann Hübner es kaum fassen. "Jetzt ruf' noch einmal an und sag' genau das Gleiche", soll er laut "Tagesspiegel" 2011 zu ihr gesagt haben. Es klingelt.

Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) © NDR/ Foto: Christine Schroeder
Von 2010 bis 2021 ermitteln Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau als Kommissar-Team im "Polizeiruf 110".

Er soll die Rolle des Ermittlers Alexander Bukow mitgestalten. Hübner schaut sich alle bisher gelaufenen "Polizeiruf"-Folgen an. Er boxt sich sprichwörtlich in die Rolle rein. Er überlegt, was Bukow für Sportarten macht, wie seine Großeltern und Eltern waren, in welchem Umfeld er groß wurde. Wie pflegt der Freundschaften? Was ist sein letzter Gedanke vorm Schlafengehen? Sternzeichen? Hobbys? Wie trägt der seinen Bauch?

Einmal hat Bukow in einem Drehbuch zu viel Text. Hübner streicht radikal. Bukow ist kein Mann, der viele Worte braucht. Hübner lädt seine Figur mit einer solchen Intensität auf, dass selbst die Regisseure oft nicht wissen, was sie am Set erwartet. Auch Hübner ist kein Mann, der Worte "verschwendet". Er ist nicht auf Twitter, schreibt wenig SMS. Lieber Briefe. Er mag Hamburg, die Stadt, in der er seit Jahren lebt. "Da kommst du in den Zeitungskiosk rein und die sagen 'Moin' und der Rest ist schon geklärt", sagt er im "Tagesspiegel". Der Satz erinnert auch an Bukow.

Nach fast zwölf Jahren als Kommissar Sascha Bukow verlässt Charly Hübner 2022 den Rostocker Polizeiruf mit der Folge "Keiner von uns". In seine Fußstapfen tritt seine Ehefrau Lina Beckmann, die fortan als Kommissarin Melly Böwe neben Anneke Kim Sarnau als Katrin König ermittelt.

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Seit 2014 am Schauspielhaus Hamburg, im Kino mit "Mittagsstunde"

Seit Anfang 2014 gehört er zum Ensemble des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Schon im Schauspiel Köln spielt Hübner unter der Regie von Intendantin Karin Beier. Ebenso wie seine Frau Lina Beckmann - in die er sich übrigens auf der Bühne in Köln verliebte. Mit ihr und ihrem Sohn lebt der Fan von Motörhead jetzt an der Elbe.

Erfolgsdruck spürt er nicht. Oder er will ihn nicht spüren. Ziel sei es, "anderen Menschen etwas Nicht-Materielles schenken zu können - ein Lachen, eine Lebensidee, eine Erkenntnis", sagt er im "Hamburger Abendblatt". 2022 ist er auch im preisgekrönten Film von Andreas Dresen zu sehen: "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" - und in der Verfilmung des Erfolgsromans "Mittagsstunde" von Dörte Hansen. Sein jüngstes Projekt ist seine Arbeit als Regisseur für den Film "Sophia, der Tod und ich". Die Verfilmung des Romans von Musiker Thees Uhlmann soll Ende August 2023 ins Kino kommen.

Lina Beckmann über Charly Hübner: "Wünsche ihm mehr Eitelkeit"

Im NDR Porträt "Charly Hübner - mit voller Kraft und Leidenschaft" von Coco Quast anlässlich des 50. Geburtstages des Schauspielers kommen Hübners Ehefrau Lina Beckmann, Freundinnen und Freunde, Weggefährten und Kolleginnen und Kollegen wie Anneke Kim Sarnau, Anke Engelke und Uwe Preuss, die Regisseure Eoin Moore, Jan Georg Schütte, Lars Jessen, Arne Feldhusen, Autor Heinz Strunk, die Redakteurin Daniela Mussgiller und die Hamburger Intendantin Karin Beier zu Wort. Zu sehen sind in einer Art Werkschau unzählige Ausschnitte aus Hübners filmischer Arbeit und auch von seinem Wirken auf der Bühne.

Lina Beckmann wünscht ihm darin "etwas mehr Eitelkeit, ehrlich gesagt. Der ist, glaube ich, der uneitelste Mensch, den ich kenne. Äußerlichkeiten sind ihm generell sehr wumpe." Anke Engelke sagt über das Spiel mit ihm: "Das ist ja das Schönste, miteinander zu spielen und zu merken, das Gegenüber ist ganz neugierig und hört zu und guckt einen an. Charly glotzt einen auch immer so an - man spielt da nicht gegen die toten Augen von Hamburg."

Anneke Kim Sarnau sagt über ihn: "Charly ist Spiellust, Rampensau, Spaß, Kraft, Freude, Power." Heinz Strunk ergänzt: "Charly: Von seinen charakterlichen Qualitäten, von seinem großen Herzen und so, begegnen einem solche Leute nicht oft im Leben."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 08.07.2023 | 07:55 Uhr

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