Brechts "Dreigroschenoper" kehrt ans St. Pauli Theater zurück
Die Aufführung der "Dreigroschenoper" am St. Pauli Theater war 2004 ein gigantischer Erfolg. Fast 20 Jahre später bringt das Haus das Stück erneut auf die Bühne. Am Freitag hat das Stück Premiere gefeiert. Die Schauspieler Gustav Peter Wöhler und Michael Rotschopf, die Jonathan Peachum und Mackie Messer spielen, im Gespräch.
Ist die erfolgreiche Dreigroschenoper-Inszenierung von 2004 ein Fluch oder ein Segen?
Gustav-Peter Wöhler: Es ist weder Fluch noch Segen. Es war eine super Inszenierung, die Spaß gemacht hat. Aber die ist jetzt 19 oder 20 Jahre alt und ich finde, da kann man jetzt mal etwas anderes bringen. Ich habe weder den Anspruch, das jetzt besser zu machen, noch schlechter zu machen. Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt, aufgrund dieser Inszenierung.
Wie nähert man sich einer Rolle wie Peachum an?
Wöhler: Indem man sich mit diesem Text auseinandersetzt und dann während der Proben mit den Kollegen zusammenarbeitet und sich überlegt, wer ist dieser Charakter Peachum. Dann sucht man sich das in irgendeiner Form aus. Da sitzen ja auch Menschen, die sagen: 'Das ist auf der richtigen Ebene' oder 'Lass das mal weg'.
Was macht den Reiz aus, den zu spielen?
Wöhler: Ich finde, es ist eine wunderbare, schillernde Figur. Sich dem auszusetzen und sich hineinzuschmeißen, das macht mir als Mensch, der gerne singt, tanzt und spielt, großen Spaß.
Was haben wir falsch gemacht, dass dieser Stoff fast genauso aktuell ist wie vor 100 Jahren?
Michael Rotschopf: Brecht und Weill haben sich das ausgesucht, um die Verhältnisse in der damaligen Zeit zu porträtieren. Sich dabei aber sehr genau überlegt: Wie sind die Zusammenhänge? Diese Zusammenhänge sind gleich geblieben. Leute, die sich nach außen karitativ geben und nach innen komplett verrottet sind. Die Behauptung, man wäre gut und dahinter verbirgt sich aber nur die Behauptung und sonst gar nichts. Das alles findet immer noch genauso statt: die ganzen Krisen, die Armut. Die Leute, die ein Interesse daran haben, die Armen auch arm zu halten. Weil man sonst ja keine Leute mehr ausbeuten kann. Wir können zwar so tun, als gebe es das nicht, und das alles schönfärben. Aber das ist alles da. Dieses Stück bringt es auf den Punkt, stellt es genau hin und das auch noch in einer Art, die auch noch unterhaltend ist. Erkenntnis durch Unterhaltung zu erlangen und dann nach Hause zu gehen und über einige von diesen Statements, die in diesem Stück vorkommen, noch mal intensiver nachzudenken.
Was ist ihr Lieblingszitat?
Wöhler: "Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht".
Rotschopf: Ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht. Das ist alles wunderbar. "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" - vielleicht ist das einer der wichtigsten Sätze des Stückes.
Warum sollten die Menschen in die "Dreigroschenoper" am St.-Pauli-Theater gehen?
Wöhler: Weil Weill und Brecht sich hier das Beste geben, was sie zu geben haben. Und wir können das sehen und hören: also rein damit. Es ist schon sehr schwer, Karten zu bekommen, wie ich gehört habe. Aber einfach loslegen und an die Kasse stürmen: Wir spielen dann für euch weiter.
Rotschopf: Weil wir hier für das Publikum spielen. Und weil wir wollen, dass das Publikum genauso einen Mehrgewinn von diesem Abend hat, wie wir es jetzt bereits bei den Proben gehabt haben. Das möchten wir diesen Menschen geben und ihnen schenken. Wir freuen uns, wenn sie kommen.
Das Gespräch führte Susanne Hasenjäger.