"KI- und Medien-Branche können voneinander profitieren"
Welche Entwicklungen nimmt die Künstliche Intelligenz? Techjournalist Gregor Schmalzried wagt einen Blick in die Zukunft. Wie sehen mögliche Chancen aus - und wie die Risiken?
Künstliche Intelligenz könnte schon in zehn Jahren klüger als wir Menschen sein - das ist eine unter KI-Experten realistische Prognose. Es gibt sogar die Annahme, dass in 20 Jahren eine Künstliche Superintelligenz Realität sein könnte - die dann 10.000-mal intelligenter als die gesamte Menschheit wäre. Gregor Schmalzried, Techjournalist und Moderator des "KI-Podcast" beim Bayerischen Rundfunk, hat sich mit diesen Zukunftsszenarien beschäftigt.
Vielleicht klären wir erstmal den Begriff der Super-KI. Wie genau könnte denn so eine fortgeschrittene Künstliche Intelligenz aussehen? Was verstehen wir darunter?
Gregor Schmalzried: Das ist eine gute Frage. Der Begriff Super-KI klingt natürlich ein bisschen schwammig. Wenn man den Expertinnen und Experten zuhört, die sprechen ganz gerne über AGI. Das ist die Abkürzung für generelle Künstliche Intelligenz. Was wir bisher kennen, so etwas wie ChatGPT, kann eine Sache sehr gut - nämlich Text. Dann gibt es andere Programme, wie Midjourney, die können eine andere Sache sehr gut - nämlich Bild. So eine AGI wäre eine Super-KI, weil sie eben alles könnte und dann den Menschen in quasi allem, was er so tut, überlegen wäre. Das ist der Gedanke dahinter. Der Begriff Super-KI trifft's doch irgendwie ganz gut, weil das am Ende ein sehr schwammiges Konzept ist. Wir wissen nicht, ob es kommt, und wir wissen auch nicht, wie es aussehen würde.
Es heißt, dass die Super-KI 10.000-mal intelligenter als die Menschheit sein solle. Es würde ja eigentlich schon reichen, wenn sie doppelt so intelligent wäre.
Schmalzried: Da weiß ich auch nicht genau, wo diese Zahl herkommt. Da muss man fairerweise auch einfach sagen: Es lässt sich nichts untersuchen, was es nicht gibt. Da kann man sich natürlich hinsetzen und in Excel irgendwelche netten Rechnungen anstellen, aber am Ende stochern wir da alle im Dunkeln. Niemand weiß sicher, was kommt.
Es wird oft von Chancen und Risiken gesprochenen. Man weiß gar nicht, was man zuerst nennen soll? Was würden Sie instinktiv zuerst nennen - die Chancen oder die Risiken?
Schmalzried: Für mich sind es die Chancen. Ich habe über das letzte Jahr meinen eigenen Arbeitsprozess in so vielen kleinen Methoden umgestellt - um Künstliche Intelligenz. Es fühlt sich teilweise an, als hätte man immer einen sehr, sehr schnellen Praktikanten dabei, der alles für einen macht, was man möchte - nur braucht er nie Kaffeepause und muss nie schlafen gehen. Wenn man sich einmal an den gewöhnt hat, dann ist das der Wahnsinn. Dann möchte man nicht mehr zurück in eine Welt, wo es den nicht gibt. Ich glaube, es gibt noch sehr viele Chancen, von denen sehr viele Menschen profitieren können.
Im "KI Podcast" geht es natürlich auch um Chancen und um Risiken. Was sind sonst noch die wichtigen Themen?
Schmalzried: Was spannend zu beobachten sein wird, ist, wie die Medien damit umgehen. Es gab jetzt einen Deal zwischen Axel Springer und Open AI, der Firma hinter ChatGPT, der so ein kleines bisschen ein Win-Win für beide sein soll. Open AI hat das Problem, dass sie schlecht auf aktuelle Nachrichten zugreifen können. Wenn ich ChatGPT frage, wie mein Fußballverein gespielt hat, wird der wahrscheinlich etwas antworten, aber das stimmt möglicherweise nicht. Möglicherweise ist das auch rechtlich gar nicht okay, was die KI tut, um an die Ergebnisse zu kommen - deswegen die Zusammenarbeit mit einem Medienunternehmen. Das Medienunternehmen stellt das zur Verfügung und bekommt dann dafür entsprechend das Geld. Das macht allein deswegen Sinn, weil die Medienbranche nicht sehr gut läuft und die KI- und Tech-Branche eben schon. Vielleicht ist da tatsächlich eine Möglichkeit für beide, von diesem Boom zu profitieren.
Wenn man die KI fragt, hat man manchmal fast ein schlechtes Gewissen, schon wieder etwas wissen zu wollen - man vermenschlicht sie teilweise ein wenig. Oder ist es bei Ihnen? Hat es bei Ihnen schon nachgelassen?
Schmalzried: Ich hab das ein kleines bisschen abgebaut. Aber es begegnet mir auch noch. Auch wenn ich mit meiner Frau spreche - die sagt Bitte und Danke zu ChatGPT. Das Absurde ist: Das bringt sogar was. Es gibt Untersuchungen, wenn man ChatGPT ein bisschen vermenschlicht, die Ergebnisse dann tatsächlich besser werden. Oder wenn man ChatGPT sagt, wenn du mir die richtige Antwort gibst, dann gebe ich die 200 Euro Trinkgeld, werden die Ergebnisse auch besser. Da gibt es so ganz absurde Fälle. Ich sag mal so: KI zu vermenschlichen ist immer ein bisschen schwierig - am Ende steht da eben doch einfach nur kalte Mathematik auf der anderen Seite und keine Seele. Aber wenn es halt funktioniert, dann müssen wir uns ein bisschen überlegen, wie wir damit als Gesellschaft umgehen.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.