Symbolbild: Eine Person hält eine Klappe an einem Filmset © picture alliance / Geisler-Fotopress | Jens Krick/Geisler-Fotopress
Symbolbild: Eine Person hält eine Klappe an einem Filmset © picture alliance / Geisler-Fotopress | Jens Krick/Geisler-Fotopress
Symbolbild: Eine Person hält eine Klappe an einem Filmset © picture alliance / Geisler-Fotopress | Jens Krick/Geisler-Fotopress
AUDIO: Agentur Rollenfang vermittelt Schauspielende mit Behinderung (4 Min)

Agentur Rollenfang vermittelt Schauspielende mit Behinderung

Stand: 13.03.2024 12:21 Uhr

Geringe Zuverdienstmöglichkeiten von Menschen aus Werkstätten und Begegnungsängte am Set: Wolfgang Janßen von der inklusiven Schauspielagentur Rollenfang spricht im Interview über die Lage von Schauspielenden mit Behinderung.

Premiere: Abgesagt! Die Schauspielerin Alina Buschmann, die eine Behinderung hat, sollte für eine Produktion am Staatstheater Braunschweig fest angestellt werden. Dies hätte für sie aber bedeutet, dass ihr an anderer Stelle Hilfen gestrichen worden wären - was offenbar ein strukturelles Problem ist. 

Auf welche weiteren Schwierigkeiten stoßen Schauspielerinnen und Schauspieler mit Behinderung? Dazu ein Interview mit Wolfgang Janßen von der Berliner Agentur "Rollenfang", die Menschen mit Behinderung für Filmproduktionen vermittelt. 

Herr Janßen, welche arbeitsrechtlichen Probleme begegnen Ihnen bei der täglichen Arbeit?

 Wolfgang Janßen: Es gibt Schauspielende mit Beeinträchtigung oder mit Behinderung, die in Werkstätten mit Behinderung organisiert sind oder zumindest einen Job dort haben. Und in diesen Fällen ist es ein Problem der Vergütung. Vertragliche Probleme gibt es in der Regel nicht. 

Welche Möglichkeiten haben Sie, diese Probleme zu lösen?

Janßen: Eigentlich gar keine. Die Zuverdienstmöglichkeiten von Schauspielenden mit Behinderung, in Werkstätten mit Behinderungen arbeiten, sind einfach sehr begrenzt. Und das ist im Prinzip ja auch richtig. Denn wenn man Unterstützung vom Staat bekommt für eine bestimmte Leistung und man selbst etwas zum Einkommen beiträgt, ist es legitim, dass der Staat einen Anteil hat. Nur sind die Grenzwerte viel zu gering. 

Ist es nicht auch demotivierend für die Schauspielenden, wenn die Diskriminierung auf der Leinwand unter der Bühne dann glücklicherweise nicht mehr so stark präsent ist, sie an diesem Punkt aber trotzdem wieder benachteiligt sind?

Janßen: Zu einem großen Teil schon. Aber die Freude und die Motivation, dass sie die Leistung, Kreativität und Vielfältigkeit ihrer künstlerischen Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren können, ist größer als die Motivation, viel Geld damit zu verdienen. Außerdem ist es ja nicht bei allen Kolleginnen und Kollegen so. Etwa 50 Prozent der Schauspielenden, die meine Agentur Rollenfang vertritt, sind nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Sie sind freie Künstlerinnen und Künstler, arbeiten in anderen Bereichen. Damit ist das Einkommen nicht zu beschneiden und dann auch ähnlich hoch wie bei Schauspielenden ohne Behinderung.

Was sind allgemein die großen Herausforderungen in Ihrer Agentur?

Janßen: Es ist immer noch so, dass Produzierende Begegnungsängste haben gegenüber Schauspielenden mit Behinderung. Immer wieder wird gesagt: Wir haben noch nicht mit den Kollegen gearbeitet, wie machen wir das? Wie ist es, wenn ein Rollstuhlfahrer zum Beispiel ein Behindertenklo haben muss? Müssen wir dafür sorgen? Wie kann man das organisieren? Wir bieten den Produzierenden ein Tandem an, sodass immer ein Coach den Schauspielenden begleitet und am Set Ansprechpartner ist für seine Belange. Gleichzeitig ist der Coach eine Vertrauensperson für den Schauspieler, der neu ans Set kommt. Dort herrscht ja ein hartes Tempo - und um die Sicherheit für die Produzierenden zu garantieren, ist das ein guter Weg, der dann oft auch zum Erfolg führt, sodass es ein Engagement geben kann.

Das Gespräch führte Philipp Schmid.

Weitere Informationen
Alina Buschmann im Porträt © picture alliance / dts-Agentur

Abgesagtes Stück: "Staatstheater hat mich nicht ernst genommen"

Das Staatstheater Braunschweig bietet vorübergehende Festanstellungen - für die beeinträchtigte Schauspielerin Alina Buschmann keine Option. mehr

Schwerbehinderten Parkplatz vor Museum © NDR.de Foto: Mathias Heller

Tag der Menschen mit Behinderungen: Hamburger Kultureinrichtungen im Test

Wie sieht die Barrierefreiheit in Hamburger Museen, Kinos oder Theatern wirklich aus? Ein Selbstversuch bei ausgewählten Einrichtungen. mehr

Ein Mädchen sitzt in einem Rollstuhl und schaut auf dem Spielplatz einem anderen Kind beim Spielen zu. © Colourbox Foto: #282776

Inklusion und Teilhabe - Wie kann das gelingen?

Menschen mit Behinderung mitten in der Gesellschaft - das meint Inklusion. Wo steht Deutschland beim Thema Teilhabe? mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 13.03.2024 | 07:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Menschen mit Behinderung

Spielfilm

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur sucht Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Zwei Gladiatoren in einer Arena im Lederoutfit kämpfen miteinander - Szene mit Paul Mescal (links) und Pedro Pascal aus "Gladiator II" von Ridley Scott © Paramount Pictures Germany

Filme 2024: Diese Highlights kommen im Herbst

Bis Weihnachten locken Blockbuster wie "Gladiator 2" und "Konklave" von Edward Berger ins Kino. Auch von Nora Fingscheidt und Andreas Dresen gibt es Neues. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Zwei blonde Schauspielerinnen, eine in einem schwarzen Kleid und die andere in einem weißen, sitzen auf einer Bühne. © Axel Biewer

"Für mich soll's rote Rosen regnen" erzählt Lebensgeschichte der Knef

Das Stück an der Landesbühne Nord in Wilhelmshaven setzt auf zwei Darstellerinnen, die Hildegard Knef in unterschiedlichem Alter spielen. mehr