Komödie spielen im Krieg: Das Lesi Theater in Lwiw
Dmytro Zakhozhenko ist der leitende Regisseur am Lesi Theater im ukrainischen Lwiw. Aktuell steht mit "Die Vögel" von Aristophanes eine Komödie auf dem Spielplan. Zakhozhenko erklärt, warum das jetzt der richtige Zeitpunkt ist.
Am Lesi Theater in Lwiw läuft der Theaterbetrieb - auch wenn das für die Beteiligten angesichts der Umstände durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht leicht ist. Wenige Monate nach Beginn des Krieges wurde der Spielbetrieb am Lesi Theater wieder aufgenommen. Regisseur Dmytro Zakhozhenko spricht im Interview mit NDR Kultur über die besonderen Herausforderungen, warum er aktuell eine Komödie gewählt hat und erinnert eindringlich daran, welche katastrophalen Auswirkungen der Krieg auch auf Ökologie und Klima hat.
Woran arbeiten Sie gerade, welchen Stoff wählen Sie in Zeiten wie diesen aus?
Dmytro Zakhozhenko: Wir versuchen in unseren Stücken herüber zu bringen, was uns gerade bewegt: die neue Realität, in der wir leben. Für die jetzt kommende Premiere haben wir uns "Die Vögel" von Aristophanes ausgesucht, das ist eine Komödie. Ich dachte, das hier ist jetzt eine gute Zeit für eine Komödie - oder zumindest dafür, wieder damit anzufangen, Komödien aufzuführen.
Was hat Sie dazu gebracht, eine Komödie, ein lustiges Stück auf die Bühne zu bringen?
Zakhozhenko: Die Idee kam mir, als ich neulich beim Europäischen Theater Forum in Polen war. Eines der Themen bei dieser Veranstaltung war der ökologische Fußabdruck von Theatern. Also diskutierten wir darüber und in diesem Moment dachte ich wirklich: Das ist eine Komödie. Ich meine, wir reden und reden über Kostüme und so weiter - über Dinge, die nichts bedeuten! Jeder weitere Tag des russischen Krieges gegen die Ukraine ist schädlicher für das Klima als alles andere! Das habe ich auch versucht, beim Europäischen Theater Forum deutlich zu machen, aber das wollte dort niemand hören. Da dachte ich, es wäre ein guter Moment, jetzt am Theater über die Situation hier zu sprechen, am Beispiel von Aristophanes' "Die Vögel". Denn was gerade in der Ukraine passiert an Klimakatastrophen durch den Krieg, hat einen Einfluss - nicht nur auf die Ukraine, sondern auf die ganze Welt.
Wir haben gehört, dass die Region rund um Lwiw vor wenigen Tagen angegriffen wurde. Wie nehmen Sie die Situation vor Ort wahr?
Zakhozhenko: Oh ja, in den vergangenen Wochen ist die Stimmung hier immer intensiver geworden, ängstlicher. Es ist recht schwer, unter diesen Umständen zu arbeiten. Ich wohne im Zentrum von Lwiw und habe von den Angriffen nichts mitbekommen. Die müssen also irgendwo außerhalb von Lwiw gewesen sein. Ich hatte eine ruhige Nacht, aber von unserem Team habe ich anderes gehört.
Sie arbeiten nach wie vor am Lesi Theater, haben den Spielbetrieb einige Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wieder aufgenommen. Wie geht es Ihnen? Wie schaffen Sie und ihr Team es, weiterzumachen?
Zakhozhenko: Naja, es sind jetzt mehr als zwei Jahre, in denen wir uns im Krieg befinden. Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt. Alle wissen, dass es irgendwie weitergehen muss. Wir haben am Sonntag eine Premiere, davor steht noch viel Arbeit an. Alle sind gut beschäftigt. Aber ja, natürlich ist es schwer. Manchmal ist es auch so, dass unsere Schauspielerinnen und Schauspieler hier morgens ankommen und erst einmal gar nicht spielen können. Ja, es ist hart.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.
Wer das Ensemble des Lesi Theaters live erleben möchte, hat dazu im April Gelegenheit. Am 12. April wird im Düsseldorfer D'haus beim Theaterfestival "Fokus Ukraine: Europäisches Theaterfestival. 777 Tage", das Stück "146 stars visible with the naked eyes" - ein post-dokumentarisches Musical - unter der Regie von Dmytro Zakhozhenko aufgeführt.