"Die Machtmaschine" - Wie Facebook und Co. Demokratien gefährden
Die ARD Dokumentation "Die Machtmaschine" untersucht, welche Rolle Facebook und Social Media bei der Verbreitung von Verschwörungsmythen spielen.
Facebook, TikTok, Instagram - dass es hier nicht nur um ein neues Duckface oder hübsch arrangierte Fotos vom letzten Restaurantbesuch geht, das wissen wir längst. Nur irgendwie arrangiert man sich eben doch mit all den Risiken und Nebenwirkungen unserer Sozialen Medien, trotz Hate Speech, Verschwörungsmythen und all der Lügen und dem ganzen Geplapper weit unter der verbalen Gürtellinie. Die Wucht dieses Mediums ist so groß, dass manche User plötzlich in andere Welten abdriften, sich abkapseln und gar nicht mehr empfänglich sind für andere Meinungen oder sachliche Argumente. Eine neue ARD Dokumentation mit Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung geht nun dem ganzen auf den Grund. Sie heißt die "Machtmaschine - wie Facebook und Co. Demokratien gefährden".
Facebook: Werkzeug für Manipulationen
Mark Zuckerberg hatte mit seinemSozialen Netzwerk Facebook Großes vor, die ganze Welt an einem Tag zu vernetzen. Doch sein Vorhaben hat auch Kehrseiten. Populisten benutzen Facebook und andere Soziale Netzwerke als Werkzeug für Manipulationen mit verheerenden Folgen in der realen Welt. Wie Anfang des Jahres als Rechtspopulisten das Regierungsviertel der brasilianischen Hauptstadt stürmten - ein Dejà-vu.
2021, hatten Trump-Anhänger das US-Kapitol angegriffen. Bei beiden Ereignissen wurde die Stimmung online angeheizt, auch auf Facebook. "Wenn wir Computern erlauben, uns zu steuern, dann sehen wir nicht mehr die ganze Welt. Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt, und das treibt uns immer weiter auseinander", erklärt Whistleblowerin Frances Haugen. Als Mitarbeiterin des Konzerns Meta, zu dem Facebook, Instagram und WhatsApp gehören, hatte sie 20.000 interne Dokumente gesammelt und sie vor knapp zwei Jahren öffentlich gemacht.
Whistleblowerin Haugen: Konzern weiß von Gefahren
Die Datenwissenschaftlerin Haugen sagt, der Konzern wisse von den Gefahren seiner Netzwerke, doch er unternehme oft zu wenig dagegen. Der Tech-Riese stelle Profit über die Sicherheit der Nutzer, so Haugen. Meta weist diese Vorwürfe zurück. Konzernsprecher Klaus Gorny: "Das Thema der Desinformationskampagnen ist für uns im Sicherheitsbereich natürlich ganz wichtig. Wir beschäftigen insgesamt 40.000 Menschen weltweit. Wir haben alleine letztes Jahr fünf Milliarden US Dollar in den Bereich Sicherheit investiert."
Facebook hat hundert Gruppen und Accounts als problematisch identifiziert, aber nicht gesperrt
WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung hatten damals das Haugen-League ausgewertet und nun eine neue Datenanalyse gemacht. Sie zeigt: Facebook hatte mehr als hundert Gruppen und Accounts, die es damals selbst als problematisch identifiziert hatte, auch nach mehr als einem Jahr immer noch nicht gesperrt oder gelöscht. Obwohl das Unternehmen seit langem von ihnen wusste. Meta äußert sich nicht konkret dazu. Wichtig ist dieses Beispiel, weil es dabei um Lügen und Hass geht. Politikberater Johannes Hillje: "Lügen sind in der Regel emotionaler als Fakten, und das heißt eben auch, das Lügen eine bessere Chance auf Aufmerksamkeit haben als Fakten."
Meta sagt, dass problematische Inhalte nicht im Interesse des Konzerns seien. Sprecher Klaus Gorny betont: "Algorithmus ist ein wichtiges Funktionsmerkmal auf den Plattformen Facebook und Instagram. Wir sehen, das ein Großteil der Menschen unsere Dienste tatsächlich für Inhalte von Freunden und Familien nutzt, um sich auszutauschen und um ein gutes Erlebnis zu haben. Denn sonst würden die Menschen auch nicht wiederkommen."
Europa: Algorithmen sollen Forschern zugänglich gemacht werden
Die Algorithmen sollen künftig Forschern zugänglich gemacht werden, zumindest in Europa. So sieht es eine der Regelungen vor, die die EU im sogenannten Digital Services Act jüngst verabschiedet hat. Für Kritiker Christopher Wylie geht das nicht weit genug. Wylie wurde 2018 als Whistleblower der Datenfirma Cambridge Analytica bekannt. Die Firma soll Facebook-Daten für politische Meinungsmache verwendet haben, etwa beim Brexit. Wylie fordert eine Art Sicherheitstest für Soziale Netzwerke im Vorhinein. "Ich muss die Sicherheit eines Kühlschranks oder eines Toasters testen, bevor ich ihn verkaufen darf. Wie kann es also sein, dass eine Plattform Algorithmen verwenden kann, die überall Desinformationen verbreiten, ohne sie vorher zu testen?" Doch so weit geht derzeit noch niemand.
Die Dokumentation "Machtmaschine - wie Facebook und Co. Demokratien gefährden" war am 7. März im Ersten zu sehen und steht in der ARD-Mediathek.