Prinz Harry: Vom "wilden Windsor" zum Außenseiter der Königsfamilie
Am 15. September hat Prinz Harry seinen 40. Geburtstag gefeiert. Mit Ehefrau Meghan und zwei Kindern lebt er entfremdet von den Royals in Kalifornien. Anlässlich des runden Jubiläums zeigt die ARD die dreiteilige Dokumentation "Harry - Schicksalsjahre eines Prinzen".
Die Schlagzeilen, in denen der Prinz von sich reden macht, gehören meist in die Kategorie "Dirty Harry". Zum einen ist Meghan Markle - gebürtige Amerikanerin, ehemalige Schauspielerin und bereits geschieden - nicht die ideale Partie für einen britischen Prinzen. Zum anderen folgen gegenseitige öffentliche Beschuldigungen und Zerwürfnisse zwischen dem Ehepaar und dem Königshaus. Prinz Harrys Autobiografie und die Netflix-Dokuserie "Harry & Meghan" sorgten in den vergangenen Jahren für Aufmerksamkeit. Für die Beerdigung von Queen Elizabeth II. und zur Krönung seines Vaters Charles III. hielt sich Harry jeweils nur kurz in England auf - ohne dass es zu einer sichtbaren Annäherung mit seinem Bruder, Kronprinz William, gekommen ist.
Scheidung der Eltern Charles und Diana prägt Kindheit
Schon von Anfang an steht der am 15. September 1984 als zweites Kind von Prinz Charles und Prinzessin Diana in London geborene Harry unter öffentlicher Beobachtung. Dabei bemüht sich seine Mutter Diana darum, dass ihre Söhne behütet aufwachsen. Liebevoll hält sie ihre schützenden Hände über Harry und William. Mit den Medien vereinbart sie jeweils zu Beginn eines Schuljahres einen Fototermin, um die Jungs vor permanentem Blitzlichtgewitter zu bewahren. Doch die Ehe von Harrys Eltern bekommt Risse und damit wächst auch das Interesse der Boulevard-Medien an dem royalen Nachwuchs. Als sich Charles und Diana im Jahr 1992 trennen und vier Jahre später scheiden lassen, ist die Situation zwar kompliziert, trotzdem bemühen sie sich um eine möglichst normale Kindheit für ihre beiden Söhne. Sie teilen sich das Sorgerecht, William und Harry wachsen abwechselnd bei Mutter, Vater und ihrer Großmutter Queen Elizabeth II. auf.
Trauma: Früher Tod von Prinzessin Diana
Doch dann passiert der schreckliche Schicksalsschlag: Harry verliert seine Mutter. Prinzessin Diana stirbt am 31. August 1997 bei einem tragischen Autounfall in Paris. Die ganze Welt blickt bei dem Trauerzug durch London auf Harry und seinen Bruder William - und trauert mit. Der Tod seiner geliebten Mutter ist vielleicht auch ein Grund dafür, warum sich Harry später immer wieder nicht so benimmt, wie es von einem Prinzen erwartet wird. In seinen "Skandaljahren" lässt er kaum eine Party aus, trinkt viel und soll auch Drogen gegenüber nicht abgeneigt sein. In dieser Zeit geben ihm Boulevard-Medien den Spitznamen "Dirty Harry". Er füllt in verlässlichen Abständen die Klatschspalten: Harry geht in Nazi-Uniform zur Kostümparty oder zieht beim Strip-Poker blank. Noch kann und will er vielleicht auch gar nicht in die Fußstapfen seines Vorzeigebruders William treten. Doch Harry versucht immer wieder, sich von dem Image des verantwortungslosen Party-Prinzen zu befreien und entschuldigt sich für Fehltritte in seiner flapsigen Art und verspricht Besserung.
Der Prinz zeigt sich menschlich, zugewandt, sozial engagiert und ungewöhnlich ehrlich und emotional für ein Mitglied des Königshauses. So spricht er beispielsweise zum 20. Todestag seiner Mutter Diana offen darüber, dass er psychologische Unterstützung gebraucht hat, um den Verlust, der ihn bis heute belastet, zu verarbeiten. Gemeinsam mit seinem Bruder William führt er viele Jahre das soziale Engagement seiner Mutter fort. Darüber hinaus setzt er eigene Schwerpunkte, wie etwa bei der Aufklärung über psychische Krankheiten.
