Ein Abend für Salman Rushdie: "Verkörpert die Freiheit des Wortes"
Anlässlich des achten Todestags von Günter Grass wurde in Lübeck bei einem "Abend für Salman Rushdie" der Freundschaft beider Schriftsteller gedacht. Gelesen wurde aus Rushdies Roman "Victory City" - eine Deutschlandpremiere.
Bernhard Robben, der deutsche Übersetzer des neuen Romans von Salman Rushdie, nahm an der besonderen Veranstaltung im Lübecker Günter-Grass-Haus teil und erzählte von der Arbeit mit dem berühmten Schriftsteller.
"Victory City": Neuer Roman von Salman Rushdie
Wie ist Salman Rushdie denn so? "Sehr humorvoll, aber den Schalk im Nacken. Ich finde ihn nicht nur charmant, sondern auch unglaublich klug", sagt Bernhard Robben. Er sei jemand, "der wirklich humorvoll ist und eine Aufmerksamkeit auf Banales hat." Robben hat bereits viele Romane des indisch-britischen Schriftstellers ins Deutsche übersetzt, so auch "Victory City". In Indien geht Rushdie den Fragen nach Liebe, Macht und dem Menschsein nach. Daraus gelesen hat Schauspielerin Lavinia Wilson:
Sie würde dem Tot ins Gesicht lachen und sich dem Leben zuwenden, sie würde ihren Körper nicht opfern, bloß um toten Männern ins Jenseits zu folgen, sie würde sich weigern jung zu sterben und stattdessen leben und in ihrem Trotz über die Maßen alt werden. Leseprobe aus "Victory City"
"Dieses Mädchen Pampa Campana lebt 247 Jahre lang und besitzt magische Fähigkeiten", fasst Robben die Handlung zusammen. "Eine davon ist es, ganz ordinäre Samen zu verstreuen, aus diesem Samen erwächst eine Stadt und erwachsen die Bewohner dieser Stadt. Sie wird die Königin, heiratet den König, beeinflusst und prägt das Leben dieser Stadt. Dieser Roman ist letztlich eine Geschichte über Pampa Campana, aber auch eine Geschichte der Stadt, nämlich Victory City."
Nach Attentat: Rushdie konnte nicht an der Veranstaltung teilnehmen
Aus gesundheitlichen Gründen konnte Salman Rushdie nicht selbst bei der Veranstaltung in Lübeck dabei sein, denn vergangenes Jahr im August ist der Schriftsteller bei einer Literaturveranstaltung im US-Bundesstaat New York von einem Mann angegriffen und schwer verletzt worden. Seitdem ist er auf einem Auge blind. Der Übersetzer Bernhard Robben war schockiert von dem Attentat:
"Als der Anschlag passierte, saß ich an diesem Buch. Die Übersetzung war noch nicht fertig, das Buch war fertig. Ich hab natürlich mit Entsetzen reagiert, aber auch mit Unglauben. Ich sitze hier jeden Tag und halte Zwiegespräch mit meinem Autor und dann höre ich plötzlich im Radio: Die Stimme ist verstummt, er liegt bewusstlos im Krankenhaus. Das konnte ich nicht glauben, ich hatte doch eben noch mit ihm geredet, wieso hört der jetzt auf, das geht doch nicht! Es war Unglaube und Entsetzen in gleichem Maße."
Grass und Rushdie: "Freiheit der Literatur und Kunst hochgehalten"
Salman Rushdie wird seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt. Nach der Veröffentlichung seines Romans "Die satanischen Verse" hatte der iranische Revolutionsführer 1989 dazu aufgerufen, den Schriftsteller zu töten. Auch manche Übersetzer, die "Die satanischen Verse" übersetzt haben, bekamen Todesdrohungen. Bernhard Robben gehört nicht dazu. Angst habe er nicht. "Nein, weil ich bei der Übersetzung der Satanischen Verse nicht beteiligt war. Ich hätte es machen sollen, und es war kurz im Gespräch. Es ist dann aber von vier meiner Kollegen aus Hamburg übersetzt worden, ich hatte nichts damit zu tun. Ich habe auch mit beleidigenden Darstellungen von Mohammed oder des Islams in seinen Büchern nichts zu tun gehabt, deshalb sähe ich keinen Grund."
Für den Museumsleiter des Günter-Grass-Hauses, Jörg-Philipp Thomsa, verkörpert Salman Rushdie die Freiheit des Wortes, die unter anderem von Extremisten und Terroristen gefährdet sei: "Grass und Rushdie sind zwei Gestalten, die sich immer zwischen die Stühle gestellt haben und die Freiheit der Literatur und Kunst hochgehalten haben. Ich finde, das in diesen Zeiten ganz besonders wichtig", so Thomsa.
Rushdies neuer Roman "Victory City" erscheint am 20. April in deutscher Übersetzung.