"La Clemenza di Tito" in Hamburg: Der Funke springt nicht über
"La Clemenza di Tito" ist Mozarts letzte Oper. Sie führt mitten hinein in die Intrigen im römischen Kaiserreich. Jetzt hat die Oper, die Mozart der Legende nach in nur 18 Tagen komponierte, in der Hamburger Staatsoper Premiere gefeiert.
Drama, Sturm aufs Kapitol, Intrigen, ein schwacher Herrscher: Nein, wir sind nicht in Washington im Jahr 2021, sondern wir sind in der Welt Wolfgang Amadeus Mozarts, in seiner letzten Oper, "La Clemenza di Tito". Komponiert aus Anlass einer Krönung. Und sie spielt im alten Rom. Leider steht schon im Titel, wie sie ausgeht. Die "Milde", also "la Clemenza" Kaiser Titos: Er überlebt eine Palastintrige, am Ende verzeiht er allen.
Begeisternde Musik, magere Handlung
Viel Begeisterung für die Musik, allerdings: Die Handlung der Oper ist mager - salopp gesprochen, ein Propagandawerk zur Huldigung der neuen Herrschaft. Und leider, leider spürt man das: Die Edlen sind besonders edel, die Bösen werden geläutert, es brennt ein Stuhl, huch. Regisseurin Jetske Mijnssen liefert in ihrer blutleeren Inszenierung leider keine Gründe, wieso die Oper heute noch Relevanz hat. Trotz Sturm aufs Kapitol ...
Elegant anzugucken, ja, aber langweilig und farblos, das trifft es. Natürlich, Mozarts Musik ist streckenweise wundervoll. Großartig singt vor allem Michèle Losier als Kapitol-Brandstifter Sesto. Überzeugen kann auch Kangmin Justin Kim als Annio, engster Freund Sestos. Strahlend sein Countertenor, absolut glaubhaft sein psychologisches Spiel. Doch unter Adam Fischers musikalischer Leitung springt der Funke nicht über. Das klaustrophobische Bühnenbild zeigt einen hohen Saal der Macht, die Kostüme sind heutig, Kaiser trägt Schlips.
Was bedeutet ideales Herrschertum in Zeiten kriselnder Demokratien?
Schon während der Ouvertüre wird gefeiert. Diese etwas aufgesetzte Partystimmung wird nicht lange halten, bald wird sie von den Zwängen der Macht erdrückt. Die Inszenierung hat sich vorgenommen, die blasse Oper mit viel Psychologie aufzuladen - da wird sich im Arm gehalten, man wirft sich weinend zu Boden, rollt die Augen. Es wird alles bebildert mit dramatischen Gesten. Der Chor überagiert pantomimisch. Keine Konzentration, kaum Fokus.
Vor allem aber: wieso diese Oper, wieso heute? Gründe wären vorhanden. Was bedeutet heute, in Zeiten kriselnder Demokratien, ideales Herrschertum? Einen Moment gibt es, ganz zum Schluss, da steht plötzlich die Zeit still. Da kommt Kaiser Tito zwischen dem Chor hervor - als einer unter vielen - und der Chor stimmt seinen Gesang an, voller Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Eine Utopie.
Leider endet das Ganze in albernem Herumgefuchtle mit Pistole und mit einer sehr kitschigen Baum-Pflanzszene. Brechung, doppelte Böden, gar ein Hauch Gegenwart? Mozarts galantes Propagandawerk ist hier ein musikalisches Gemälde ohne Dynamik und Tiefe.
"La Clemenza di Tito" in Hamburg: Der Funke springt nicht über
"La Clemenza di Tito" ist Mozarts letzte Oper. Nun hat sie in der Hamburger Staatsoper Premiere gefeiert.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Staatsoper Hamburg
Große Theaterstraße 25
20354 Hamburg
- Kartenverkauf:
- https://www.staatsoper-hamburg.de/de/spielplan/stueck-termine.php?AuffNr=210238#pagenav