Han Kang © imago
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AUDIO: Hörspielregisseurin Irene Schuck über Han Kang (6 Min)

Literaturnobelpreis an Han Kang: "Ihre Sprache ist sehr besonders"

Stand: 10.10.2024 17:25 Uhr

Die Südkoreanerin Han Kang erhält den Literaturnobelpreis 2024. Irene Schuck hat 2017 Kangs bekanntesten Roman "Die Vegetarierin" als Hörspiel umgesetzt. Im Interview spricht sie über die Autorin.

"Die Vegetarierin" handelt vom Entschluss einer Frau, auf Fleisch zu verzichten, und den verheerenden Auswirkungen der Entscheidung. Inzwischen ist das Buch in 25 Sprachen erschienen und verfilmt worden.

Frau Schuck, was war Ihr erster Gedanke, als Sie gehört haben, dass Han Kang den Literaturnobelpreis bekommt?

Irene Schuck: Ich habe mich unheimlich gefreut und dann sofort gedacht: Das Hörspiel "Die Vegetarierin" muss gesendet werden. Es müssen noch mehr Leute von dieser wunderbaren Autorin erfahren und eines ihrer wichtigsten Werke kennenlernen.

Han Kang wird, wie es heißt, für ihre intensive poetische Prosa ausgezeichnet, die die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens aufzeigt. Würden Sie diese Jurybegründung so unterschreiben?

Schuck: Ja. An dem Buch hat mich fasziniert - und darum habe ich auch vorgeschlagen, daraus ein Hörspiel zu machen - das uns eine stille Hauptfigur begegnet, die aber in einer Art Passivität bis zum Schluss einen radikalen Weg geht. Sie hat ab einem gewissen Punkt entschieden: Ich mache mit den Normen, die diese Gesellschaft mir vorgibt nicht mehr mit. Ich steige aus. Sie formuliert das aber nie so explizit, sondern wir erleben sie primär im Schweigen und in ihren Träumen. Das hat mich fasziniert, diese Mischung aus einer ganz starken weiblichen Hauptfigur, die aber nicht aggressiv oder laut in Erscheinung tritt, sondern leise, im passiven Widerstand, um den eigenen Weg bis zum Ende zu gehen.

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Wie sind Sie an diesen Stoff herangegangen? Wie kann man diese Zerbrechlichkeit, über die Sie gesprochen haben, hörbar machen?

Schuck: Das Tolle ist, dass es multiperspektivisch erzählt ist. Der Ehemann erzählt, dann der Schwager und zuletzt die Schwester. Es beginnt mit einem ganz einfachen Verweigerungsakt: Sie will kein Fleisch mehr essen. Das ist eigentlich ein ganz realistisches Szenario, aber es wird dann immer absurder und immer schräger. Ihr Weg der Verweigerung geht bis zum eigenen Tod. Wir haben drei Stimmen, die sie beobachten und kommentieren, und wir haben sie selbst in ihren ganz starken Träumen. Da erfahren wir von ihrem Innenleben, das sie sonst nur indirekt preisgibt.

Würden Sie sagen, dass dieses Dabei-Sein in diesen Gedankenwelten auch die Sprache von Han Kang ausmacht?

Schuck: Ja. Sie hat eine ganz schlichte Sprache, die trotzdem poetisch verdichtet ist, ohne metaphernreich zu sein. "Die Vegetarierin" ist ja auch ein schmales Büchlein, und ihre Sprache ist sehr besonders. Han Kang verdichtet bis zu einem Grad, bei dem man eigentlich denkt, dass es gar nicht mehr geht. Sie bewegt sich immer sehr nah am Schweigen, und ihre Hauptfiguren haben sehr viel mit dem Bedürfnis nach Schweigen zu tun.

Und was fasziniert Sie ansonsten ganz persönlich an dieser Frau?

Schuck: Darüber kann ich wenig sagen, weil ich sie persönlich nicht kenne. Aber nach dem, was ich über sie gelesen habe, und auch, wenn man ihre Stimme hört, hat man den Eindruck, dass sie ähnlich tief und bewusst mit der Welt umgeht, in der Welt ist und ihren eigenen Weg geht.

Sie haben sich wahrscheinlich sehr intensiv mit ihren Werken auseinandergesetzt, als Sie dieses Hörspiel gemacht haben. Haben Sie manchmal Fantasien gehabt, wie es wäre, sie als Autorin zu treffen?

Schuck: Ja, ich hoffe auch, dass es noch dazu kommen wird. Sie ist sehr selten in Deutschland, aber das wird sich jetzt vielleicht ändern. Es gibt ein Buch von ihr, das heißt "Weiß", da sind sehr poetische Texte drin mit eigenen Fotografien von Han Kang. Es ist ein sehr persönliches Buch, und daraus möchte ich auch gern ein Hörspiel machen. Da würde ich sie bitten, dann auch selbst als Stimme, als Person anwesend zu sein.

Das Gespräch führte Charlotte Oelschlegel.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 10.10.2024 | 16:30 Uhr

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