"Richard III.": Uraufführung zur Spielzeiteröffnung in Hannover
Wie wird ein Mensch zum machthungrigen Monster? Diese Frage wirft William Shakespeare mit seiner Tragödie "Richard III." auf. Am Schauspiel Hannover hat die Neubearbeitung von Michel Decar Freitag Premiere gefeiert.
Schockierende Momente gibt es viele in diesem Stück. Leichen säumen Richards Weg auf den Thron. Ein abgetrennter Kopf wird ihm und seiner Frau Anne zum Essen auf einem Silbertablett angeboten, ein Diener fällt tot um, weil er den vergifteten Wein vorkosten musste, die Ehefrau liegt am Ende selbst blutbesudelt am Boden.
Stella Hilb verkörpert den machtgetriebenen Richard III. emotionslos und nüchtern. Gereizt an der Rolle hat sie "natürlich das Böse", sagt sie, "dass ich die Fäden in der Hand habe, die Figuren lenken kann, die pure Kontrolle haben kann - wie man es im Privaten auch gern mal hätte, aber nie hat. Die Grenzen auszutesten, wie weit man gehen kann. Auf der Bühne kann man sehr weit gehen."
Ein manipulativer Narzisst, mit dem man sich identifizieren kann
Richard geht sehr weit. Als Kind nicht geliebt, als Erwachsener nicht begehrt, ist er ein Narzisst, der nach Anerkennung sucht - mit dem unbedingten Willen, König zu werden: Er will nach ganz oben. Dabei verstellt er sich geschickt, je nachdem, wen er gerade manipulieren will. Ein Stoff, bei dem sich viele Parallelen zur Gegenwart ziehen lassen: In vielen Ländern haben Despoten derzeit Oberwasser, ihre Häscher üben sich in der Kunst des Täuschens und Betrügens im digitalen Raum.
Regisseur Matthias Rippert interessiert jedoch eine andere Perspektive: "Natürlich erkenne ich berühmt-berüchtigte Personen in der großen Politik wieder, aber ich glaube, ich erkenne mich auch selbst wieder. Das ist meiner Meinung nach immer das Spannendere, als wenn ich einfach abnicken kann: Ja, die da oben sind ganz schrecklich, es gibt böse Menschen auf der Welt. Ich glaube, wenn man beim Gucken irgendwo einen Zipfel von sich selbst erwischt, haben wir vielleicht etwas erreicht."
Reduzierung auf Richards Familie
Für den kaltblütigen Richard hat der Bühnenbildner Fabian Liszt einen mächtigen Raum erschaffen: hohe, dunkel vertäfelte Wände, ein langer Tisch, ein Thron mit hoher Lehne. Die vielen Rollen des Originals hat Michel Decar, der sich auch als Hörspielautor schon einen Namen gemacht hat, auf sieben reduziert. Dabei steht die Kernfamilie und ihr Auseinanderbrechen im Zentrum.
Dass Richard dabei von Stella Hilb - von einer Frau - gespielt wird, spielt für Matthias Rippert keine besondere Rolle: "Wir haben Stella nicht besetzt, weil sie eine Frau ist, sondern weil wir dachten, dass sie ein guter Richard wäre. Ich habe Stella in 'Was ihr wollt' in einer sehr tollen Hosenrolle als Malvolio gesehen. Das hat mich sehr beeindruckt. Deswegen schien es mir relativ naheliegend, dass das kein Problem ist. Es wirft mir gar keine Fragen auf."
Die psychologische Ebene von "Richard III."
Verstört spielt Prinz Edu seinem Onkel Richard am Ende etwas auf seinem Glockenspiel vor. Nicht weit entfernt liegt seine tote Tante am Boden. Die Musik von Robert Pawliczek verstärkt das Gefühl von Unsicherheit und Grauen. Dieser "Richard III." amSchauspiel Hannoverist als Kammerspiel angelegt - eine Inszenierung, die die Wahrnehmung auf die psychologische Ebene dieser Tragödie lenken wird.
"Richard III.": Uraufführung zur Spielzeiteröffnung in Hannover
Wie wird ein Mensch zum machthungrigen Monster? Die Neubearbeitung des Shakespeare-Stücks hat Freitag in Hannover Premiere gefeiert
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Schauspiel Hannover
Prinzenstraße 9
30159 Hannover - Preis:
- ab 16,50 Euro, ermäßigt ab 5 Euro