Herbert Grönemeyers Musical "Pferd frisst Hut" in Basel
Die Vorlage lieferte Eugène Labiches "Ein Florentinerhut" aus dem Jahr 1851. Herbert Fritsch führt mit teils urkomischen Ideen Regie und Herbert Grönemeyer hat die Songs dazu komponiert. Am Ende bleiben ein paar Fragezeichen.
Der Bühnenvorhang ist noch unten: Da macht die Ouvertüre schon klar: Den typischen Grönemeyer-Sound - oder das, was man gemeinhin dafür hält - gibt es in "Pferd frisst Hut!" zumindest nicht durchgängig zu hören.
Dafür einen bunten Mischmasch aus Broadway, Disney, Rossini – ein bisschen Oper, ein bisschen Operette, ein bisschen Filmmusik – gespielt vom Sinfonieorchester Basel. Ohne Bass, ohne Schlagzeug.
"Pferd frisst Hut" ist eine musikalische Verwechslungskomödie – nach Eugène Labiches Boulevardstück "Ein Florentinerhut" aus dem Jahr 1851. Bearbeitet hat den Stoff Sabrina Zwach.
Wie in Beaumarchais‘ "Figaros Hochzeit" spielt die Handlung vor dem Hintergrund einer geplanten Eheschließung.
Das Pferd eines jungen Privatiers frisst kurz vor dessen Hochzeit den Florentinerhut einer Frau, die sich im Wald mit ihrem Liebhaber vergnügt. Die beiden fordern Ersatz, eine rasante Jagd nach einem Ersatzhut beginnt, bei der dem Bräutigam nicht nur eine ehemalige Geliebte, sondern auch die komplette Familie seiner Zukünftigen im Nacken sitzt.
Handlung ist etwas "Stulle"
Das Ganze ist eine ziemliche Klamotte. Herbert Grönemeyer selbst sagt, die Handlung sei "Stulle". Am Anfang habe er sich auch gewundert, warum Regisseur Herbert Fritsch mit ihm ausgerechnet dieses Stück in Basel auf die Bühne bringen will.
"Wenn man Spaß hat im Theater und sich auch wirklich auf albernes Theater einlassen möchte, dann hat man einen schönen Abend. Das Risiko ist halt, wenn man das nicht möchte, dann sitzt man ein bisschen sprachlos da."
Der Rhythmus war die größte Herausforderung
Herbert Grönemeyer hat für "Pferd frisst Hut" 16 Lieder komponiert. Dazu kommen Instrumentalstücke. Für die Proben war er mehrere Wochen lang in Basel, er sagt, bis zuletzt hätten Regisseur Herbert Fritsch und er gestrichen, gefeilt, angepasst. Die größte Herausforderung sei es gewesen, den richtigen Rhythmus zu finden zwischen der enorm schnellen Handlung und der Musik. Diese soll bewusst für Ruheinseln sorgen.
Auch die Texte für fast alle Lieder hat Grönemeyer verfasst. Diese bringen die Dinge oft sehr deutlich auf den Punkt. Etwa wenn die verkaterte Braut Hélène singt "Das Hirn verfilzt / ein wirrer Knoten / Der Magen glüht / Das Würgen kämpft". Oder wenn es im Lied "Von der Ehe" heißt: "Sie gehen jetzt in die Ehe/Sie gehen jetzt in ihr Ehebett/Es kocht die knisternde Nähe/Es knistert leise das Kochduett."
Für jeden ist etwas dabei
Grönemeyers musikalische Komödie wird von veritablen Opernsängerinnen und -sängern und Schauspielenden auf der Bühne umgesetzt. Es gibt Momente, da blitzt auch ein bisschen der klassische Grönemeyer-Sound samt Text durch.
"Pferd frisst Hut" ist dank hervorragender Darsteller und guter Regieeinfälle stellenweise urkomisch. Freunde klassischer Musik kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Dafür sorgen nicht zuletzt Solisten, Sinfonieorchester und Chor. Die Handlung läuft sich allerdings recht schnell tot.
Unklar bleibt bis zum Schluss, wer Zielgruppe des Stückes sein soll. Ob klassische Operngänger, ob Freunde leichter Unterhaltung, ob Grönemeyer-Fans. Alle werden bedient, aber keiner wirklich umfassend.
Drei lange Stunden "Tür auf, Tür zu"-Handlung, inflationär gespickt mit oft zotigen und zopfigen Dialogen, sorgen auf beim Premierenpublikum für viele Fragezeichen. Der Goethe-Ratschlag: "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen" – führt eben manchmal auch dazu, dass das Publikum ein bisschen sprachlos und irritiert zurückbleibt.