"Epilog": Neumeiers letztes Werk als Ballettchef begeistert
Mit der Uraufführung von "Epilog" sind am Sonntag die 49. Hamburger Ballett-Tage gestartet. Es ist das letzte Werk von John Neumeier als Ballettchef in Hamburg. Ein besonderer Abend, mit besonderen Gästen.
Der Abend beginnt still. Fast fünf Minuten lang kein Ton. Eine hohe, hölzerne Hauswand steht auf der Bühne. Eine Kulisse von hinten. Davor ein Stuhl. Einsamkeit schleicht aus jedem Winkel. Aus den Tiefen der Bühne taucht ein Tänzer auf - wie nach einer Vorstellung. Langsam kommt er näher. Einsamkeit schleicht aus jedem Winkel. "Die Ruhe, in die er das Publikum teilweise gezwungen hat, fand ich echt berührend. Ich habe Gänsehaut", sagt eine Besucherin.
Dann endlich Musik: Franz Schubert - zart und einnehmend spielt der französische Pianist David Fray. Zusammen mit den Tänzern und Tänzerinnen holt er das Publikum auf eine Reise durch ein Leben. Die letzte Kreation John Neumeiers als Intendant für das Hamburg Ballett ist vielleicht eine seiner persönlichsten, seiner intimsten.
Es geht um Trost und Träume
Unterschiedliche Tänzer scheinen uns durch eine Lebensgeschichte zu führen. Melancholisch, und stets ringend mit sich und ihren Begegnungen. Der heimische Küchentisch hinter einem durchsichtigen Vorhang signalisiert immer wieder "Heimweh". Es geht um Trost und Träume. Die Liebe zum Tanz, zur Musik und zum "Mensch sein" kommt aus jeder Ecke dieser Choreografie.
"Es war unfassbar - es gab immer was zu gucken auf der Bühne – es war so artistisch."
"Ne Menge Neumeier, das war sehr schön fand ich."
"Sehr emotional. Man merkt, dass er seine Gefühle für diese Stück 'Epilog' wirklich ausgedrückt hat."
Reaktionen aus dem Publikum
Ein seltener Ballettgast: Corny Littmann
Schubert, Richard Strauss und Simon & Garfunkel haben John Neumeier zu diesem besonderen Abend inspiriert. Wegbegleiter sozusagen. "Es war eine beeindruckende Inszenierung. Und man hat ja gemerkt durch den minutenlangen stehenden Applaus danach, wie John Neumeier und Hamburg zusammengehören", sagt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda. Natürlich war das keine Premiere wie jede andere: Im Publikum war nicht nur der Kultursenator, der sich schon von Amts wegen immer wieder hier einfindet, oder Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs, die bekennender Neumeier-Fan ist. In goldenem, glitzerndem Jacket war diesmal auch Schmidt-Theater Chef Corny Littmann. Er sei kein Ballett-Spezialist, aber: "Es ist sehr schön, es ist sehr ästhetisch. Es ist schön, den Menschen beim Tanzen zuzugucken. Und die Musik finde ich auch schön", sagt Littmann.
173 Ballette hat John Neumeier in seiner über 50-jährigen Karriere geschaffen. Noch 14 Tage - bis zur XXL Nijinsky Gala - dann ist der Abschied als Intendant wirklich besiegelt. Eine Ära geht dann zu Ende. Doch was bleibt sind seine Stücke, seine Ballett-Kunstsammlung und sein Leuchten über Hamburg hinaus. Vielleicht war der Abschiedsschmerz auch deshalb erträglich. John Neumeier selbst fühlte sich an diesem Abend übrigens ebenfalls "nicht unglücklich".