"Sentebale" - Charity für afrikanische Aids-Waisen
Nach seinem Schulabschluss am Eton College in Windsor geht er 2003 für ein Jahr nach Australien und Afrika. Im afrikanischen Lesotho arbeitet er in einem Waisenhaus. 2006 gründet er zusammen mit Prinz Seeiso von Lesotho die Stiftung "Sentebale", die sich um Aids-Waisen kümmert. Sentebale soll das Engagement seiner verstorbenen Mutter Prinzessin Diana fortführen und an sie erinnern: Übersetzt heißt das Wort "Vergiss mich nicht!". Mit seinem Engagement beweist Harry Verantwortungsbewusstsein und zeigt den Boulevard-Medien, dass sie ihr Bild vom "Entfant terrible" korrigieren müssen.
Prinz Harry beim Militärdienst: Kampfeinsatz in Afghanistan
Wie sein Bruder William schlägt auch Harry eine Laufbahn beim Militär ein: Von 2005 bis 2007 macht Harry an der Royal Military Academy Sandhurst eine Offiziersausbildung. Die Arbeit beim Militär scheint Harry gut zu tun. Dort ist er ein Offizier unter vielen, der behandelt wird wie jeder andere auch. Harry will keinen Sonderstatus. Im Gegenteil: Er will für sein Land an der Front kämpfen und meldet sich freiwillig für den Afghanistan-Einsatz. Mit diesem Wunsch setzt er sich durch. Von Mitte Dezember 2007 bis Februar 2008 ist er im Süden des Landes stationiert und nimmt an Fronteinsätzen der internationalen Truppen gegen islamistische Taliban teil. Als sein Einsatz öffentlich wird, muss der Prinz aufgrund von Sicherheitsbedenken vorzeitig wieder abreisen.
Offizierskarriere als Apache-Hubschrauberpilot
Harry verfolgt seine Karriere beim Militär weiter und lässt sich als Hubschrauberpilot ausbilden. 2010 wird er zum Colonel-in-Chief bei den Heeresfliegern ernannt und ein Jahr später zum Captain befördert. Das Fliegen scheint Captain "Wales" zu liegen: Die 16-monatige Ausbildung mit dem Kampfhubschrauber Apache schließt er im Februar 2012 als Bester ab. Im September des gleichen Jahres folgt dann der zweite Afghanistan-Einsatz, von dem er nach fünf Monaten wohlbehalten zurückkehrt.
Im Juli 2013 erreicht Harry dann die Spitze seiner bisherigen beruflichen Laufbahn: Er wird zum Apache-Kommandanten ernannt und ist somit Kommandant, Co-Pilot und Schütze auf einem der stärksten Kampfhubschrauber der Welt. Doch dann tauscht er den Hubschrauber gegen den Bürostuhl. 2014 beendet er den Piloten-Dienst und fängt bei der Militärverwaltung in London an. Dort organisiert er als Stabsoffizier Projekte und Gedenkfeiern. Ein Jahr später gibt Harry bekannt, dass er sich im Juni 2015 komplett vom Militär-Dienst verabschieden will.
In seiner Autobiografie, die im Januar 2023 erschienen ist, sorgen in Großbritannien nicht nur die familiären und intimen Enthüllungen für Gesprächsstoff, sondern auch Harrys Aussage, als Soldat im Afghanistan-Einsatz 25 Taliban getötet zu haben. Oberst Richard Kemp, der einst britischer Kommandant in Afghanistan war, hält Harrys Einlassung für unklug: "Er ist ohnehin schon bedroht, und diesen Einsatz nun auf diese Weise wieder ins Bewusstsein zu bringen, untergräbt seine eigene Sicherheit."
Hochzeit mit Meghan Markle im Mai 2018
In Sachen Liebe ist Harry zunächst lange auf der Suche nach dem großen Glück. Von 2004 bis 2010 ist er mit einigen Unterbrechungen mit der Südafrikanerin Chelsy Davy zusammen. Als es mit ihr schließlich endgültig vorbei ist, lernt er Cressida Bonas kennen. Trotz Hochzeitsgerüchten erfolgt nach etwa zwei Jahren die Trennung, Harry ist wieder Single.
