Jon Fosse: Liebesgeschichte "Trilogie" über Traum und Wirklichkeit
Jon Fosses tieftraurige Liebesgeschichte "Trilogie" erschien 2016 in Deutschland. Die Sprache des Norwegers und Literaturnobelpreisträgers 2023 versetzt den Leser in einen Schwebezustand.
"Lange Zeit war die Musik das einzige, was mich interessierte. Dann habe ich aufgehört, Musik zu hören, und mit dem Schreiben begonnen." Der norwegische Autor Jon Fosse, der mit dem Theaterstück "Der Name" bekannt wurde, hat das gesagt. Musik hört er keine mehr. Aber seine Texte sind dafür umso rhythmischer, geradezu musikalisch. Das gilt auch für sein Buch "Trilogie" von 2016.
Auf der Suche nach einer Bleibe
Alida und Asle, ein junges Paar, sie hochschwanger, haben keine Bleibe mehr, verlassen ihr norwegisches Fischerdorf in einem Ruderboot in Richtung Stadt, um dort neu anzufangen. Es ist ein kalter, regnerischer Herbsttag. Sie ziehen von Haus zu Haus. Aber niemand will den beiden, vor allem der Hochschwangeren, ein Zimmer geben oder vermieten. So lässt Jon Fosse "Schlaflos", die erste der drei zusammenhängenden Erzählungen seines neuen Buchs "Trilogie", beginnen. Unwillkürlich muss man an die Weihnachtsgeschichte denken.
"Als ich diese Erzählung schrieb, dachte ich ehrlich gesagt überhaupt nicht an die Bibel. Es ist doch nur die Geschichte eines jungen Paares, das eine Bleibe sucht. Das findet man doch überall im Leben. Ich halte nichts von literarischen Anspielungen. Ich kann dieses ganze Intertextualitätszeug nicht leiden. Ich versuche nicht, klug zu sein. Ich schreibe einfach nur. Schreiben ist Lauschen." 2008 sagte das der norwegische Schriftsteller und Dramatiker. Da wusste er noch nicht, dass er Jahre später mit den beiden Erzählungen "Olavs Träume" und "Abendmattigkeit" die Geschichte von Alida und Asle weiterführen und dass er selbst immer gläubiger werden würde.
Der Kreislauf von Leben und Sterben
Zu Recht bezeichnet der Rowohlt-Verlag diese Trilogie als "fast biblisch": Es geht um Liebe und Mord, um Barmherzigkeit und Kälte, um den Kreislauf des Lebens und ums Sterben. Das in dieser Jon Fosse eigenen minimalistischen Sprache, die so viel Gefühl transportiert und so rhythmisch klingt wie ein ins Unendliche gezogene Vaterunser.
In "Olavs Träume" haben Alida und Asle neue Namen angenommen, Åsta und Olav, um ihre Spuren zu verwischen. Als Reaktion auf die ihnen begegnete Unmenschlichkeit haben auch sie Schuld auf sich geladen. Besonders Asle beziehungsweise Olav, wie es scheint. Dafür soll er mit dem Leben bezahlen, als er Frau und Kind in einem verlassenen Bauernhaus zurücklässt und in die Stadt geht, um Ringe zu kaufen. Aber sicher ist dem Leser in diese Liebesgeschichte vor düsterem Hintergrund nichts.
Aus Schwermut wird Leichtigkeit
Fosse verknüpft Wirklichkeit und Traum, Jetzt und Vergangenheit zu einem großen Bewusstseinsstrom, in dem nur die meisten Figuren allwissend sind: "Da sie schon alles wissen, brauchen sie es nicht auszusprechen. Es geht nicht um Kommunikationsmangel. Ganz im Gegenteil. Asle und Alida wissen sehr genau, wo sich die jeweils andere Person befindet, in ihrem Kopf, in ihren Gefühlen. Sie müssen darüber nicht sprechen."
Es ist schon grandios, wie Fosse dieser eigentlich tieftraurigen Liebesgeschichte einiges von ihrer Schwere nimmt und den Leser mit seiner Sprache geradezu in den Schwebezustand versetzt, in den die Liebe und die Musik die beiden Hauptfiguren bringen. So lässt sich erklären, wie es zum Beispiel möglich ist, dass in der dritten Erzählung "Abendmattigkeit" ein Selbstmord im Wasser wie eine große Befreiung wirkt:
[…] am Ufer bleibt sie stehen, sie hört die Wellen schlagen und spürt den Regen auf den Haaren, im Gesicht, und dann geht sie hinaus in die Wellen und alle Kälte ist Wärme […] Leseprobe
Trilogie
- Seitenzahl:
- 208 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Rowohlt
- Bestellnummer:
- 978-3-498-02065-1
- Preis:
- 19,95 €