Münchner Lach- und Schießgesellschaft in Hamburg: Ohne Aktualität und Biss
Die Münchner Lach- und Schießgesellschaft gehört zur großen Kabarett-Kultur in Deutschland. Eigentlich in München zu Hause, gastierte das Ensemble mit ihrem neuesten Programm "Abgespeckt" im Hamburger Alma Hoppes Lustspielhaus.
Was ist los im Kurort Bad Guttkopp? Der Gletscher über dem Ort schmilzt in Rekordtempo, sein Wasser droht das Bergtal zu überfluten. Liegt es etwa am Saunabetrieb hoch oben im Luxushotel mit Infinity Pool? Der ist noch dazu mit Flüssiggas gefüllt, genug Energie, um dem Klima ordentlich einzuheizen. Drei wohlstandsverwahrloste Saunabenutzer blicken mit neureicher Herablassung auf das Treiben der abgehängten Mittelschicht hinunter.
Abbild der Welt: Oben wird geprasst, unten gedarbt
Schnell wird klar, Bad Guttkopp ist ein Abbild unserer Welt. Oben wird geprasst, unten wird gedarbt und ein bisschen gegen den Klimawandel geklebt. "Ich fand alle drei ganz gut", sagt eine Besucherin im Anschluss. Die Drei, das sind Sebastian Fritz, Christl Sittenauer und Frank Klötgen. Sie bilden das verwandlungsfreudige Trio und das neue Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
Es gibt natürlich immer ein paar Hitzköpfe, die uns die Harmonie und Entspannung hier oben neiden, aber man gewöhnt sich dran. Ich persönlich höre das Gemaule mittlerweile ganz gerne, für mich ist es sozusagen der Soundtrack von Bad Guttkopp. Szene aus dem Programm "Abgespeckt"
"Abgespeckt": Einstudiertes und durchinszeniertes Theaterstück
Natürlich ist es ein bisschen unfair, immer an früher zu erinnern, aber das Programm mit den Altmeistern Dieter Hildebrandt, Bruno Jonas, Jochen Busse und Co. war deutlich schärfer, lässiger, aufs schönste bayerisch jovialer. "Ich hätte", so ein Besucher danach, "ein bisschen mehr Bissigkeit erwartet. Ich kenne ja noch die Münchner Lach- und Schießgesellschaft von früher, die waren bissiger, die waren politischer, und das fehlte mir ein bisschen."
Der Lach- und Schießgesellschaft 2.0 ist leider das Pulver nass geworden. Mit ihrem neuen Programm "Abgespeckt" spielen die drei ein fest einstudiertes und durchinszeniertes Theaterstück. Das Ganze ist schnell auserzählt. Und Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos treten noch als gewieftes Räubertrio auf, die mit Schiller-artigen Versen ihre Strategien verkaufen. Die Drei schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen. Als aasige Waffenhändler oder gebräunte Pharma-Chefinnen sitzen sie in der Sauna, blicken staunend ins Tal und bringen Allgemeinplätze.
"Dann, würd ich sagen, legen wir gleich los mit unserem berühmten 90er-Jahre-Aufguss."
"Was ist denn ein 90er-Jahre-Aufguss?"
"Dat is original verbleites Superbenzin, 98er Spätlese verfeinert mit nem Hauch Autoduftbaum Vanille."
Statt Krisen-Thermometer bunter Klischee-Stadel
Natürlich macht es Spaß zuzusehen, wie hier dauerironisch das Gehabe der Privilegierten mit Münchner-Bussi-Bussi-Manier aufs Korn genommen wird. Nur, das Ganze schläfert ein, und man stellt sich die Frage: Was hat das mit heute zu tun? Eine Woche vor den Wahlen? Hier und heute? Was wirklich fehlt, sind Aktualität und Biss. Statt messerscharfem Krisen-Thermometer gab es einen bunten Klischee-Stadel.