Nachdem dann aber 2016 wochenlang die Gerüchteküche brodelt, bestätigt im November 2016 der Kensington Palace die Vermutungen der Presse: Prinz Harry ist mit der US-Schauspielerin Meghan Markle liiert. Im November 2017 wird schließlich die Verlobung bekannt gegeben - Harry hat seine Frau fürs Leben gefunden. Das Paar heiratet am 19. Mai 2018. Nur wenige Monate später - im Oktober 2018 - verkünden Meghan und Harry eine freudige Nachricht: Das Paar erwartet Nachwuchs. Der kleine Sohn des Paares, Archie, kommt am 6. Mai 2019 zur Welt. Am 4. Juni 2021 wird Töchterchen Lilibet Diana geboren.
Unterwegs im Dienst von Queen Elizabeth
Jahrelang nimmt Harry immer mehr royale Termine wahr. 2012 geht er zum ersten Mal für die Queen auf offizielle Auslandsreise. Zum 60. Thronjubiläum seiner Großmutter fliegt er nach Belize, auf die Bahamas, nach Jamaika und Brasilien. Er kommt mit seiner herzlichen Art gut bei den Menschen an, aus dem unberechenbaren Party-Prinzen ist ein verantwortungsbewusster Mann geworden.
2020 der "Megxit": Umzug in die USA
Im Januar 2020 gibt Harry mit Meghan, Duchess of Sussex, per Instagram bekannt, dass er aus seinen royalen Positionen zurücktritt und zieht mit ihr und Sohn Archie zunächst nach Kanada, dann in die USA, wo 2021 Töchterchen Lilibet Diana zur Welt kommt. In einem viel gesehen Interview mit US-Talkmasterin Oprah Winfrey erhebt Meghan Rassismusvorwürfe gegen das britische Königshaus. Parallel tauchen Mobbing-Vorwürfe im Palast gegen Meghan auf, die ihre Anwälte in einem Schreiben an die "Times" als "kalkulierte Schmutzkampange" anprangern.
Fakt ist: Das Paar lebt seit 2021 in Kalifornien. Zu viert besucht die gesamte Familie erst wieder im Juni 2022 den englischen Königshof: Anlässlich des Platin-Thronjubiläums von Königin Elizabeth II., die erstmals ihre jüngste Urenkelin trifft. Statt jedoch viel mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, hält sich das Paar im Hintergrund und erscheint öffentlich nur zu einer Dankesmesse in der St. Paul's Kathedrale in London.
Eigene Doku-Serie bei Netflix, erste Autobiografie im Januar 2023
Auch zur Beerdigung von Königin Elizabeth im September reisen Harry und Meghan erneut nach London, halten sich aber zum größten Teil Abseits von Kameras und vom Trubel. Ende 2021 sorgt das Paar jedoch für Schlagzeilen, weil es eine mehrteilige Dokumentations-Serie mit Interviews beim Streaming-Sender Netflix veröffentlicht, in dem es Details aus dem Zusammenleben im britischen Königshaus verrät. Im Januar 2023 erscheint Prinz Harrys Autobiografie, die vorab für viel Kritik sorgt.
Nach eigener Aussage bei zwei Fernsehsendern in den USA und in Großbritannien sagt Harry, er habe keinen Kontakt zu seinem Vater Charles oder seinem Bruder William. Trotzdem hoffe er auf eine Versöhnung. "Meghan und ich haben immer wieder gesagt, dass wir uns offen für alles entschuldigen werden. Es muss ein konstruktives Gespräch geben, eines, das privat stattfinden kann."
Hoffnung auf Versöhnung?
Zur Krönung seines Vaters Charles III. im Mai 2023 reist Harry ohne seine Ehefrau an - und fliegt umgehend zurück, um in den USA den vierten Geburtstag seines Sohnes Archie zu feiern. Auch nach Bekanntwerden von Charles' Krebserkrankung Anfang 2024 besucht Harry seinen Vater. Gegenüber US-Medien erklärt er im Anschluss, die Krankheit könne die Familie wieder zusammenbringen. Derzeit sieht es nicht danach aus. Eine Klage vonseiten Harrys gegen die Herabstufung seines Sicherheitsstatus' ist abgewiesen worden. Seit der Niederlegung seiner royalen Pflichten stehen Harry nicht mehr die umfangreichen Vorkehrungen für seine Sicherheit vor, wenn er oder seine Familie nach Großbritannien reisen.