"Ministerium für Einsamkeit": Bedrückende Bilder mit viel Energie
"New Hamburg": Diese Theaterreihe des Deutschen Schauspielhauses verwandelt die Immanuelkirche auf der Veddel in einen interaktiven und spannenden Theaterort. Jetzt wird er kurzzeitig zu einem "Ministerium für Einsamkeit".
Diese Jugendlichen sind der Hammer: Mit Basecaps und in Trainingsanzügen performen sie vor und in einem Schaufenster auf der Veddel, sie bewegen sich zu kraftvollen Beats, setzen sich Tiermasken auf - und: stellen die richtigen Fragen:
"Ich frage dich noch einmal: Bin ich einsam, wenn meine Mutter mir mein Handy wegnimmt, bin ich einsam, wenn die vom Immanuel-Stieg mal wieder Ärger machen, und bin ich einsam, wenn ich nicht weiß, wer ich bin? Zitat aus "Ministerium für Einsamkeit"
Einsamkeit im Netz, Einsamkeit in der Masse an Bildern, an Klicks, Einsamkeit, wenn ein Herzchen-Emoji in einer Nachricht fehlt. Die Einsamkeit, man traut sie diesen Jugendlichen kaum zu, sie kann so federleicht klingen - und doch tonnenschwer sein. Die Jugendlichen treten in einem Video auf und stürmen dann in Echtzeit, analog, von der Seite heran. Was für eine Power.
"Ich fühle mich so einsam in dieser Welt. Es ist als ob ich in einer Traumwelt leben würde, in der wirklich niemand da ist." Zitat aus "Ministerium für Einsamkeit"
Das Deutsche Schauspielhaus zu Besuch auf der Veddel
Es ist das Highlight des Theaterabends, hier in der Reihe "New Hamburg". Wenn man mit dem Deutschen Schauspielhaus auf der Veddel, in der Immanuelkirche, ist, weiß man schon: rote Samtsitze und feine Abendgarderobe sind hier null gefragt. Hier kommt ein Stadtteil zu Wort, der oft kein Gehör findet. Das macht fast jedes Stück zu einem Abenteuer.
Regie führt diesmal Peter Kastenmüller. Schauspielerin Bettina Stucky begrüßt als Politikerin das Publikum:
"Hier hauste die Einsamkeit und deshalb gründen wir gerade hier, heute, in einem Modell, das Ministerium für Einsamkeit." Zitat aus "Ministerium für Einsamkeit"
"Ministerium für Einsamkeit" an drei Orten
Fiktion? Nicht ganz. Denn etwas Ähnliches gibt es tatsächlich seit einigen Jahren in Großbritannien. Es tut Not, Millionen sind betroffen. Einsamkeit macht krank.
"Die blaue Gruppe folgt mir bitte in das Referat acht!" Zitat aus "Ministerium für Einsamkeit"
Drei Gruppen werden an verschiedene Orte geführt, zu sogenannten "Referaten" des neuen Ministeriums. Eines ist in der Kirche selbst - von der Empore sieht man hinunter ins Kirchenschiff, in zwei karge Zimmer hinein, wie in ein schwedisches Möbelgeschäft, in dem Schauspieler Lars Rudolph einen einsamen Menschen verkörpert. Seine Mutter ruft an, er brät sich Eier, er greift zur Trompete - sein Gesicht liegt in Trauerfalten.
Ein Theaterabend mit Höhen und Tiefen
Es sind bedrückende Bilder. Wir, das Publikum, gucken in ein Labor des Alleinseins. Dann geht es hinaus ins Viertel. Man trifft auf die Jugendlichen, auf Douaae, Fatemeh, Holly Tamina, auf Jin, Jonas, Sinem, Tung Trung: Ihre Energie, ihre Kraft steckt an.
"Einsamkeit macht krank, Herz-Kreislauf, Biochemie, Psyche, es geht alles kaputt." Zitat aus "Ministerium für Einsamkeit"
Die letzte Station ist der AWO Seniorentreff. Jan-Peter Kampwirth vom Schauspielhaus spielt - in gedeckten Farben und Gesundheitsschuhen - einen Professor, der viel Theoretisches über das Thema verzapft. Etwas spröde, dieser Teil, viel Neues erfährt man nicht. Inhaltlich schwächelt der Abend leider.
Einsamkeit überwinden mit Hilfe des Theaters
Am Schluss landen alle drei Führungen wieder in der Immanuelkirche. Und dann füllt sich der Saal mit den Menschen, die im Viertel leben und etwas sagen wollen. Man begreift: Theater ermächtigt, zu sich selbst zu stehen. Theater kann helfen, Einsamkeit zu überwinden.
"Ministerium für Einsamkeit": Bedrückende Bilder mit viel Energie
Das Deutsche Schauspielhaus verwandelt die Immanuelkirche auf der Veddel in einen interaktiven und spannenden Theaterort.
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- Bühne
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Immanuelkirche und andere Orte
Hamburg - Telefon:
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- E-Mail:
- kartenservice@schauspielhaus.de
- Preis:
- Pay what you can
- Kartenverkauf:
- Bei den Abenden gilt: Pay what you can / Reservieren Sie Ihre Karten unter 040.248713 oder per Mail an kartenservice@schauspielhaus.de
- Hinweis:
- Die Einnahmen gehen zu 100 % an die Ukraine-Hilfe von Hanseatic Help e. V.
Der Zugänge zu den Spielorten sind barrierefrei, mit der Einschränkung, dass in der Immanuelkirche die Vorstellung nicht von der Empore aus gesehen werden kann, wohl aber vom Kirchenraum aus. Barrierefreie Toiletten gibt es am Spielort AWO.