Stefanie Reinsperger: Das Theater ist ihr Leben
Schon im Kindergartenalter stand die junge Österreicherin auf der Bühne. Bis heute spielt Stefanie Reinsperger leidenschaftlich Theater. Darüber hat sie ein Buch geschrieben. Bei NDR Kultur à la carte verrät sie ihren Weg auf die Bühne.
Reinsperger auf der Bühne zu erleben, ist ein Ereignis: Energiegeladen, mal wütend, mal rasend, dann wieder ganz zart und verletzlich. Diese Wechsel gehen auch sehr schnell. Seit 2022 ist die Schauspielerin auch im Dortmunder "Tatort" als Hauptkommissarin Rosa Herzog zu sehen, inzwischen ist sie kommissarische Leiterin der Mordkommission. Eine Alternative zu diesem Beruf gab es für die 1988 in Österreich geborene Schauspielerin nie. Und seit 2017 ist sie fest am Berliner Ensemble engagiert. Bei NDR Kultur à la carte spricht sie über ihr Buch und ihren Lebensweg. Einen Auszug des Gesprächs lesen Sie hier.
Du hast ein Buch geschrieben, indem du erzählst, wie du eigentlich zum Theater gekommen bist. Das war nämlich schon mit drei oder vier Jahren.
Stefanie Reinsperger: Das Buch heißt "Ganz schön wütend" und stellt sich dem Thema Wut, weibliche Wut und ist ein Appell, unsere Wut zu umarmen. Meine Lieblingswut ist natürlich die Spielwut. Ich habe als Kind wahnsinnig gerne gebrüllt, wahnsinnig lang, laut und anstrengend für alle. Meine Eltern haben mich schreien lassen. Ein Mann hatte uns dann mal eine Visitenkarte von einem Theater gegeben, das nannte sich Unicorn Theatre London. Er meinte, ich hätte sehr viel Fantasie und so viel Energie, die müsse irgendwohin. Es gab keine Medikamente und keine Tabletten, sondern es gab diese Kinder-Krabbel-Theatergruppe. Und dann sind zwei wundervolle Dinge passiert: Das Theater hat mich nie wieder losgelassen. Und: dass ich dann so ausgeglichen war, dass ich zum Glück kein Einzelkind geblieben bin, sondern meine wundervolle Schwester bekommen habe.
Das heißt, du hast seit deiner Kindheit auch nie aufgehört zu spielen?
Reinsperger: Nein, nie. Wir waren in London, dann sind wir von London nach Biedermannsdorf zurückgezogen. Was herausfordernd war, denn ich habe mich gefragt, wo ich in Biedermannsdorf Theater spielen kann. Biedermannsdorf ist ein kleiner Ort in Niederösterreich bei Wien. Meine Eltern haben wirklich alles in Bewegung gesetzt, und haben mich in Biedermannsdorf von der Schule abgeholt, dann zu einer Bahnstation gebracht, wo ich immer 40 Minuten nach Wien gefahren bin. In der Bahn habe ich meine Hausaufgaben gemacht und in Wien sechs Stunden Improvisationstheater gespielt. Anschließend bin ich glücklich nach Hause gekommen. Ich wurde schon immer sehr gefördert, und es wurde alles getan, dass ich das weitermachen kann. Ich habe nie wieder aufgehört.
Trotzdem war es in der Folge auch nicht immer leicht für dich.
Reinsperger: Dieser Beruf ist nicht leicht. Dieser Beruf ist sehr hart. Dieser Beruf ist oft etwas anderes, als was wir sehen. Dieser Beruf ist nicht nur roter Teppich, tolle Premieren und dieses Hochglanz-Gefühl, was vermittelt wird. Dieser Beruf ist ein hartes Studium, er ist geprägt von Selbstzweifel, Ablehnung, Castings, die nicht klappen, von Regisseurinnen und Regisseuren, die nicht mit dir arbeiten wollen und von Stücken, die du nicht spielen kannst. Und der Beruf ist erfüllt von den tollsten, verrücktesten Menschen, die ich mir nur wünschen könnte. Das muss man auch sein für das, was wir tagtäglich aufführen. Was dieser Beruf vor allem nicht ist, und das ist ebenso Fluch und Segen finde ich, das ist Stillstand. Er ist immer in Bewegung, du weißt nicht genau, ob hoch oder runter.
Das Gespräch führte Katja Weise.