Norwegischer Autor Jon Fosse erhält Literaturnobelpreis
Der norwegische Dramatiker Jon Fosse wird mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Das gab die Schwedische Akademie der Wissenschaften am Donnerstag bekannt. Er ist der erste norwegische Literaturnobelpreisträger seit fast 100 Jahren.
Jon Fosse wird für seine innovativen Theaterstücke und Prosatexte ausgezeichnet, die "dem Unsagbaren eine Stimme geben", so das Nobelpreis-Komitee. Fosses Werk umfasst eine Vielzahl von Genres und besteht aus einer Fülle von Theaterstücken, Romanen, Gedichtsammlungen, Kinderbüchern und Essays. "Ich bin überwältigt", sagte Fosse der schwedischen Zeitung "Svenska Dagbladet". Er sei "sehr, sehr froh", habe aber auch ein wenig Angst vor der ganzen Aufmerksamkeit, die der Nobelpreis mit sich bringe.
Jon Fosse: Ein düsterer Melancholiker
Abgeschiedenheit, Ruhe und das Meer: Die Gegend, in der Jon Fosse aufgewachsen ist, sagt viel über den Autor aus. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in einem kleinen Dorf an einem Fjord an der Westküste Norwegens. Seinen Romanen und Theaterstücken haftet oft etwas Melancholisches, Düsteres und auch Mystisches an.
Fosse verhandelt existenzielle Themen mit zartem Humor
Fosses Protagonisten sind oft tief deprimiert und mit ihren Lebensplänen gescheitert. So auch in dem mit dem Ibsen-Preis ausgezeichneten Monolog "So ist das". Darin lässt er einen greisen Künstler auf sein Leben zurückschauen und in eine ungewisse Zukunft blicken. Nach drei gescheiterten Ehen und mehreren Kindern, die ihn schon lange nicht mehr besuchen, ist ihm nur sein Werk geblieben. Fosse lässt existenzielle Themen auf das konkrete und physische Ende eines Menschenlebens treffen. Gleichsam ist das Stück auch von zartem Humor durchzogen. Der NDR hat das Stück 2022 als Hörspiel produziert.
Minimalistische Sprache mit viel Rhythmus
Auch Fosses Prosatexte wurden in den vergangenen Jahren immer wieder von der Literaturkritik gefeiert. Auf deutsch erschien unter anderem das Buch "Trilogie" mit den drei Erzählungen "Schlaflos", "Olavs Träume" und "Abendmattigkeit". In diesen geht es um Liebe und Mord, um Barmherzigkeit und Kälte, um den Kreislauf des Lebens und ums Sterben. Geschrieben in einer minimalistischen Sprache, die viel Gefühl transportiert.
"Heptalogie" um den Maler Asle
Als Fosses Opus Magnum gilt eine siebenbändige Reihe um den Maler Asle, der seit dem Tod seiner Frau allein in einem kleinen Ort an der Südwestküste Norwegens lebt. In Deutschland wird die Reihe vom Rowohlt Verlag in drei Büchern veröffentlicht. Die ersten beiden Bände umfasst das Buch "Der andere Name". Band drei bis fünf sind unter dem Titel "Ich ist ein anderer" erschienen. Die letzten beiden Bände sind noch nicht ins Deutsche übersetzt.
In der Tradition von Knut Hamsun und Sigrid Undset
Fosse ist der einer der meistgespielten Theaterautoren der Gegenwart und der nach Henrik Ibsen am häufigsten gespielte norwegische Dramatiker. Bereits drei andere Schriftsteller aus Norwegen haben den Literaturnobelpreis erhalten. Das letzte Mal ist allerdings schon fast 100 Jahre her: 1928 ging der Literaturnobelpreis an Sigrid Undset. Zuvor wurden schon Bjørnstjerne Bjørnson (1903) und Knut Hamsun (1920) ausgezeichnet.
Literaturnobelpreise für den deutschsprachigen Raum
Der letzte Preisträger aus dem deutschsprachigen Raum ist der Österreicher Peter Handke (2019). Insgesamt gibt es 11 Nobelpreisträger und drei Nobelpreisträgerinnen, die in deutscher Sprache geschrieben haben. Zunächst Theodor Mommsen (1902), Rudolf Eucken (1908), Paul Heyse (1910), Gerhart Hauptmann (1912), Carl Spitteler (1919) und Thomas Mann (1929). Nach dem Zweiten Weltkrieg hießen die deutschsprachigen Preisträger und Preisträgerinnen Hermann Hesse (1946), Nelly Sachs (1966), Heinrich Böll (1972), Elias Canetti (1981), Günter Grass (1999), Elfriede Jelinek (2004), Herta Müller (2009) und Peter Handke (2019).