Kommentar: Das PEN-Zentrum Deutschland braucht einen Neustart
Nach dem Rücktritt ihres Präsidenten José F. A. Oliver täte dem PEN-Zentrum Deutschland eine neue, visionäre Führung gut, die wahrnehmbare Zeichen setzt, findet NDR Literaturredakteur Jürgen Deppe.
Ab sofort steht einer der größten Schriftstellerverbände Deutschlands wieder ohne Führung da. José F. A. Oliver trat am Montag aus gesundheitlichen Gründen zurück. Man musste damit rechnen. José F. A. Oliver war seit Längerem schwer erkrankt, das deutsche PEN-Zentrum aber diskret genug, um keine Details nach außen dringen zu lassen. Dass Oliver im Frühjahr bei der Jahrestagung in Hamburg zum Auftakt des Jubiläumsjahres - der deutsche PEN feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag - nicht dabei war, ließ Schlimmes befürchten. Insofern dürfte man sich in Darmstadt, wo das deutsche PEN-Zentrum seinen Sitz hat, schon Gedanken gemacht haben, wie es in der Zeit nach Oliver weitergeht.
Deutsches PEN-Zentrum ringt nach Abspaltung des PEN Berlin um Bedeutung
Offiziell ist es jetzt an einer Findungskommission, über eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu entscheiden. Ganz leicht dürfte das nicht werden, nachdem sich vor zwei Jahren ja der PEN Berlin vom deutschen PEN-Zentrum abgespalten hat - und das deutsche PEN-Zentrum seither doch einigermaßen um seine Bedeutung ringt. Der deutsche PEN hat durch die Abspaltung des PEN Berlin schon deutlich an Bedeutung verloren. Viele der namhaften deutschen Autorinnen und Autoren sind jetzt im Hauptstadtclub organisiert.
Es fehlt ein eigenes, dynamisches Profil
In den nur zwei Jahren, die José F. A. Oliver die Geschicke des deutschen PEN geleitet hat, ist es ihm auch nie wirklich gelungen, dem alt-ehrwürdigen Mutter-PEN ein neues, eigenes, dynamisches Profil zu geben, das über das hinausreichen würde, was der PEN halt immer schon so getan hat - sich für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller weltweit einzusetzen. Es an dieser Stelle auf eine interne Neubesetzung des Führungsposten ankommen zu lassen, käme einem reinen Verwaltungsakt gleich. Dem PEN-Zentrum Deutschland täte jetzt eine neue, visionäre Führung gut, die wahrnehmbare Zeichen setzt. Aber wer das, intern oder extern, leisten könnte, ist vollkommen offen. Ein Neustart täte dem PEN Zentrum Deutschland jedenfalls gut.