Ein Klavier steht auf einer Bühne © picture alliance / Eibner-Pressefoto Foto: Jonas Lohrmann
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AUDIO: US-Zölle und die Auswirkungen auf die Kulturbranche (6 Min)

US-Zölle und die Auswirkungen auf die Kulturbranche

Stand: 15.04.2025 13:57 Uhr

Wie könnten sich die von US-Präsident Trump verhängten Zölle für die deutsche Filmindustrie auswirken, für die Entwickler von Computerspielen, für Konzertveranstalter, für Bands, Orchester und Theater, die international unterwegs sind?

Ein Gespräch mit Jakob Jochmann, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Herr Jochmann, welche Stimmung herrscht in der Branche vor?

Jakob Jochmann: Eigentlich ist die Kulturbranche oder die Kreativbranche ständig Gradmesser für die wirtschaftliche Gesamtsituation, insbesondere deswegen, weil sie oft Teil von Wertschöpfungsketten sind oder im Kulturbetrieb von der Gesundheit der Haushalte abhängig sind. Insgesamt ist das erstmal das wichtigste Merkmal der Branche, dass sie so divers ist und elf verschiedene kreative Teilbranchen abbildet, mit teilweise recht unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, denen sie gerecht werden müssen. Deswegen ist es schwer zu pauschalisieren, wo der neuralgische Punkt ist, zumal wir da gerade ein sehr bewegliches Ziel betrachten. Zölle und die Ankündigung von Zöllen sind zwei verschiedene Dinge, und im Grunde sind es eher die Ankündigung und die Volatilität, die gerade die Weltwirtschaft prägen.

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Die öffentlichen Subventionen in die Kultur sind schon zurückgefahren, und auch die Portemonnaies der Menschen sind immer geschlossener. Können Sie trotzdem sagen, in welchen Bereichen man besonders globalisiert agiert in der Kreativbranche?

Jochmann: Unter den verschiedenen Teilbranchen haben wir natürlich einige, die in den Wertschöpfungsketten anderer Industrien integriert sind, sei es im Designbereich oder in der Werbewirtschaft, die an verschiedenen Punkten der Wertschöpfungsketten jeweils ihre Kreativleistung einbringen. Die können teilweise direkt von Zöllen betroffen werden statt von indirekten Auswirkungen. An anderer Stelle kann es sein, dass die Geräte, mit denen die Kreativen arbeiten - und sei es auch nur Software -, womöglich auf einer anderen Kostenbasis arbeiten. Das sind direkte Auswirkungen von Zöllen.

Gibt es auch Hersteller von Instrumenten, von Software, von Kameras, die Bauteile aus den USA hier weiterverarbeiten?

Jochmann: Durchaus. Das wäre ein Beispiel dafür, dass die Leute direkt betroffen sind. Ansonsten kann das kurzfristig auch einen positiven Einfluss haben in der Beschaffung, wenn bilaterale Abkommen innerhalb Europas mit anderen Zulieferbetrieben eine besonders günstige Ausgangslage schaffen. Ob die aber aufwiegt, dass man auf den großen Markt verzichten muss oder dort Einbußen hinnehmen muss, ist schwer vorherzusagen.

Die Planbarkeit ist auch völlig vernichtet durch einen Donald Trump, der sehr sprunghaft ist in seinen Entscheidungen. Wie wird darüber gerade diskutiert?

Jochmann: Das ist eigentlich eine Kernkompetenz der Kultur- und Kreativwirtschaft, die Handlungsfähigkeit in einem Rahmen von permanenter Unsicherheit zu behalten. Das ist Alltag. Viele von denen arbeiten in prekären Verhältnissen und erschließen sich dabei stets innovative Auswege. Schwierig für uns ist, dass diese Kompetenz am Wirtschaftsstandort kaum erschlossen wird. Diese Kompetenz, auf Unwägbarkeit zu reagieren, das wäre ein Riesenpfand, von dem wir hoffen, dass irgendwann auch auf politische Art und Weise eingesehen wird, dass das etwas ist, womit man die Systemtransformation auch zielführend begleiten könnte.

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Das South by Southwest-Festival hat schon stattgefunden. Gab es schon Rückmeldungen, was die Arbeitsvisa oder die Einreisebestimmungen betrifft?

Jochmann: Ich habe mitbekommen, dass es ganz viele Kooperationen über norddeutsche Pässe hinaus gibt. Und spätestens da wird es schwierig. Deutsche EU-Pässe sind immer noch recht privilegiert, aber auch da ist das soziale Kitt ein bisschen verloren gegangen und auch die Unwägbarkeit, dass manche Leute sich teilweise aus politischen Abgrenzungsmotiven die Einreise nicht mehr zutrauen. In der Kreativbranche sind auch viele diverse Menschen - nicht nur in der Ausgestaltung ihrer Arbeit, sondern auch in ihrer Identität und Verfasstheit -, und die fühlen sich in den USA Verfolgungen ausgesetzt und reisen deswegen nicht mehr ein.

Sie haben gerade schon mögliche Vorteile angesprochen, die es für einzelne Branchen geben könnte. Könnte das ein positiver Nebeneffekt werden, unabhängiger non den USA zu werden?

Jochmann: Weil wir ein komplexes System beobachten, kann es auch da in alle Richtungen kippen. Aber jede Krise birgt zumindest schöpferisches Potenzial, und dann kann es immerhin die Hoffnung geben, dass, wenn die Staatengemeinschaft oder auch einzelne Regierungen jetzt gezwungen werden, bestehende Gepflogenheiten neu zu verhandeln oder gar neu zu denken, es auch die Gelegenheit zu besseren Lösungen geben kann.

Das Gespräch wurde geführt von Mischa Kreiskott.

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