von Jens Büchsenmann

Es muss eine Sternstunde des Theaters gewesen sein, denn als die Hauptfigur Natsuko vorn an der Rampe steht und ins Publikum hinein ruft: "Jetzt noch mal alle die Hand heben, die Kinder haben oder die welche wollen, und warum?", da lachen viele. An diesem Tag streicht sich die Hauptdarstellerin über den Bauch, verkündet, dass sie tatsächlich auch schwanger sei - großer spontaner Beifall für Maike Knirsch.

"Wenn ich da mit Babybauch stehe, bietet sich an zu sagen: Leute, ich bin schwanger. Als wir das Stück geprobt haben, war ich es noch nicht, aber jetzt bin ich schwanger", erzählt Knirsch. "Mal gucken, wo die Reise hingeht. Ich glaube, dass das Stück völlig anders wird, wenn da eine Schwangere steht - bei einer Figur, die überlegt, ob sie schwanger sein will. Das ist ein ganz schöner Moment."

Sich schwanger wohlfühlen auf der Bühne

Alle freuen sich, feiern die angehende Mutter - und dann fängt die Leiterin der Kostümabteilung, Ann-Katrin Mohr, an zu denken, wie sie sagt. Sie greift tief in den Fundus ihres Handwerks: "Die Frau ist schwanger. Das können wir nicht verleugnen - und die Frau ja auch nicht. Es geht uns in erster Linie darum, es für die betreffende Frau gut zu machen. Sie muss sich gut fühlen auf der Bühne. Sie darf sich nicht ausgestellt fühlen. Wir appellieren auch an die Frauen, dass sie sich regelmäßig bei uns melden und sagen: 'Du pass mal auf, ich glaube, ich habe gerade wieder einen Schub gemacht - wir müssen das Kostüm noch mal anpassen."

Schauspielerin Maike Knirsch ist aktuell in der 27. Schwangerschaftswoche, fast im siebten Monat. Das Natürlichste auf der Welt - eigentlich. "Man wird die ganze Zeit angestarrt. Klar, das ist der Beruf. Aber wenn man so etwas Intimes zeigt, bedeutet das schon etwas anderes. Ich merke: Das ist das Leben und es gehört dazu, aber irgendwie gehört das hier nicht hin. Willst du das überhaupt, Baby, dass ich dich hier so zeige? Gleichzeitig weiß ich, man kann so einen schwangeren Körper sehen. Ich finde, wenn ich das sehe, dass es eine krasse Anziehung hat. Ich schaue die Schwangeren auf der Bühne selber so an und denke: wow, Wahnsinn!"

Babyboom am Thalia Theater

In der hellen und regelrecht kuscheligen Kostümabteilung holt Gewandmeisterin Angela Spannhake immer wieder neue Kostüme hervor: "Da ist ein Kleid von Maike, ein Jersey-Kleid, das ihr auch weiterhin gut passen wird. Zum Glück ist das ein Modell, das schwangerschaftsgeeignet ist. Bei dem Modell hier mussten wir an der Seite etwas einsetzen, weil es zu eng wurde und nicht mehr zu ging. Da ist nach unten ein bisschen weit geschnitten, also auch vorteilhaft."

Maike Knirsch hatte am Anfang ihrer Schwangerschaft ein schlechtes Gewissen, weil sie den einfühlsamen Frauen in der Kostümabteilung so viel Arbeit machen würde. Eine Sorge, die die Gewandmeisterinnen ihr schnell genommen haben: "Unsere Spielerinnen sind in vielen Produktionen drin. Das heißt, wir müssen sie engmaschig begleiten und zwar schon ab dem dritten, vierten Monat. Das ist sehr individuell, wie die Frauen sich fühlen und wie die Schwangerschaft verläuft. Bei einigen sieht man erstmal gar nichts, bei einigen sieht man es sehr schnell. Manche nehmen im Umfang zu, andere kriegen nur einen Bauch. Wir müssen da in einem geschützten Rahmen zusammenarbeiten."

Zu diesem geschützten Rahmen trägt auch die Betriebsärztin bei. Sie behält Stichtage und Mutterschutz im Auge und was die Schauspielerin alles auf der Bühne anstellen kann und darf, und wie lange - Maike Knirsch und die anderen Schwangeren im Haus. "Irgendwie ist hier gerade der totale Babyboom ausgebrochen - totaler Wahnsinn. Das ist total toll, Kolleginnen zu haben, denen es auch so geht. Hier am Haus ist es schon sehr kinderreich. Viele Kolleginnen haben Kinder und das ist echt toll."

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