Agentur Rollenfang vermittelt Schauspielende mit Behinderung
Geringe Zuverdienstmöglichkeiten von Menschen aus Werkstätten und Begegnungsängte am Set: Wolfgang Janßen von der inklusiven Schauspielagentur Rollenfang spricht im Interview über die Lage von Schauspielenden mit Behinderung.
Premiere: Abgesagt! Die Schauspielerin Alina Buschmann, die eine Behinderung hat, sollte für eine Produktion am Staatstheater Braunschweig fest angestellt werden. Dies hätte für sie aber bedeutet, dass ihr an anderer Stelle Hilfen gestrichen worden wären - was offenbar ein strukturelles Problem ist.
Auf welche weiteren Schwierigkeiten stoßen Schauspielerinnen und Schauspieler mit Behinderung? Dazu ein Interview mit Wolfgang Janßen von der Berliner Agentur "Rollenfang", die Menschen mit Behinderung für Filmproduktionen vermittelt.
Herr Janßen, welche arbeitsrechtlichen Probleme begegnen Ihnen bei der täglichen Arbeit?
Wolfgang Janßen: Es gibt Schauspielende mit Beeinträchtigung oder mit Behinderung, die in Werkstätten mit Behinderung organisiert sind oder zumindest einen Job dort haben. Und in diesen Fällen ist es ein Problem der Vergütung. Vertragliche Probleme gibt es in der Regel nicht.
Welche Möglichkeiten haben Sie, diese Probleme zu lösen?
Janßen: Eigentlich gar keine. Die Zuverdienstmöglichkeiten von Schauspielenden mit Behinderung, in Werkstätten mit Behinderungen arbeiten, sind einfach sehr begrenzt. Und das ist im Prinzip ja auch richtig. Denn wenn man Unterstützung vom Staat bekommt für eine bestimmte Leistung und man selbst etwas zum Einkommen beiträgt, ist es legitim, dass der Staat einen Anteil hat. Nur sind die Grenzwerte viel zu gering.
Ist es nicht auch demotivierend für die Schauspielenden, wenn die Diskriminierung auf der Leinwand unter der Bühne dann glücklicherweise nicht mehr so stark präsent ist, sie an diesem Punkt aber trotzdem wieder benachteiligt sind?
Janßen: Zu einem großen Teil schon. Aber die Freude und die Motivation, dass sie die Leistung, Kreativität und Vielfältigkeit ihrer künstlerischen Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren können, ist größer als die Motivation, viel Geld damit zu verdienen. Außerdem ist es ja nicht bei allen Kolleginnen und Kollegen so. Etwa 50 Prozent der Schauspielenden, die meine Agentur Rollenfang vertritt, sind nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Sie sind freie Künstlerinnen und Künstler, arbeiten in anderen Bereichen. Damit ist das Einkommen nicht zu beschneiden und dann auch ähnlich hoch wie bei Schauspielenden ohne Behinderung.
Was sind allgemein die großen Herausforderungen in Ihrer Agentur?
Janßen: Es ist immer noch so, dass Produzierende Begegnungsängste haben gegenüber Schauspielenden mit Behinderung. Immer wieder wird gesagt: Wir haben noch nicht mit den Kollegen gearbeitet, wie machen wir das? Wie ist es, wenn ein Rollstuhlfahrer zum Beispiel ein Behindertenklo haben muss? Müssen wir dafür sorgen? Wie kann man das organisieren? Wir bieten den Produzierenden ein Tandem an, sodass immer ein Coach den Schauspielenden begleitet und am Set Ansprechpartner ist für seine Belange. Gleichzeitig ist der Coach eine Vertrauensperson für den Schauspieler, der neu ans Set kommt. Dort herrscht ja ein hartes Tempo - und um die Sicherheit für die Produzierenden zu garantieren, ist das ein guter Weg, der dann oft auch zum Erfolg führt, sodass es ein Engagement geben kann.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.