Spargutachten veröffentlicht: Theater Lüneburg in großer Not
Das Lüneburger Theater ist ein Drei-Spartenhaus mit Schauspielensemble, Orchester und Ballettensemble. Das kommt sehr gut an, ist aber auch sehr teuer. Ein Gutachten zeigt Sparmöglichkeiten auf - jetzt erstmals mit konkreten Zahlen.
Ernste Gesichter bei Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch und Lüneburgs Landrat Jens Böther. Die Ausgangssituation ist allen bekannt: Das Defizit des kommunalen Theaters wird immer größer: In der laufenden Spielzeit beläuft es sich auf 1,3 Mio Euro, bis zum Jahr 2027 wird es auf jährlich 2,2 Mio Euro anwachsen.
Alle Spar-Szenarien tun weh
Drei Spar-Szenarien hat eine Beraterfirma daher erarbeitet: Entweder das Orchester reduzieren, das Orchester ganz abschaffen oder die gesamte Musiksparte abschaffen. Alle drei tun weh, sagt Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch. "Jede Maßnahme wird eine Änderung bedeuten. Klar ist aber auch, wir müssen einen gesunden Betrieb sicherstellen. Das ist unser gemeinsames Ziel und jetzt gilt es politisch abzuwägen, wie wir da am besten hinkommen." Das Gutachten zeigt eindeutig, dass keine Misswirtschaft am Theater das Finanzloch gerissen hat, im Gegenteil: Die Zahlen bescheinigen, dass das Theater nicht nur deutlich besser besucht ist als vergleichbare Häuser, es erwirtschaftet auch deutlich mehr Geld.
Intendant Hajo Fouquet sagt klar, wer seiner Meinung nach für das Finanzdefizit verantwortlich ist. "Es liegt daran, dass seit endlosen Jahren von den Trägern, aber auch vom Land Niedersachsen Tarifsteigerungen immer wieder nicht oder nur in sehr geringem Umfang übernommen wurden. So etwas ist wie Zins und Zinseszins. Eine Tarifsteigerung, die einmal nicht übernommen wurde, zahle ich in zehn Jahren ja immer noch." Deswegen drohten jetzt diese harten Einschnitte.
Theater ohne Musiksparte: für die Intendanz unvorstellbar
Doch ein Theater ohne Musiksparte, das kann sich Friedrich von Mansberg, Chefdramaturg und ab kommender Spielzeit neuer Intendant am Lüneburger Theater, nicht vorstellen. Denn in der Vergangenheit sei besonders eine Art von Produktionen besonders attraktiv gewesen. "Das waren die Produktionen, wo wir mit mehreren Sparten zusammengearbeitet haben, wo wir Kunst gemacht haben mit Schauspiel, mit Tanztheater und mit Musiktheater. Daraus lässt sich ablesen, welche Attraktivität das Haus verliert, wenn das nicht mehr möglich ist."
Von Mansberg bleibt trotz des ernüchternden Gutachtens optimistisch. Denn das Gutachten habe noch etwas anderes gezeigt. Demnach fallen auch immense Kosten an, wenn das Orchester reduziert oder ganz abgeschafft wird. Die Gutachter rechnen mit Abfindungen für die Musiker in Millionenhöhe. "Das lässt mich insgesamt hoffen, dass ich als der zukünftige Intendant eine Chance bekomme, in der jetzigen Struktur weiterzuarbeiten, und ein Konzept zu entwickeln, wie dieses Haus in Zukunft stabil aufgestellt werden kann."
Hoffen auf viertes Szenario
Der aktuelle Theaterintendant Hajo Fouquet hofft auf eine Variante vier: Darauf, dass Stadt und Landkreis Lüneburg doch noch tiefer in die Tasche greifen, damit das Theater als Drei-Spartenhaus erhalten bleiben kann. "Ich bin fest davon überzeugt, dass es notwendig ist, dass das Theater so weiterbesteht," betont Fouquet, "weil ich glaube, dass es für Kultur in dieser Stadt - auch für die menschliche Kultur - etwas unheimlich Wichtiges ist, als ein Ort der Begegnung und der Auseinandersetzung. Wenn der wegfällt, fehlt etwas."
Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch macht jedoch kaum Hoffnung, dass es so kommen könnte. "Die aktuelle finanzielle Situation in Stadt und Landkreis ist sehr angespannt. Die Kommunen melden, dass sie ihren Herausforderungen kaum noch nachkommen können. Sehr realistisch sieht es nicht aus."
Theater Lüneburg droht Insolvenz
Die Zeit drängt. Bis zum Jahresende müssen Stadt und Landkreis Lüneburg entscheiden, wie es mit dem Theater Lüneburg weitergeht, denn sonst droht die Insolvenz des Theaters.