Serie "Legend of Wacken" über Wacken Open Air ist "großes Kino"
Das Heavy-Metal-Festival Wacken Open Air ist weltweit bekannt. Die RTL+ Serie "Legend of Wacken" mit Charly Hübner zeigt auf Nitro die chaotischen Anfänge in den 1990ern auf der Kuhweide in Schleswig-Holstein.
Am 2. August startet die 33. Ausgabe des Kult-Events Wacken Open Air (W:O:A), dem größten Open-Air-Metal-Festival weltweit. 1990 entstand es quasi in einer Sandkuhle im 1.000-Seelendorf Wacken im Herzen von Schleswig-Holstein inmitten der norddeutschen Provinz, immerhin 800 Fans kamen schon damals und reckten die "Pommesgabel" zum Gruß. 2022 waren es bereits mehr als 82.000, nachdem es wegen der Covid-Pandemie zwei Jahre pausieren musste. Nun gibt es eine Serie darüber, wie es auch hätte beginnen können.
"Legend of Wacken": Fiktionale Serie, gedreht in und um Wacken in Steinburg
Regisseur Lars Jessen ("Mittagsstunde") hat gemeinsam mit Schauspieler Charly Hübner und Regisseur Jonas Grosch eine sympathische Spielfilmserie in und um Wacken herum gedreht. In sechs Kapiteln à 40 Minuten geht es, unterlegt von reichlich Metal-Musik, um die Anfänge des Festivals Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre. Das Drehbuch basiert auf den Erinnerungen und Erzählungen der Festival-Gründer Holger Jensen und Holger Hübner. Schauspieler Charly Hübner erinnert sich bei der Premiere der Serie beim Filmfest München: "Ich kenne Thomas Jensen schon sehr lange und Holger Hübner und ich kannten uns dann auch irgendwann. Lars Jessen und ich kennen uns schon ewig. Zwei Hübners, ein Jensen, ein Jessen. Dann haben wir darüber nachgedacht, ob man sich bei der Arbeit trifft. Vor vier Jahren waren die ersten Gespräche und dann hat sich das aufgebaut."
Inhalt der Serie: Festivalgründer liegt im Koma - braucht emotionale Ansprache
Liebevoll rekonstruiert die Serie die Ära des Aufbruchs rund um das Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er. Ausgangspunkt ist eine ausgedachte Situation: Gründer Holger Hübner - gespielt von Charly Hübner - hat beim Auftakt des neuen Wacken-Festivals einen schweren Unfall und liegt nun im Koma. Nur persönliche Ansprache kann ihm eventuell helfen, wieder aufzuwachen. Also verlässt Festivalgründer und Chef Thomas Jensen (Aurel Manthei) das Festival, bricht dort alles ab und setzt am Krankenhausbett mit piependen Geräten alles daran, Holger vom Beginn ihrer Freundschaft und den Anfängen des Festivals zu erzählen. "Alle Jahre wieder: 2.000 LKW voll mit Material, 47 Kilometer Bauzaun, 1.000 mobile Toiletten, 400.000 Liter Bier, 700 Tonnen Müll, 43.000 Quadratmeter!" legt Jensen los, doch das Aufzählen technischer Fakten hilft nicht viel. Besser ist da die Erinnerung an die erste Begegnung.
In der norddeutschen Tiefebene ging alles los: Dort half Jensen seinem Vater im Laden aus und stand im Dorfgasthof hinterm Tresen, damals noch ein Punkfan. Mit dem Eintreffen von Holger Hübner im Dorf bricht der Metal und eine lebenslange Freundschaft in sein Leben, die die Serie, das spätere Wacken-Festival und die heutige Weltmarke W:O:A bis heute prägt.
In den Rückblenden spielen jeweils Sammy Scheuritzel - ein Österreicher mit eingeübtem waschechten norddeutschem Akzent und der Berliner Sebastian Doppelbauer Jensen und Hübner. Sie gründen eine eigene Band und beginnen davon zu träumen, ein Metal-Festival in Wacken auf die Beine zu stellen. Dafür müssen sie einen Bankkredit ohne Bürgen herzaubern, die Erlaubnis des Bauern Trede zum Bauen der Bühne auf dessen Kuhweide einholen und sowieso 1.000 Hürden überwinden.
Mut und Naivität von zwei Jungs in den 90ern
Von Nostalgie lebt die Serie mit viel Sound von Bands wie Metallica, Iron Maiden, Motörhead, Judas Priest, Slipknot und Saxon jedoch nicht. Im Gegenteil, betont Lars Jessen, der "20 Kilometer von Wacken entfernt" aufgewachsen ist. "Es ging vor allem darum, die ganze Welt in einem fiktionalen Rahmen mit viel Fantasie und Musik wieder zum Leben zu erwecken. Quasi wie in einem Poesiealbum zurückzublicken in diese Zeit, aber nicht als Selbstzweck. Wir haben genau geguckt, 'was können wir aus dieser Zeit für die Gegenwart mitnehmen'?"
