Schriftsteller Martin Walser ist tot
Der Schriftsteller Martin Walser ist am Freitag im Alter von 96 Jahren gestorben. Das teilte der Rowohlt Verlag mit, nachdem zuvor mehrere Medien berichtet hatten. Walser galt als sensibler Künstler, der sich leidenschaftlich aufregen konnte.
Seine Figuren kennen und durchleben das gesamte Tableau emotionaler Verletzungen. Ob in "Ehen in Philippsburg", "Halbzeit", "Ein fliehendes Pferd" oder "Ein springender Brunnen": Als Chronist der Bundesrepublik, als Gesellschaftsanalytiker, als Sprachartist wurde Martin Walser gefeiert.
Stark kritisiert von Marcel Reich-Ranicki
Doch nicht nur Marcel Reich-Ranicki reagierte auf sein Buch "Jenseits der Liebe" mit vernichtender Kritik. Walser war tief verletzt: "Das müssen Sie sich mal vorstellen: Er schreibt: 'Keine Zeile dieses Buches ist lesbar, also es ist sozusagen der letzte Dreck'. Wie soll ich jetzt da leben, bitteschön? Ein Kritiker schreibt: Du bist jenseits der Literatur. Der wirft dich hinaus aus dem einzigen Gebiet, in dem du leben willst, nämlich in der Literatur und nirgends sonst."
Bis zum Ende literarisch aktiv
Martin Walser wurde Antisemitismus vorgeworfen. 1998 hielt er in der Frankfurter Paulskirche seine legendäre Sonntagsrede. Der erprobte Sprachkünstler vermengte Begriffe wie "Drohroutine" oder "Moralkeule" mit Auschwitz: unangemessen. Die Rede kratzte am Image des mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels Geehrten. Das war ihm wohl bewusst. Was er tat: Er schrieb. Noch bis zum Schluss war Walser literarisch produktiv, veröffentlichte etwa ein Gespräch mit seinem Sohn Jakob Augstein über "Das Leben wortwörtlich".
Steinmeier und Scholz würdigen Walser
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Walser als "großartigen Menschen und einen Schriftsteller von Weltrang". Sein Werk "umspannt mehr als sechs Jahrzehnte, und er hat die deutsche Literatur in dieser Zeit entscheidend geprägt", betonte Steinmeier in einem Kondolenzschreiben an Walsers Witwe.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte: "Seine Bücher haben Generationen gelesen. Seine Freude am Argument hat uns viele lebhafte Debatten beschert."