Bilder vom "Malerfürsten" Markus Lüpertz
Malerfürst, Staatsmaler, Kompaktkünstler - Markus Lüpertz ist der schillerndste unter den großen, zeitgenössischen Malern. Nicht nur mit seinen Arbeiten, auch durch sein Auftreten polarisiert und provoziert der 78-Jährige. Stets erscheint er im Maßanzug, seinen Stock ziert ein Totenkopf. Dabei sei es gar nicht seine Absicht zu provozieren, er wolle immer nur "das Beste", sagt Lüpertz.
Aus einer ungewöhnlichen Perspektive blickt derzeit eine große Ausstellung im Münchner Haus der Kunst auf Lüpertz' Gesamtwerk. Das spiegelt auch der umfangreiche Katalog "Markus Lüpertz - Über die Kunst zum Bild".
Markus Lüpertz verweigert sich entschieden allen Kategorisierungen. Als Mensch und als Maler. So begegnet er auch der von der Kuratorin Pamela Kort vorgeschlagenen Perspektive mit Skepsis. Sie untersucht den Einfluss des Films auf das Werk, ausgehend von ersten Arbeiten Anfang der 60er-Jahre.
Dabei gibt er zu: "Ich war arm, Berlin war kalt, man hatte irgendwie eine Bude, die war nicht zu beheizen, und dann suchte man die Plätze, die warm waren: die Kneipen und die Kinos. Da gab es ein Kino, das hieß Olympia am Zoo, da konnte man für zwei Mark den ganzen Tag drinnen bleiben. Da lief jeden Tag ein neuer Film, und da hat man eben zwangsläufig viele Filme gesehen. Man konnte mit seiner Fantasie den Wilden Westen direkt hinter dem Bahnhof Zoo beginnen lassen."
Der Einfluss des Films auf seine Bilder wird überbewertet, sagt Lüpertz
Dem weiten Horizont, der gerade in Western eine wichtige Rolle spielt, begegnet man auch auf Lüpertz‘ Bildern. Anfang der 60er-Jahre experimentierte er mit dem Logo der "20th Century Fox". Es fliegt als riesiges Gebilde mit kräftig gemalter rot-gelber Front vor einem knallblauen Himmel; die Zahlen 2 und 0 sind nicht mehr zu erkennen, sie werden zu Augen eines Flugobjektes. Ein schmaler grüner Streifen deutet die Erde an. "Dithyrambe - schwebend" nennt Lüpertz das Bild von 1964.
"Man sollte das nicht überbewerten, diese Attitüde mit dem Film. Es gibt viele Gründe, warum ich male. Das ist eine der vielen Interpretationen. Ich wehre mich eigentlich gegen schlüssige Weisen. Es ist erstaunlich, wie sehr die Leute auf diese Filminterpretation eingestiegen sind, endlich haben wir ihn da, wo wir ihn haben wollen, jetzt wissen wir, warum er früher Cowboystiefel getragen hat, weil er Westernfilme gesehen hat. Das ist amüsant, das ist auch lustig, aber es ist nicht unbedingt wahr", erklärt der Künstler.
Das Prinzip der Wiederholung zeigt sich bei vielen Motiven
Viele Motive hat Lüpertz immer wieder gemalt, teilweise fast unverändert. Es gibt eine ganze Reihe von Bildern, die jeweils einen leicht geschwungenen Dachziegel zeigen, kräftig rot. Mal ist der Schatten in der Wölbung etwas dunkler, mal der Rand etwas stärker akzentuiert durch eine anschließende weiße Grundierung. Man muss genau hinschauen. Sich in die Bilder zu versenken, hat fast etwas Meditatives.
Wiederholung ist auch das Kompositionsprinzip des mit 2 Meter x 12,50 Meter monumentalen Gemäldes "Westwall". Es erinnert an die fast 600 Kilometer lange Befestigungsanlage, die Hitler einst errichten ließ, um die Alliierten am Einmarsch zu hindern. In fünfzehn Reihen sieht man jeweils drei stilisierte Panzersperren hintereinander, grün-schwarz auf hellem Grund.
Der Stahlhelm ist ebenfalls ein wiederkehrendes Motiv in vielen von Lüpertz' Arbeiten. Auf "Helme sinkend" aus dem Jahr 1970 finden sich gleich mehrere - düster vor blutrotem Himmel. Auf dem Gemälde "Ulysses", Odysseus, von 2011 liegt ein Helm neben einer einarmigen Statue auf der Straße.
Die Nachkriegszeit hat in Lüpertz' Bildern Spuren hinterlassen
"Politik hat mich nie interessiert, sie war mir immer zu prosaisch, sie hat mich nie interessiert", sagt Markus Lüpertz, und doch erzählen seine Bilder dem, der es sehen möchte, auch davon. Die Nachkriegszeit hat ihn und damit das Werk geprägt.
In der dreiteiligen Reihe "Unser tägliches Brot" wogen in sattem Gelb auf riesigen Leinwänden Kornfelder. Auf dem dritten Bild fehlt die Hälfte, nackte Leinwand - Spielraum für Interpretation. Kräftige Farben, die manchmal fast vom Bild zu spritzen scheinen, große Flächen - Markus Lüpertz malt mit Pathos und großer Geste.
Auch seine Skulpturen sind oft überdimensional. Die Entwurfsmodelle dafür, für den 18 Meter hohen Gelsenkirchener Herkules beispielsweise, wirken fast zerbrechlich. Faszinierend, wie Lüpertz auch hier mit der Farbigkeit spielt: blauer Bart, grüner Hals. Seine Beethoven-Skulptur bietet nur dessen Kopf, ganz in blau mit rostrotem Haar, daneben ein Mann ohne Arme, dessen Gesicht entfernt an das des Künstlers erinnert.
Es gibt viel zu entdecken in diesem Buch: Parallelen zwischen Früh- und Spätwerk werden deutlich, rote Fäden lassen sich erkennen, Motive, die den Maler nicht loslassen und immer wieder neu Eingang finden in sein Werk. Dazu lässt sich viel lernen in den kundigen Essays der Kuratoren und Weggefährten.
Markus Lüpertz - Über die Kunst zum Bild
- Seitenzahl:
- 600 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Mit Texte von Pamela Kort, Danièle Cohn, Éric Darragon, Rudi Fuchs, Nicholas Serota, Richard Shiff, Philippe Vergne, Pierre Wat und Armin Zweite - Softcover
- Verlag:
- Walther König
- Bestellnummer:
- 978-3-96098-694-2
- Preis:
- 49,80 €