Es ginge nicht darum, romantisierend von besseren Zeiten zu schwärmen, sagt Jessen. Sondern zu schauen, wie damals dieser Aufbruchsgeist gewesen sei, "diese Naivität der 90er-Jahre. Wir könnten gerade viel mehr davon gebrauchen, weil wir so verzagt mutlos sind. Und dieser Mut, den die beiden Jungs da hatten, in einem Dorf ist es unvorstellbar, so etwas zu schaffen!" Lars Jessen, der das Festival schon lange in sein Herz geschlossen hat, sagt: "Da kommen Menschen aus aller Herren Ländern zusammen, die sich für ein langes Wochenende zu einer großen Party verabredet haben, wo nichts eine Rolle spielt, keine Herkunft, kein besonderer Geschmack, nichts Elitäres oder Besonderes. Sondern alle wollen einfach da nur diese Musik feiern."
Charly Hübner liebt privat schon immer Heavy-Metal-Musik und Wacken, "dieses wahnsinnig friedliche, laute Fest." 2013 hat er sogar mit Anneke Kim Sarnau für den NDR einen Fernsehdokumentation über das Festival gedreht und sich nun besonders gefreut, beim echten Festival 2022 bei der Eröffnung vor fast 90.000 Leuten drehen zu können: "Es war lustig, weil diese Serie Doku-Style hatte, wir sahen auf der Bühne den beiden Originalen ähnlich. Als wir beim Festival ankamen, konnten alle noch erkennen, 'aha, das sind die Originale, und das sind die blöden Schauspieler'. Am Mittwoch - Alkohol fließt ja - wusste die Hälfte der Fans nicht mehr so genau, 'wer ist wer?' Als wir anfingen, in Maske zu drehen, waren wir für die Fans dann die richtigen und wurden die ganze Zeit abgeklatscht. Da Aurel (Manthei) und ich beide Metal privat hören, war es beim Drehen eher so, wie im Wohnzimmer sein."
Charly Hübner: "Das ist purer Überlebenswille gewesen"
Besonders wichtig beim Erzählen findet der Schauspieler Charly Hübner die einzigartige Freundschaft, die die Gründer verbindet und die Zeit um 1990, in der alles begann: "Dass da zwei Jungs mit dem Ende der DDR und der alten BRD sich entscheiden, ein Festival ins Leben zu rufen - das ist ein purer Überlebenswille gewesen, ihre eigene Kultur irgendwo zu manifestieren, weil sie woanders keinen Halt fanden. Die haben das für sich gemacht. Dass da irgendwann 90.000 Leute stehen und das eine Weltmarke ist, die so klar verankert ist, das hätten sie sich niemals vorstellen können. Ich finde super, dass wir das erzählen, das kann nämlich jeden jungen Menschen in Argentinien, in China oder in Österreich dazu inspirieren, sein eigenes Festival zu gründen."
Thomas Jensen und Holger Hübner: "Der Spirit der Serie stimmt"
Was halten denn nun die zwei Originale, Thomas Jensen und Holger Hübner von der Serie? Bei den zwei Premieren - beim Filmfest München und im Zeise Kino Hamburg Anfang Juli sind die Festivalmacher dabei und scherzen und lachen gut gelaunt mit dem Publikum und den Fans. "Es steckt eine gehörige Portion Hollywood drin, aber in Wahrheit war alles viel schlimmer", sagt Thomas Jensen. "Das Feeling ist getroffen, dieser Spirit, die Attitude, die wir damals hatten und auch heute noch haben. Also so ein bisschen Attacke, bisschen Party, die Kumpels sind wichtig, das Dorf ist wichtig. Das ist ganz gut getroffen". Holger Hübner ergänzt: "Die Sprüche sind authentisch, genauso, wie bei Uwe Trede auch".
W:O:A-Gründer Thomas Jensen: "'Legend of Wacken' ist großes Kino"
Jensen spielt auf den Bauern Uwe Trede an, der ihnen damals die Kuhweide fürs Festival vermietet hat, mit dem die beiden eine lebenslange Freundschaft verband. Trede ist mittlerweile verstorben - in der Serie wird er gespielt von Detlev Buck. "Das ist fast für mich eine Auferstehung, wie Detlev Buck den als Reinkarnation wieder zum Leben erweckt, das ist schon geil. Im Film muss er ein bisschen auf Konfrontation gehen, aber Uwe war eigentlich immer unserer Kumpel. Ich hoffe, ihm gefällt das, wenn er von oben zuguckt", so Jensen.
Er lobt die Serie als Ganzes: "Keiner kann das so gut wie Lars Jessen, und dann in der Kombination mit Detlev Buck und Charly Hübner ist das schon großes Kino, aber es muss auch entertainen. Wir haben ja auch tolle Dokus mit dem NDR über Wacken gemacht, mit Charly Hübner und Detlev Buck, großartige Sachen. Das hat es alles in der Vergangenheit gegeben." Der jetzige Film wolle unterhalten und von der Musik erzählen: "Die Musik ist unsere Motivation gewesen, und das ist auch das, warum die Fans kommen. Es ist ein Statement für Heavy Metal". Holger Hübner ergänzt: "Heavy Metal - Way of Life!"
Die sechs Folgen von "Legend of Wacken" von Lars Jessen und Jonas Grosch laufen im Streamingdienst ab 7. Juli bei RTL+. Ab dem 12. Juli laufen je drei Folgen auf Nitro. Weiter haben inter anderem mitgewirkt: Marc Hosemann, Janna Striebeck, Katharina Wackernagel und Detlev Buck.