Berlinale: Französische Tagesklinik-Doku holt Goldenen Bären
Bei der Preisgala der Berlinale hat der Franzose Nicolas Philibert am Sonnabend den Goldenen Bären die Psychiatrie-Doku "Sur l'Adamant" erhalten. Christian Petzold gewann den Großen Preis der Jury.
19 Filme konkurrierten an zehn Festivaltagen um den Goldenen und die Silbernen Bären. Am Sonnabend wurden im Berlinale-Palast der Hauptstadt die Preise des Wettbewerbs verliehen. Die Jury unter Vorsitz von US-Schauspielerin Kristen Stewart verlieh überraschend dem Franzosen Nicolas Philibert den Goldenen Bären für seinen Dokumentarfilm "Sur l'Adamant". Dieser erzählt die Geschichte einer schwimmenden Tagesklinik L'Adamant auf der Seine in Paris, wo Menschen mit psychischen Problemen betreut werden.
Dokumentarfilm-Regisseur Nicolas Philibert: "Bin tief bewegt"
"Oft sind die verrücktesten Menschen nicht die, von denen wir denken, die verrücktesten zu sein", sagte Regisseur Nicolas Philibert bei der Dankesrede und fragte die Jury scherzhaft als Erstes, als er den Goldenen Bären in den Händen hielt: "Sind Sie verrückt oder was? Ich bin ganz bewegt". Dass ein Dokumentarfilm als rechtmäßige Kinokunst gelte, berühre ihn tief, so der Regisseur. "Ich wollte mit dem Film zeigen, was uns alle verbindet".
Ostseefilm "Roter Himmel" von Petzold: Großer Preis der Jury
Deutschland war mit fünf Filmen im Wettbewerb vertreten. Einer davon war Christian Petzolds neues Drama "Roter Himmel" mit Paula Beer, Matthias Brandt und Thomas Schubert: ein tragikomisches Beziehungsstück um einen Schriftsteller mit Schreibblockade. Er erhielt den Großen Preis der Jury.
Der zum Großteil im norddeutschen Mecklenburg, unter anderem in Wustrow und in Kühlungsborn, gedrehte Film erzähle mit "großer Eleganz und Präzision" von scheinbaren Alltagssituationen, urteilte die Jury. "Ich bin glücklich, geehrt. Ich bedanke mich sehr bei der Jury, bei den fantastischen Schauspielern, mit denen ich den Sommer verbracht habe", sagte der erfreute Regisseur Petzold. Er erinnerte an den vor Kurzem verstorbenen spanischen Meisterregisseur Carlos Saura, der ihm ein Vorbild gewesen sei.
Achtjährige Spanierin schreibt Berlinale-Filmgeschichte
Der Silbernen Bären für die beste Regie ging an den Franzosen Philippe Garrel für sein Familiendrama "Le grand chariot". Den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle holte die erst achtjährige Spanierin Sofía Otero in "20.000 especies de abejas". Sie stand für den Film zum ersten Mal für die Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren vor der Kamera - als ein Junge auf der Suche nach seiner wahren Identität als Mädchen. Sie gilt nun als jüngste Preisträgerin eines Berlinale-Bären in der 73-jährigen Geschichte der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Für die beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle wurde Thea Ehre in Christoph Hochhäuslers Kriminalfilm "Bis ans Ende der Nacht" ausgezeichnet. Die deutsche Regisseurin und Autorin Angela Schanelek erhielt den Silbernen Bären für das beste Drehbuch. Ihr Film "Music" erzählt eine Abwandlung der Tragödie des Ödipus in einem Roadmovie von Griechenland bis nach Berlin. Einige der Szenen spielen dabei unmittelbar auf dem Potsdamer Platz, der Heimat der Berlinale.
Goldener Ehrenbär für Steven Spielberg
Bereits am Mittwoch hatte der US-Produzent und Regisseur Steven Spielberg den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk in Berlin entgegengenommen. Bei der Preisverleihung betonte er, er verdanke dem deutschen Kino viel und sei von Friedrich Wilhelm Murnau, Ernst Lubitsch, Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog, Margarethe von Trotta und Wim Wenders inspiriert worden. Der irische Musiker Bono von U2 hatte die Laudatio auf die Hollywood-Größe gehalten und Spielberg als "meisterlichen Geschichtenerzähler" gewürdigt. 2022 siegte das Familiendrama "Alcarràs" der Katalanin Carla Simón bei der Berlinale. Alle weiteren Preise der 73. Filmfestspiele Berlin finden Sie auf hier.