Lübecker Literaturtreffen: Begegnungen auf Augenhöhe
Ein spannendes literarisches Wochenende in Lübeck geht zu Ende. Zum 17. Mal kamen Schriftstellerinnen und Schriftsteller zum Lübecker Literaturtreffen zusammen. Dabei wurde auch der Günter Grass-Preis an Ljudmila Ulitzkaja verliehen.
Schon im Vorfeld war es turbulent beim diesjährigen Lübecker Literaturtreffen. Denn die Autorin und für den Abend geplante Moderatorin Dörte Hansen musste kurzfristig aus persönlichen Gründen absagen. Auch Björn Bicker fiel krankheitsbedingt aus.
Gemeinsames Lesen, Besprechen und Diskutieren
Aber Tilman Spengler, Nadine Schneider, Maria Cecilia Barbetta, Alida Bremer, Thomas Lang, Georg M. Oswald, Markus Orths, Christoph Peters und Jochen Schmidt kamen - und lasen. Gemeinsam wurden am Vormittag die neuesten Arbeiten besprochen, kritisiert und diskutiert. Viele Autorinnen und Autoren sind neu im Arbeitszirkel.
Tilman Spengler: "Sich wechselseitig mit Güte fertig machen"
Dennoch war die Stimmung außergewöhnlich, erzählt Tilman Spengler, Urgestein des Literaturtreffens: "Die Dynamik ist erstaunlicherweise die gleiche, weil von vornherein ein Ton herrschte, wo man nicht auf das Verreißen abzielte, sondern sich wechselseitig, schlimmstenfalls mit Güte fertig machte. Die schärfste Form der Kritik ist wie meistens bei uns, dass man sagt: Ich könnte mir vorstellen, dass ich es nicht ganz verstanden habe."
Zum 18. Mal war er bei der Veranstaltung dabei. In alter Tradition wollte er eigentlich am Abend einen Text zu Günter Grass vorlesen: "Ich habe heute Nachmittag, als ich mir das Manuskript noch einmal vorgenommen habe, festgestellt, dass ich einen so kapitalen Fehler eingebaut hatte in dieser Erzählung, dass ich mich nicht getraut habe, sie heute vorzutragen."
Lübecker Literaturtreffen bereichert Arbeit der Autorinnen und Autoren
Was für Spengler schon fast Routine ist, ist für Nadine Schneider neues Terrain. Zum ersten Mal ist sie beim Literaturtreffen, das Günter Grass 2005 selbst ins Lebens gerufen hat, mit dabei: "Eine wahnsinnig angenehme und sehr spannende Erfahrung mit ganz vielen verschiedenen Stimmen, die ich kennenlernen durfte", sagt Nadine Schneider. "Ganz spannende Leute, so dass wir uns alle auf Augenhöhe begegnet sind, dass wir unsere Texte mit Respekt angehört und besprochen haben und uns gegenseitig, glaube ich, ein Feedback gegeben haben, mit dem man gut weiterarbeiten kann. Ich glaube, wir gehen alle sehr bereichert aus diesem Wochenende raus."
Das Publikum hängt ihr an den Lippen als sie aus ihrem aktuellen zweiten Roman "Wohin ich auch immer gehe" vorliest. Die Zuschauerinnen und Zuschauer spüren die gelassene und auch respektvolle Atmosphäre. Viele sind gespannt auf die neuen Werke der neun Autorinnen und Autoren, die an diesem Wochenende besprochen wurden.