"Die Unbeugsamen 2": Protagonistin Solveig Leo über die DDR-Zeit
In "Die Unbeugsamen 2" kommen Frauen aus der DDR zu Wort, wie die frühere LPG-Vorsitzende Solveig Leo aus Banzkow bei Schwerin. Der Film läuft jetzt im Kino - ein Porträt einer Protagonistin.
"Wir wollen tatkräftige Frauen - und zwar von der Basis bis zur Spitze", sagte einmal Erich Honecker. Frauen in der DDR, so klingt es bei dem Hierarchen, sollten den Männern gleichgestellt sein. Waren sie das auch? Und wie sah ihr Leben aus? In seinem Film "Die Unbeugsamen 2" lenkt Regisseur Torsten Körner den Blick auf die Frauen der DDR, auf die werktätigen Heldinnen. Er ist die Fortsetzung des erfolgreichen Dokumentarfilms "Die Unbeugsamen" über Politikerinnen in der Nachkriegs-BRD.
Bei der Agrarschau in Leipzig abgeworben
Solveig Leo aus Banzkow ist eine dieser Heldinnen. Für sie steht ganz früh fest, was sie einmal werden will. "Ich wollte Viehzuchtbrigadier werden. Das war mein Ziel, weil ich besonders gern mit Tieren Umgang hatte", erzählt sie. Ihre Biografie - außergewöhnlich. Bereits nach der achten Klasse verlässt Leo die Schule. Mit Bestnoten. Macht eine Ausbildung zur Landwirtin, studiert in Weimar an der Fachschule. "Wir haben auf dem Mähdrescher gelernt, da sahst Du abends aus wie einer, der aus der Kohlengrube kommt, so dreckig waren wir."
Bei einer Agrarschau in Leipzig wird der LPG-Vorsitzende Schuster aus Banzkow auf die engagierte junge Studentin aufmerksam, wirbt sie ab. Leo zieht nach Mecklenburg, lernt ihren Mann Martin kennen. "Als ich hier nach Banzkow gekommen bin, haben ja erstmal alle Jungs in unserem Alter Ausschau gehalten, was da wohl gekommen ist aus dem Thüringer Land. Wir haben uns dann beim Sport kennengelernt. Hier wurde ja viel Sport gemacht. Ich habe Handball gespielt, er Fußball und da hat sich das so ergeben", berichtet sie.
LPG-Vorsitzende mit Säugling: "Es ging!"
Nach einem Jahr ist sie Viehzuchtbrigadier und noch vor allen Männern hat sie den Traktorführerschein. Sie soll Schusters Nachfolge als LPG-Vorsitzende antreten. "Ich war schon stolz, dass er überhaupt auf die Idee gekommen ist. Dann kam aber hinderlich dazu, dass ich schwanger wurde." Sie sagte zu Schuster, dass sie denke, sie könne nicht Vorsitzende werden. "'Och', sagte er, 'andere Frauen werden auch schwanger und die können auch arbeiten.' Da dachte ich: 'Da hat er eigentlich Recht.' Unsere Tochter wurde dann im Oktober geboren und im Januar wurde ich LPG-Vorsitzende. Es ging!"
Einzige Frau unter Männern - als Chefin
1968 ist Solveig Leo 24 - und jüngste LPG-Vorsitzende der DDR. Liebt ihren Beruf - und ihre Doppelrolle. "In der Erntezeit war es natürlich manchmal auch Mitternacht bis ich nach Hause gekommen bin, aber mein Mann war ja auch da. Der hatte eigentlich eine relativ geregelte Arbeitszeit. Ich bin zwischendurch auch mal schnell nach Hause, hab geguckt, Abendbrot gemacht. Es war schon alles von Arbeit bestimmt, aber wenn das Spaß macht, dann findet man auch Wege, das alles zu koordinieren."
Im Film spricht Leo - neben den anderen Frauen - über ihren Allltag, die Arbeit als einzige Frau unter vielen Männern - als ihre Chefin. "Das habe ich, glaube ich, auch manchmal genutzt, dass man den Männern da so ein bisschen was einreden konnte - als Frau eher, als wenn es ein Mann gemacht hätte. Mit Männern zusammen zu arbeiten, dass hat immer Spaß gemacht."
Die Wende war Rieseneinschnitt
Leo ist 28 als sie mit dem Titel Heldin der Arbeit geehrt wird, und als später die DDR-Landwirtschaft immer weiter zentralisiert wird, ist sie Vorsitzende der AIV, der Agrar Industrie Vereinigung Lewitz. Zwölf LPGs gehören dazu, drei volkseigene Güter - 31.000 Hektar Land - und 62.000 Rinder.
"Dann kam die Wende. Das war ein Rieseneinschnitt - von heute auf morgen. Ich musste meine ganzen Kollegen entlassen. Das ist mir sehr, sehr schwer gefallen, aber es blieb uns ja nichts anderes übrig. Für den Moment war das furchtbar." Sie selbst findet danach weitere Jobs, arbeitet bis zur Rente in einem Landwirtschaftsbetrieb als Bereichsleiterin für Feldwirtschaft - allein als Frau mit 20 Männern. "Ich finde, man muss das als Mensch sehen, wie man mit Menschen umgeht. 'Der Ton macht die Musik', sagt man ja immer."
"Das verkraftet nicht jeder Mann"
Solveig Leo ist übrigens immer noch verheiratet mit Martin. "Ich könnte mir vorstellen, dass er manchmal auch gedacht hat, es wäre besser gewesen, ich wäre zu Hause geblieben. Die Männer auf dem Land haben ja auch ihre Vorstellungen von dem, was eine Frau macht. Das Familienleben musste sich nach mir richten. Das verkraftet auch nicht jeder Mann, aber wir haben schon goldene Hochzeit gehabt, also insofern hat das alles dann trotzdem funktioniert."