Julia Westlake: Eselsohren und Helden der Kindheit
Julia Westlake ist gemeinsam mit Christoph Bungartz Gastgeberin der Lesereise "Der Norden liest". In diesem Jahr feiert diese besondere Veranstaltung ihren zehnten Geburtstag. Die Moderatorin des Kulturjournalsund zweifache Mutter plauderte mit uns über ihre schönsten Erlebnisse mit "Der Norden liest", verriet uns, was in ihrem Bücherregal zu finden ist und wen sie sich als persönlichen Vorleser wünscht.
Welches Buch ist Ihnen in zehn Jahren "Der Norden liest" am meisten in Erinnerung geblieben?
Julia Westlake: "Ich mach mich vom Acker" - ein Buch über ungewöhnliche Todesanzeigen. Was für ein Thema! Da muss man auch erst mal drauf kommen. Tatsächlich ist es einer der unterhaltsamsten Abende geworden - mit den kuriosesten Geschichten. Seitdem sehe ich solche Anzeigen in der Zeitung mit anderen Augen.
Und welcher Künstler hat Ihnen den spannendsten Abend bei "Der Norden liest" bereitet?
Westlake: Eine große Spannung, die aber nichts mit dem Inhalt der Lesung zu tun hatte, habenKlaus Modick und Peter Schneider in Hannover geboten, sie fingen nämlich an, sich auf der Bühne zu streiten. Da kommt man als Moderatorin kurz ins Schwitzen. Sehr spannend war auch eine Heimfahrt aus Schwerin mit Matthias Politycki als Beifahrer - wir standen im schlimmsten Schneesturm auf der Autobahn und kamen nur im Schritttempo und sehr erleichtert nach Stunden in Hamburg an.
Welche Location hat einen besonderen Eindruck hinterlassen?
Westlake: Der Kieler Yachtclub. Wir saßen unter riesigen Ölgemälden von Schiffen auf hoher See, im Publikum hochdekorierte Seeleute – alles war sehr gediegen und maritim – passend zu den abenteuerlichen Geschichten auf dem Meer, die Arved Fuchs und Burghart Klaußner gelesen haben.
Ein Blick in Ihr privates Bücherregal: Was war das Buch-Highlight 2014/1015?
Westlake: "Wir haben Raketen geangelt" von Karen Köhler, "Butcher's Crossing" von John Williams.
Wie heißt Ihr Lieblingsbuch aus Kindertagen?
Westlake: Nils Holgersson.
Und aus Erwachsenentagen?
Westlake: Ich finde diese Frage unbeantwortbar, weil ich immer wieder begeistert von Büchern bin und sie gar nicht miteinander vergleichen kann! Ich habe ständig neue Lieblingsbücher! Ein Buch, das mich aber nachhaltig beeindruckt durch seine Form und Sprache, die Herausforderung und den Reichtum, ist: "Vorabend" von Peter Kurzeck.
Was lesen Sie Ihren Kindern vor?
Westlake: Alles von Astrid Lindgren natürlich, das Sams, das kleine Gespenst, Hotzenplotz, Piraten- und Räubergeschichten, Max Kruse, Michael Ende - wenn sie größer sind - und wie sie alle heißen. So eine Freude, das alles noch mal lesen zu können.
Wer sollte Ihnen mal vorlesen?
Mein Sohn.
Welches Buch liegt gerade auf Ihrem Nachttisch?
Westlake: "Ein untadeliger Mann" von Jane Gardam.
Welches Buch wollten Sie schon immer mal lesen?
Westlake: James Joyce: "Ulysses"
Welche drei Bücher würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Und welches nicht?
Westlake: Marcel Proust: "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". Das sind schon mehr als drei Bücher. "Robinson Crusoe" muss hierbleiben.
Lesezeichen oder Eselsohr?
Westlake: Eselsohr!
Lieblingskrimi? Lieblings-Liebesgeschichte?
Westlake: Die Dengler-Krimis von Wolfgang Schorlau und "Wuthering Heights" von Emily Bronte.
Papier, E-Book oder Hörbuch?
Westlake: Auf jeden Fall Papier!
Wo lesen Sie am liebsten?
Westlake: Am liebsten am Schreibtisch. Weil ich da am aufmerksamsten lese. Oder im Zug oder Flugzeug, weil die Zeit dann schneller vergeht.
Das Interview führte Nicola Millies, NDR.de