Lessingtage 2025: So war das Auftaktwochenende
"Fantasies of another life" ist in diesem Jahr das Motto der Lessingtage am Hamburger Thalia Theater. Am Eröffnungswochenende ging es um "Utopien für ein Zusammenleben". Eine bildgewaltige Performance gab es als Deutschlandpremiere.
Carte blanche habe er Antje Boetius gegeben, sagte Joachim Lux, jede Freiheit, die offizielle Eröffnungsrede so zu gestalten, wie sie es wolle. Und deshalb war alles ein bisschen anders als in den Jahren zuvor. Keine lange Rede, stattdessen ein vergleichsweise kurzer Einblick in die Arbeit der Meeresbiologin, Gespräche mit Gästen, Gedichte von Lessing und: Boetius ließ sich Musikwünsche erfüllen.
Gleich zu Beginn sang Jochen Wiegandt die "Ballade von den Seeräubern". "Das ist ein Lied, das mir am Anfang meines Lebens, als kleines Kind in der Badewanne das Tor zur Welt, zu Hamburg und den Piraten und Blankenese und allem geöffnet hat", erzählt Antje Boetius.
Vormittag steht im Zeichen der Natur
Ernst die Lage, heiter der Ton, so ließe sich dieser Vormittag zusammenfassen. Denn natürlich ging es um den Klimawandel oder, so der Meteorologe und Wetter-Moderator Özden Terli im Gespräch mit Antje Boetius, die "globale Erhitzung". Plastisch erläuterte der Biologie Uwe Westphal, welche Auswirkungen die auf die Tier-, insbesondere die heimische Vogelwelt hat.
Die Stimmung trübte sich trotzdem kaum ein, da Westphal auch ein begnadeter Tierstimmenimitator ist und lässig den Bogen zu Lessing schlug. Die Rufe von Kiebitz und Bekassine dürfte der Dichter und Dramatiker, so Westphal tirilierend damals in Hamburg auf jeden Fall gehört haben, die der Amsel hingegen nicht, meint der Biologe. Sie kam erst später aus dem Wald in die Städte. Klar formulierte Westphal seine Botschaft: "Wir können Leuchtturm sein. Je finsterer es um uns wird, umso heller scheint unser Licht."
Deutschlandpremiere "Works and days“ von FC Bergman
Kultursenator Carsten Brosda verband in seiner gewohnt klugen und unterhaltsamen Rede Donald Trump und Gotthold Ephraim Lessing, der wie andere Denker der Aufklärung überzeugt davon gewesen sei, dass "öffentlicher Vernunft-Gebrauch" eine "Gesellschafts-verbessernde Aktivität" sein könne. Brosda zitierte aus "Emilia Galotti": "Wer über gewisse Dinge seinen Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren."
Wie wollen wir leben, wie können wir uns wieder in Einklang mit der Natur bringen? Darauf schaute auch das belgische Kollektiv FC Bergman in seiner bildgewaltigen Performance "Works and days“. Archaisches Leben, der Kreislauf von Leben und Tod, die Frage nach Ursprung und Fortschritt stehen im Zentrum dieses mitreißenden Abends, der am Wochenende bei dem Festival Deutschlandpremiere hatte. Worte fallen keine, FC Bergman setzt ganz auf Körper, Bild und Musik. "Ich mag Theater, wo nicht gesprochen wird sehr gerne", sagt ein Besucher nach der Vorstellung, "und es waren sehr starke Bilder und starke Stimmung - das fand ich richtig gut." Am Ende des Eröffnungsprogramms schwärmte das Publikum in Gruppen aus, um verschiedene Umwelt- und Kulturprojekte und -Initiativen kennenzulernen. Ein gelungener Festivalauftakt.