Nach fast 30 Jahren: LOT-Theater Braunschweig schließt
Keine guten Nachrichten für die Kulturszene in Braunschweig: Das freie LOT-Theater stellt dauerhaft den Betrieb ein. Das löst viel Bedauern aus - über die Grenzen der Stadt hinaus. Die Hintergründe.
Das Braunschweiger LOT-Theater stellt ab sofort wegen Insolvenz den Betrieb ein. "Trotz vielfältiger Bemühungen konnte in der Kürze der Zeit kein vollständiges Sanierungskonzept erstellt werden", so das Theater. 1996 gegründet, war das LOT fast 30 Jahre lang eine der wichtigsten Spiel- und Produktionsstätten für die freie Theaterszene in Niedersachsen und ein wichtiger Erprobungsort für Studierende der Hochschule Bildender Künste in Braunschweig. 2021 wurde das Produktionshaus mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet. Jan Wiedemann mit den Hintergründen und Reaktionen.
Warum muss das Theater schließen?
Jan Wiedemann: Hintergrund ist, dass die "Freie Spielstätten Braunschweig gGmbH" (FSB) Ende Februar Insolvenz angemeldet hat. Die steht hinter dem Theater, kümmert sich um Organisation, Technik, Bühnen und Co. Vor etwa drei Wochen hat dann auch das Theater selbst Insolvenz angemeldet. Seitdem hat man wohl mit Förderern verhandelt, ob es noch irgendwie einen Rettungsplan geben kann. Das alles ist so auf der Homepage des Theaters zu lesen - in einem Statement, das offenbar von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt. Da heißt es dann: "Leider konnten diese Gespräche das verlorene Vertrauen in die Leitung des LOT-Theaters und der FSB nicht wiederherstellen." Und weiter: "Ein wirtschaftlicher Spielbetrieb ohne finanzielle Förderung ist für keinen (freien) Kulturbetrieb möglich."
Was bedeutet diese Schließung jetzt?
Wiedemann: Ganz konkret natürlich erstmal, dass jetzt Menschen ihren Job verlieren. Es bedeutet aber eben auch, dass der Braunschweiger Kulturlandschaft ein wichtiger Baustein verloren geht: Eines der bekannten Theater der Stadt, neben - natürlich - dem "Staatstheater Braunschweig" und zum Beispiel auch der "Komödie am Altstadtmarkt". Eins, das diese Kulturlandschaft fast drei Jahrzehnte lang geprägt hat. Ein Haus, das vor drei Jahren mit dem "Theaterpreis des Bundes" ausgezeichnet wurde. Dazu ist es auch ein Haus mit besonderer Rolle: Es war beispielsweise - wie es in dem Statement heißt - wesentlicher Bestandteil der Ausbildung von Studierenden der "Hochschule für Bildende Künste", für sie oft auch Experimentierfläche für erste Schritte ihrer beruflichen Laufbahn.
Welche Reaktionen gibt es?
Wiedemann: Das bundesweite "Netzwerk freier Theater" hat sich am Wochenende geäußert, es schreibt: "Das ist ein schwerer Schlag für die Freien Darstellenden Künste in Niedersachsen und darüber hinaus. Das LOT-Theater hat sich in den letzten Jahren zu einer wichtigen Plattform der Szene in Norddeutschland entwickelt. Insbesondere die Arbeit im Bereich von Inklusion und Zugänglichkeit war dabei wegweisend im Ökosystem der Freien Darstellenden Künste."
Bei Facebook hat sich unter anderem auch das freie "Theater an der Glocksee" aus Hannover geäußert - man sei schockiert und traurig. Und überhaupt haben sich dort viele Menschen zu Wort gemeldet - aus dem Publikum und aus der Branche selbst: Ein Choreograf schreibt, dass das LOT-Theater vor allem für die Entwicklung der Tanzszene in der ganzen Region sehr wichtig war - und jetzt eine große Lücke hinterlässt. Eine Frau spricht von einem "Albtraum". Ein anderer Nutzer ruft die freie Szene auf, sich jetzt "in Szene" zu setzen: Öffentlich, sichtbar und laut.
Und auch das erwähnte "Netzwerk freier Theater" will die Schließung offensichtlich nicht so hinnehmen - und fordert "die Kulturpolitik in Stadt und Land dringend auf, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsame Lösungen zu suchen, den Freien Darstellenden Küsten in Braunschweig und Niedersachsen eine Perspektive zu bieten."
Das Gespräch führte Philipp Schmid.