Devid Striesow und Roland Schimmelpfennig über "Ödipus" am Schauspielhaus
Das Deutsche Schauspielhaus zeigt in fünf Stücken den Aufstieg und Fall der Stadt Theben. Mit "Ödipus" hat am Freitagabend der dritte Teil seine Premiere in Hamburg gefeiert. Für den Dramaturgen Roland Schimmelpfennig war die Bearbeitung der Tragödie eine große Herausforderung.
Nach dem Tod von König Laios hat dessen Schwager Kreon die Herrschaft in Theben übernommen. Doch eine Sphinx lauert in der Nähe von Theben und tötet alle Menschen, die ihr Rätsel nicht lösen können. Kreon verspricht demjenigen den Thron, der die Stadt von der Sphinx befreit. Ödipus, dem gerade prophezeit worden ist, dass er seinen Vater töten und seine Mutter heiraten wird, löst das Rätsel der Sphinx und erhält zum Dank für seinen Triumph die Herrschaft in Theben. Zunächst prosperiert die Stadt unter seiner Regentschaft. Doch unwissend schlittert er immer tiefer in sein Schicksal hinein.
Devid Striesow: "Unglaublicher Kraftakt, den zu spielen"
"Obwohl Ödipus versucht, nach dem Sieg über die Sphinx das Land mit klarem Verstand zu leiten, den aufklärerischen Gedanken und der freien Rede ihren Lauf zu lassen, hat er die Züge eines Tyrannen", schildert Devid Striesow im Interview mit dem Hamburger Abendblatt. "Darstellerisch ist das ein unglaublicher Kraftakt, den zu spielen. Der geht durch so viele emotionale Zustände und Erkenntniszustände, dass man da sehr sortiert auf die Bühne gehen muss." Und auch Dramaturg Roland Schimmelpfennig schildert im Gespräch mit NDR Kultur: "Die Figuren erscheinen manchmal so, als ob sie Argumente vortragen, aber es sind hochemotionale Figuren."
Das Rationale wird bei "Ödipus" infrage gestellt
Das scheinbar Rationale, das Vernunftbasierte, wird in dem Stück infrage gestellt. Ist es richtig, das Irrationale komplett aus der Politik zu verbannen, sich die Natur zu unterwerfen und die Götter zu töten? Haben wir den Selbstzerstörungstrieb des Menschen und die Potenz von Gewalt unterschätzt? "Meine Texte sind nicht so geschrieben, dass sie eine geschlossene psychologische Behauptung aufstellen - wie in den Stückwelten von Ibsen oder Tschechow", erklärt der Dramaturg. "Bei mir ist es häufig so, dass ich eine Frage aufmache und mit dem Publikum gemeinsam die Geschichte verhandele."
Dramaturg Roland Schimmelpfennig hat die griechische Tragödie mit zeitgenössischen Fragen verknüpft. "Es wäre falsch gewesen in einer Klassik zu verharren. Der Verweis auf das Jetzt ist wichtig, auch um die Brücke zum Publikum zu schlagen", meint der Dramaturg. Der Ödipus ist immer auch eine Auseinandersetzung mit Machtfragen und wie Macht einen Menschen verändert. "Es hat, wie bei Sophokles üblich, auch diesen Schnitt durch die Gesellschaft. Es geht von oben nach unten und von unten nach oben."
Roland Schimmelpfennig: "Ödipus schüchtert einen ein"
Während der Corona-Pandemie hat Schimmelpfennig mit der Arbeit an dem Antikenzyklus begonnen, knapp zwei Jahre an den fünf Stücken und dem Prolog geschrieben. "Ödipus" war das Stück, an dem er als erstes gearbeitet hat - auch weil es für ihn die größte Herausforderung darstellte. "Ödipus schüchtert einen ein. Das ist der absolute Grundstein allen westlichen Theaters", schildert Schimmelpfennig. Die Stücke von Sophokles zählen mit denen von Aischylos und Euripides zu den ältesten überlieferten Tragödien. Bis heute nimmt Ödipus in Literatur, Philosophie und Psychologie eine zentrale Rolle ein.
"Das Stück ist sprachlich ausgesprochen komplex und hat mir auch aufgrund des Umfangs Sorgen gemacht", schildert Schimmelpfennig die Schwierigkeiten bei der Bearbeitung. Er griff vor allem auf die lineare Übersetzung von Friedrich Hölderlin zurück. "Da versteht man kein Wort, wenn man das liest - also ich zumindest nicht", sagt er schmunzelnd. "Das Ganze wird bei der Bearbeitung zu so einer Art dreidimensionalem Schachspiel. Da raucht einem schon der Kopf." Nur eines stand von Beginn an fest: "Egal welche Variante man in der Begegnung mit diesen griechischen Stoffen wählt - es wird immer schrecklich enden."
Devid Striesow und Roland Schimmelpfennig über "Ödipus" am Schauspielhaus
Devid Striesow spielt die Hauptrolle im "Ödipus". Für den Dramaturgen Roland Schimmelpfennig das schwierigste Stück.
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Deutsches Schauspielhaus
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