"Echo 72. Israel in München": Kampf und Wettkampf
"Echo 72 Israel in München" heißt ein Auftragswerk der Staatsoper Hannover, das gestern uraufgeführt wurde. Durch die Terroranschläge der Hamas hat es neue, traurige Aktualität erhalten. Flankiert wird es durch eine Veranstaltungsreihe.
Es gibt viel Rhythmik in dieser Oper. Kein Wunder, der Schweizer Komponist Michael Wertmüller ist selbst Schlagzeuger. Das Orchester des Niedersächsischen Staatsorchesters hat er mit einem Trio aus seiner Heimat verstärkt. Steamboat Switzerland verbindet Jazz, Rock und Metal mit zeitgenössischer, komponierter Musik. Neben Bass und Schlagzeug gehört auch eine Hammond-Orgel zum Trio.
Ein Rahmenprogramm beschäftigt sich mit den Hintergründen
Für Regisseurin Lydia Steier ist es eine willkommene Erweiterung: "Diese Musik hat eine Komplexität, die für normale Orchestermusiker wirklich kaum vorstellbar ist. Die Hammond-Orgel kommt mir immer ganz kirchennah vor, denn das war natürlich konzipiert für Kirchen, die sich keine Pfeifenorgel leisten konnten."
Und sie ist das Instrument der beginnenden 70er-Jahre, in die die Anschläge auf die Olympischen Spiele von München fallen. Elf Menschen der israelischen Delegation werden damals durch palästinensische Terroristen getötet. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel 2023 ist der Konflikt erneut entfacht. Im Rahmenprogramm der neuen Oper wird nach den Hintergründen gefragt - mit einer Lesung, Spielbergs Film "München" von 2005 und Gesprächsformaten, unter anderem mit dem Terrorismusexperten Peter R. Neumann und der Islamwissenschaftlerin Lamy Kaddor.
Libretto von Roland Schimmelpfennig
Intendantin Laura Berman geht es dabei durchaus auch um einen Blick in die Welt der Palästinenser: "Ich stelle fest: In der Gesellschaft weiß man viel zu wenig über diesen Aspekt der Geschichte in Palästina - was da vor der Gründung Israels war, was da alles passiert ist. Und ich finde, wenn wir über diese Situation, den Staat Israel heute in der Welt, reden wollen, dann müssen wir uns gut informieren über die Vergangenheit und damit auch auseinandersetzen."
Eine intuitivere Ebene bietet die Musik. In der Oper wird das Geschehen von einst ins Museum platziert. Mit Sportlerinnen und Sportlern in Vitrinen, mit einem lauter und schneller werdenden Puls und einem Libretto von Roland Schimmelpfennig, der jüngst in Hamburg mit seinem Antikenzyklus Erfolge feierte. Kampf und Wettkampf stellt er in "Echo 72" einander gegenüber.
Corinna Harfouch als fiktive Nachrichtensprecherin
"Dadurch steht sehr stark der Begriff Kampf im Mittelpunkt, Nationalismus schwingt natürlich mit, wenn es um die Olympiade geht. Aber es geht dann auch um Besessenheit", so Berman. "So eine extreme Fixierung, eine Besessenheit, bei der es um Perfektionismus geht, darum zu gewinnen - und diese Gegenüberstellung, was es seelisch von Sportlern in einer Olympiade und dem terroristischen Akt braucht."
Die Klage bekommt eine eigene Stimme in der Oper. Corinna Harfouch ist als fiktive Nachrichtensprecherin im Video zu sehen, die die realen Umstände des Terroranschlags von 1972 verliest: Nahostkonflikt, Terrorismus und Erinnerungskultur auf und neben der Bühne der Staatsoper Hannover.
"Echo 72. Israel in München": Kampf und Wettkampf
"Echo 72 Israel in München" heißt ein Auftragswerk der Staatsoper Hannover, das Uraufführung gefeiert hat.
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Staatsoper Hannover
Opernplatz 1
3015 Hannover - E-Mail:
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