Hanseatische Materialverwaltung in Not
Die Hanseatische Materialverwaltung ist ein gemeinnütziger Fundus für Kulissen und Requisiten und gleichzeitig einer der beliebtesten Veranstaltungsorte in Hamburg. Jetzt bangt sie um ihr Fortbestehen. Eine sanierungsbedingte Mieterhöhung bringt die Betreiber in finanzielle Not.
Schwere Schiebetore führen in die hohen Hallen des ehemaligen Hamburger Güterbahnhofs im Oberhafenquartier. "Hier sind wir im Foyer, vor uns direkt der Empfangsbereich. Es ist etwas kalt, aber dafür schön bunt." Jens Gottschau betreibt mit seinem Team den Fundus für Requisiten und Deko - eine wilde Sammlung aus Skurrilitäten und Nützlichem: "Discokugeln sind immer ganz wichtig. Ein alter Schiffsbug von Peter Pan - ich glaube das wurde im Schauspielhaus aufgeführt - oder eine Bushaltestelle von Pinneberg", erzählt Gottschau.
Hanseatische Materialverwaltung in finanzieller Not
In der Hanseatischen Materialverwaltung werden Requisiten gerettet, die bei großen Film- oder Theaterproduktionen anschließend einfach weggeworfen würden. In dem offenen Fundus können sich Kreative, Kindertheater oder Schulen bedienen. Jeder kann sich hier zu fairen Preisen verrückte Unikate leihen und kaufen. Seit zehn Jahren unterstützt die Materialverwaltung damit nachhaltig die Hamburger Kulturszene und ist zu einem beliebten und besonderen Ort und Treffpunkt geworden.
Aber jetzt kommt der kreative Fundus in finanzielle Not. Die alten Hallen im Oberhafen müssen saniert werden. "Allerdings sollen diese Sanierungsarbeiten über die Miete refinanziert werden und das ist eine unglaubliche Hürde", sagt Gottschau. "Wir sind schon sehr glücklich, dass wir uns finanziell unabhängig aufstellen konnten, aber mit einer sehr geringen Miete bislang. Das wird dann nicht mehr so sein und im Augenblick ist unklar, ob es uns dann in einem halben Jahr noch geben wird. Das hängt davon ab, ob wir mit der Stadt gemeinsam eine langfristige Lösung hinbekommen."
Kultur unter dem Radar der Politik
Mit der Sanierung kommt eine Mieterhöhung um 100.000 Euro im Jahr auf die Materialverwaltung zu. Auch wenn sie mittlerweile neben dem Fundus zu einem der beliebtesten Veranstaltungsorte und Knotenpunkt für kulturelle Netzwerke geworden ist, könnte das Team diese Kosten allein nicht stemmen, erzählt Jens Gottschau: "Ich wünsche mir, dass Hamburg erkennt, wieviel Kultur unter dem Radar der politischen Entscheidungsträger stattfindet und wie prekär das immer wieder ist."
Kulturbehörde weiß um den Wert der Materialverwaltung
Der Hamburger Oberhafen ist das einzige Quartier in der gesamten Hafencity, das nicht neu bebaut werden soll. Die Stadt ist Eigentümer und hat es selbst als Kultur- und Kreativquartier ausgeschrieben. Hier sollen die Mieterinnen und Mieter den Bestand noch selbst gestalten und entwickeln dürfen.
Anja Bornhöft von der Kulturbehörde kann noch keine konkrete finanzielle Unterstützung zusagen, weiß aber um den Wert dieses besonderen Ortes mitten im Hamburger Hafen: "Es ist klar, dass die Hanseatische Materialverwaltung die Unterstützung der Stadt bekommt, die sie braucht. Wir wissen um die Schwierigkeiten durch die steigenden Kosten und wir sind uns mit allen Beteiligten auf städtischer Seite einig, dass die Hanseatische Materialverwaltung an ihrem jetzigen Standort im Oberhafen erhalten bleiben soll. Aktuell stimmen wir uns miteinander ab und schauen, welche konkreten Lösungen es geben kann."
Karte: Das Quartier Oberhafen
Fundus ist Institution in der Kulturszene
Der Fundus und Veranstaltungsort ist mit seinem nachhaltigen Konzept einzigartig, nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Europa. Hier werden gemeinsam Ressourcen geschützt, Synergien genutzt und Kreativität entfaltet. "All das ermöglichen wir hier zu sehr geringen Kosten. Ich glaube, das wird schon gesehen", sagt Gottschau, "aber ich wünsche mir, dass da vielleicht mehr drin ist, als nur, dass es gerade so reicht. Sondern dass uns da noch bisschen mehr unter die Arme gegriffen wird."
Steigende Mieten bringen gewachsene Strukturen, wie hier im Oberhafen, in immer größere Not. Die Hanseatische Materialverwaltung hat sich über zehn Jahre als Institution in der Kulturszene bewährt und ist gleichzeitig mit ihrem nachhaltigen und gemeinnützigen Konzept so zukunftsweisend und fortschrittlich. Es bleibt zu hoffen, dass für so einen kreativen und gemeinnützigen Ort in Hamburg eine langfristige Lösung gefunden wird.