"Melancholischer Komiker": Zum Tod von Peter Simonischek
Peter Simonischek ist mit 76 Jahren gestorben. Ein Gespräch mit dem Intendanten des Hamburger Thalia Theaters Joachim Lux, der mit dem österreichischen Schauspieler einige Male zusammengearbeitet hat.
Peter Simonischek hatte den "Jedermann" in Salzburg öfter als alle anderen gespielt. Der Theatergigant hat mit den größten Regisseuren und Regisseurinnen gearbeitet. Weltweite Bekanntheit erreichte er in der Rolle des Toni Erdmann in Maren Ades gleichnamigen Film.
Herr Lux, Sie sind 1999, zeitgleich mit Peter Simonischek, ans Wiener Burgtheater gegangen, damals als Mitglied der künstlerischen Direktion. Wie gut kannten Sie ihn persönlich?
Joachim Lux: Wir kannten uns aus vielen gemeinsamen Arbeiten. Wir haben uns aber auch außerhalb der Arbeit sehr geschätzt - oder besser gesagt: ich ihn. Denn er war letztendlich, jenseits allen Startums, ein Mensch, der für das Theater als Ganzes gedacht hat und nie nur für sich selbst. Er hat aus dem Herzen heraus an diesem Theater gearbeitet.
Was war er für ein Schauspieler? Ein Grübler, ein Körperdarsteller, ein Verkörperer? Wie würden Sie ihn beschreiben?
Lux: Für mich ist er schon immer ein melancholischer Komiker gewesen. Ich glaube, das trifft es am besten. Vor meiner Burgtheater-Zeit gab es die berühmte Aufführung "Rue de Lourcine" von Klaus Michael Grüber, eine Sensationsaufführung. Da hat man ihn als melancholischen Komiker gesehen. Das zieht sich durch seine gesamte Berufsbiografie und auch die Rollen, die er am Burgtheater gespielt hat.
In Österreich wird er unglaublich verehrt. Er hat als Jedermann Theatergeschichte geschrieben. Warum haben ihn die Österreicher so geliebt?
Lux: Ich sage Ihnen ein Beispiel: Er hat in unserer Burgtheater-Zeit in dem Stück "Die Zeit der Plancks" einen Sterbenden gespielt, der seine Töchter wie König Lear um sich versammelt hat. Dort hat er der Situation der eigenen Vergänglichkeit die Komik abgerungen. Die Komik ist etwas, das den Tod transzendiert, zugunsten von einem Humor, der größer ist als unser Leben. Das ist das, wofür Peter gestanden hat, und das ist das, wofür die Menschen - und die Österreicher insbesondere - ihn geliebt haben.
Diese Komik blitze auch in "Toni Erdmann" durch, etwa durch seine schiefen Plastikzähne. Er war auch in der legendären deutschsprachigen Erstaufführung von Yasmina Rezas "Kunst" dabei. Gibt es eine Figur von ihm, die Sie besonders mochten?
Lux: Ja, all die genannten. In "Toni Erdmann" zieht sich das zusammen, was wir gerade erwähnt haben, genau wie in "Rue de Lourcine" oder in "Kunst": Diese Art des Tänzelns über der Vergänglichkeit - das ist das, was ihn ausgemacht hat. Das ist einzigartig. Das steht auch in einem seltsamen Widerspruch zu diesem "Baum von Mann", dass er trotzdem tänzelt.
Bei Schiller heißt es: "Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze." Welchen Kranz würden Sie ihm dennoch flechten? Was bleibt von seiner Theaterkunst?
Lux: Man sagt immer, von einem Schauspieler bleibt die Stimme, weil es das einzige ist, was jenseits des Körpers herübergerettet werden kann. Vielleicht ist es seine Stimme, sein weiches und gleichzeitig kraftvolles Sprechen, sein Idiom, das immer etwas Österreichisches und damit auch etwas Weiches hatte.
Das Interview führte Eva Schramm.